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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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draußen auf der Ebene vorbei. Andere verschwinden in den Bergen oder kommen daraus hervor. Es geschieht nicht oft, dass ein Sturz in unser Tal eindringt.«
    Während er sprach, fuhr Linden zusammen, weil sie plötzlich eine Intuition hatte. Zäsuren hatten vor rund neunzig Jahren begonnen, das Land heimzusuchen. Von Covenant wusste sie, dass jedem Tag in ihrer gewöhnlichen Welt hier im Land ungefähr ein Jahr entsprach. Und drei Monate waren vergangen, seit sie einen Weißgoldring seiner Eigentümerin zurückgegeben hatte ...
    War das möglich? Hinter Liands schemenhafter Gestalt und den kahlen Steinmauern und der Düsternis glaubte Linden, Rogers Mutter zu sehen, wie sie in ihrem Krankenbett die Faust gegen sich selbst erhob. Hatte Lord Foul sich Joans Verstand so Untertan gemacht, dass sie imstande gewesen war, die Barriere zwischen den Realitäten mit wilder Magie zu durchdringen? Hatte Joan die Stürze verursacht, als sie sich in ihrem Schmerz gegen die Schläfe gehämmert hatte?
    In diesem Fall würde die Gefahr erheblich zunehmen. Sie war jetzt hier, konnte das Land direkt angreifen. Und Linden war unabsichtlich schuld daran. Nichts in ihrer Erfahrung hatte sie auf die Möglichkeit vorbereitet, dass Joans Wahnsinn über solche Entfernungen hinweg wirksam sein könnte. Sogar der Stab des Gesetzes – falls Linden es irgendwie schaffte, ihn zu finden – konnte sich gegenüber solchem Übel als wirkungslos erweisen. Ihre Stimme bebte, als sie fragte: »Greifen die Kresch jemals an, während ein Sturz euch bedroht?«
    Wie weit reichten Joans Geistesgestörtheit und Lord Fouls Machenschaften? Kevins Schmutz tarnte die Zäsuren wirkungsvoll. Tarnten die Stürze ihrerseits die von den Wölfen ausgehende Gefahr?
    »Einen solchen Angriff habe ich erlebt«, gab Liand zu, »jedoch nur einen. Aber als der Sturz heranrückte, versuchten die Kresch zu fliehen. Die Wölfe, denen das nicht gelang, wurden verschluckt.«
    Seine Antwort erleichterte Linden etwas. Sie ließ vermuten, Joan – oder der Verächter – sei in gewisser Weise eingeengt; beschränkt. Oder hier waren verschiedene Absichten am Werk; Begierden, die aus unterschiedlichen Impulsen entstanden. Trotzdem verstand sie es nicht. Es sah Lord Foul einfach nicht ähnlich. Hätte nicht ein koordinierter Angriff seinen Vernichtungswillen besser befriedigt? Die Meister allein hätten keinem wiederholten Angriff dieser Art standhalten können. Über Jahrhunderte hinweg hatte Staves Volk dafür gesorgt, dass das Land keine weiteren Verteidiger hatte.
    Linden rieb sich die klammen Hände. Sie brauchte mehr Informationen. Ihr fehlte irgendeine entscheidend wichtige Tatsache oder Erkenntnis, die ihr gestatten würde, die Absichten des Verächters zu erfassen.
    »Die Kresch und die Stürze sind also neu«, sagte sie nachdenklich. »Verhältnismäßig. Hat es sonst noch irgendwelche Veränderungen gegeben? Vielleicht nicht zu deinen Lebzeiten, aber in den letzten Generationen? Sprecht ihr im Dorf über ungewöhnliche Dinge? Hat sich irgendwas Seltsames ereignet?«
    »Außer dem Einsturz des Felsturms und deiner eigenen Ankunft, meinst du?« In Liands Stimme schwang ein Grinsen mit, aber die zunehmende Düsternis verbarg sein Gesicht. »Fragst du nach Totgeburten oder Zwillingen oder ungewöhnlicher Getreidefäule?« Dann schüttelte er den umschatteten Kopf. »Das tust du sicher nicht. Allerdings«, fuhr er ernsthafter fort, »hat es ein Ereignis gegeben, das wir ohne Zweifel für ›seltsam‹ halten würden. Ich war sogar dabei, als es sich ereignet hat. Obwohl ich damals kaum mehr als ein Kind war, erinnere ich mich gut daran – wie wir es alle tun.«
    »Erzähle«, forderte Linden ihn auf.
    Er rieb sich einen Augenblick lang kräftig die Arme, als lasse der Gedanke daran, was er sagen würde, ihn die zunehmende Kälte spüren. Draußen war der Tag dämmerig und irgendwie bedrohlich geworden; Linden konnte kaum noch die Mauer des Nachbarhauses ihres Gefängnisses sehen. Ein unsteter Wind hatte begonnen, Staub von dem festgetrampelten Erdreich zwischen den Häusern aufzuwirbeln.
    »Der Anlass selbst«, sagte Liand bedrückt, als erinnere er sich an Unheil, »war durchaus nicht bemerkenswert. An jenem Abend war ganz Steinhausen auf dem Dorfplatz versammelt, um zu besprechen, was an diesem Tag geschafft worden war, und die Arbeit für den nächsten Tag zuzuteilen. Darüber hinaus tanzt man bei solchen Versammlungen auch, erzählt Geschichten und genießt den Feierabend.

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