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Die Ruinen von Gorlan

Die Ruinen von Gorlan

Titel: Die Ruinen von Gorlan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Flanagan
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einen Moment. Er hatte keine Lust, wieder hineinzugehen und sich Horaces Sticheleien anzuhören. Das würde nur wieder zu einer Rauferei zwischen ihnen führen, die Will, wie er wusste, so gut wie sicher verlöre. George würde dann die Situation wortreich beurteilen und dadurch für weitere Verwirrung sorgen. Alyss und Jenny würden ihn vielleicht trösten – besonders Alyss, da sie von Anfang an zusammen aufgewachsen waren. Aber im Augenblick wollte er ihr Mitleid nicht und ganz sicher nicht Horaces Hohn. Also ging er zu dem einzigen Ort, wo er Ruhe fand.
    Der riesige Feigenbaum, der in der Nähe des Mittelturms der Burganlage wuchs, hatte ihm schon oft Zuflucht geboten. Große Höhen machten Will keine Angst und er kletterte geschickt den Baum hinauf, immer weiter, wo ein anderer schon längst aufgehört hätte, bis er sich ganz oben in der Krone befand – auf schmalen Ästen, die unter seinem Gewicht schwankten. Schon früher war er oft hier herauf vor Horace geflohen. Der konnte nämlich bei Wills Kletterkünsten nicht mithalten. Er fand eine bequeme Astgabel und setzte sich darauf. Unter ihm drehten die Burgwachen ihre Runden.
    Er hörte, wie die Tür des Waisenhauses geöffnet wurde, und als er hinunterspähte, sah er Alyss herauskommen und sich vergeblich im Hof nach ihm umsehen. Sie zögerte einen Moment und kehrte dann wieder ins Haus zurück. Das Rechteck aus Licht, das durch die offene Tür in den Hof fiel, erlosch, sobald sie die Tür sanft hinter sich schloss. Eigenartig, dachte Will, wie selten die Leute nach oben schauen.
    Eine Schleiereule landete fast lautlos auf einem nahen Ast. Sie betrachtete Will ohne Besorgnis und schien zu wissen, dass sie nichts von ihm zu befürchten hatte. Sie war eine schweigsame Jägerin, eine Herrscherin der Nacht.
    »Du weißt wenigstens, wer du bist«, sagte er leise zu ihr. Die Eule drehte den Kopf, dann schwang sie sich fort in die Dunkelheit und ließ Will allein mit seinen Gedanken.
    Während er so dasaß, wurden in der Burg nach und nach die Lichter gelöscht. Die Fackeln brannten herunter und wurden um Mitternacht von der Wachablösung durch neue ersetzt. Schließlich brannte nur noch in einem Fenster Licht und das war das Studierzimmer des Barons, wo der Herrscher von Redmont noch über Berichten und Papieren brütete. Es befand sich fast auf gleicher Höhe mit Wills Platz im Baum und so konnte er die stämmige Gestalt des Barons an seinem Schreibtisch genau beobachten. Schließlich stand Baron Arald auf, streckte sich einmal und beugte sich dann vor, um die Lampe zu löschen, bevor er den Raum verließ und sich in sein Schlafgemach im Obergeschoss begab. Jetzt schlief die ganze Burg, bis auf die Soldaten auf der Mauer, die Wache hielten.
    In weniger als neun Stunden, fiel Will ein, musste er sich der Wahl stellen. Leise, aber schweren Herzens kletterte er den Baum hinab und ging zu seinem Bett im dunklen Jungenschlafraum des Waisenhauses.



A lso gut, Lehrlingsanwärter! Hier entlang! Und macht nicht so ein versteinertes Gesicht, wenn ich bitten darf!«
    Der Sprecher, oder eigentlich eher der Rufer, war Martin, Baron Aralds Sekretär. Als seine Stimme durch den Vorraum schallte, erhoben sich die fünf Mündel unsicher von der langen Holzbank, auf der sie gesessen hatten. Plötzlich waren doch alle nervös, jetzt, wo der große Augenblick gekommen war. Sie trotteten durch die hohe eisenbeschlagene Holztür, die Martin für sie aufhielt. Keiner wollte der Erste sein.
    »Kommt schon, kommt schon!«, bellte Martin ungeduldig. Alyss entschloss sich schließlich, die Führung zu übernehmen, wie Will es schon vorausgesehen hatte. Die anderen folgten dem schlanken blonden Mädchen.
    Will sah sich neugierig um, als er das Studierzimmer des Barons betrat. In diesem Teil der Burg war er noch nie zuvor gewesen. Der Turm, in dem sich die Verwaltung sowie die Privatgemächer des Barons befanden, wurde selten von jemandem niedrigen Rangs besucht. Der Raum war hoch und geräumig. An der östlichen Wand befand sich ein riesiges Fenster – offen, um frische Luft hereinzulassen, aber mit einem mächtigen Holzladen, der bei schlechtem Wetter geschlossen werden konnte. Es war das gleiche Fenster, durch das Will in der vergangenen Nacht geblickt hatte. Heute fiel Sonnenlicht auf den wuchtigen Eichenschreibtisch.
    »Kommt schon! Stellt euch in einer Reihe auf, in einer Reihe!« Martin schien diesen Moment der Autorität zu genießen. Die Gruppe stand immer noch ungeordnet

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