Die Ruinen von Gorlan
beisammen und er musterte sie mit unzufrieden verzogenem Mund.
»Der Größe nach! Der Größte kommt nach vorne!« Er deutete auf die Stelle, wohin er den größten der fünf haben wollte. Und das war natürlich Horace. Allmählich ordnete sich die Gruppe selbst. Hinter Horace nahm Alyss ihren Platz ein. Dann kam George, der einen halben Kopf kleiner als sie war und unglaublich dünn. Er stand in seiner üblichen krummen Haltung da. Will und Jenny zögerten. Jenny lächelte Will an und bedeutete ihm, sich vor sie zu stellen, auch wenn sie wahrscheinlich ein paar Zentimeter größer war als er. Das war typisch für Jenny. Sie wusste, wie Will unter der Tatsache litt, dass er der Kleinste seines Jahrgangs war. Als Will sich aufstellte, hielt Martins Stimme ihn auf.
»Nicht du! Zuerst das Mädchen!«
Jenny zuckte entschuldigend mit den Schultern und trat an den Platz, auf den Martin gezeigt hatte. Verdrosen stellte Will sich hinter sie.
»Kommt schon! Fröhliche Gesichter! Uuund … stillgestanden …«, fuhr Martin fort, wurde jedoch von einer tiefen Stimme unterbrochen.
»Ich glaube nicht, dass das notwendig ist, Martin.«
Es war Baron Arald, der unbemerkt durch eine kleine Tür in der Wand eingetreten war. Jetzt war es Martin, der sich so präsentierte, wie er sich eine Hab-Acht-Stellung wohl vorstellte: die mageren Arme eng an den Körper gelegt, die Fersen zusammengedrückt, sodass seine krummen Säbelbeine deutlich sichtbar waren, und den Kopf weit in den Nacken gelegt.
Baron Arald verdrehte unmerklich die Augen. Manchmal fand er die Hingabe seines Sekretärs etwas übertrieben. Der Baron war ein großer, breitschultriger Mann, wie es sich für einen Ritter des Königreiches gehörte. Es war jedoch allgemein bekannt, dass Baron Arald auch Essen und Trinken sehr schätzte, also bestand seine eindrucksvolle Gestalt nicht nur aus Muskeln.
Er trug einen kurzen, ordentlich gestutzten Bart, der wie sein Haar erste graue Strähnen zeigte, die seinen zweiundvierzig Jahren angemessen waren. Er hatte ein ausgeprägtes Kinn, eine große Nase und dunkle, durchdringende Augen mit buschigen Brauen. Es war, wie Will fand, ein einschüchterndes, aber kein unfreundliches Gesicht. Vielmehr lag ein überraschender Funken von Humor in diesen dunklen Augen. Will hatte dies bereits bei den gelegentlichen Besuchen des Barons im Waisenhaus bemerkt, wenn er sich nach den Fortschritten seiner Mündel erkundigte.
»Mylord!«, verkündete Martin lautstark, sodass der Baron leicht zusammenzuckte. »Die Kandidaten sind versammelt!«
»Das sehe ich«, erwiderte Baron Arald geduldig. »Vielleicht bist du so gut und bittest die Zunftmeister ebenfalls herein?«
»Mylord!«, erwiderte Martin und machte den Versuch, die Hacken aneinander zu schlagen. Da er Schuhe aus weichem Leder trug, konnte dieser Versuch nur schief gehen. Er marschierte dennoch äußerst zackig zur Tür. Sein Gehabe erinnerte Will an einen Pfau. Als Martin die Hand auf den Türgriff legte, sprach der Baron ihn noch einmal an.
»Martin?«, sagte er leise. Als der Sekretär ihm einen fragenden Blick über die Schulter zuwarf, fuhr er im gleichen sanften Ton fort. »Bitte sie herein, aber schrei sie nicht an. Zunftmeister mögen das nicht.«
»Ja, Mylord«, antwortete Martin und sah aus, als hätte man ihm die Luft herausgelassen. Er öffnete die Tür und mit mühsam gesenkter Stimme, sagte er: »Werte Zunftmeister, Seine Lordschaft ist jetzt bereit.«
Die Meister der Zünfte betraten den Raum ohne festgelegte Reihenfolge. Sie respektierten einander und die Gelegenheiten für ein starres Zeremoniell waren selten. Sir Rodney, Leiter der Heeresschule, trat als Erster ein. Groß und breitschultrig wie der Baron, trug er das Gewand eines Ritters, nämlich ein Kettenhemd unter einem weißen Waffenrock, versehen mit seinem eigenen Wappen, einem purpurroten Wolfskopf. Dieses Wappen hatte er sich als junger Mann verdient, als er gegen die Nordländer gekämpft hatte, die ständig die Ostküste des Königreiches unsicher machten. Den Bug jener Seepiraten, gegen die Sir Rodney gekämpft hatte, hatte ein Wolfskopf geschmückt. Natürlich trug Sir Rodney jetzt auch einen Schwertgürtel mit Schwert. Kein Ritter ließe sich bei offiziellen Anlässen ohne sein Schwert sehen. Er hatte ungefähr das Alter des Barons, blaue Augen und ein Gesicht, das man ohne die gebrochene Nase als gut aussehend bezeichnet hätte. Er trug einen riesigen Schnurrbart, aber anders als der Baron keinen
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