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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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hatte sich in den Hintergrund, aus der Beherrschung des Alten zurückgezogen und ihn seinen Ängsten überlassen.
    Linden zögerte nicht. Ihr Sinn für das Gesunde schien sie befreit zu haben. Zwei rasche Schritte am Flussufer entlang brachten sie zu einem weiteren Flitterwirbel im Sand. Sie ging in die Hocke, um sich die verbrauchte Heilerde von den Fingern zu waschen und ihre Hand erneut zu füllen.
    Freudige Glut ließ ihre Finger prickeln, als sie zu dem Alten zurückkehrte, neben seinem Kopf niederkniete. »Anele«, wiederholte sie, »wenn du mich hören kannst ...« Wenn Lord Foul ihm zu hören gestattete. »... ich habe noch mehr Heilerde. Ich lege sie dir jetzt auf die Stirn. Sie müsste dich heilen.«
    Sie war sich nicht sicher, ob selbst diese Macht ausreichen würde, um seinen Verstand wieder zusammenzufügen, aber sie zweifelte nicht daran, dass die Heilerde ihm guttun würde. Zumindest würde sie die Schäden verringern, die jahrelange Flucht und Angst seinem Greisenkörper zugefügt hatten.
    Anele riss sofort die Hände herunter. In seinen blicklosen Augen stand blankes Entsetzen. Seine Lippen versuchten einen Schrei zu formen, der Nein! heißen konnte. Trotzdem zögerte Linden nicht. Sie rechnete damit, dass die Aussicht auf Heilung Anele erschrecken würde. Seinen Wahnsinn hatte er aus Gründen erschaffen, die ihm zwingend erschienen waren. Wie konnte er wissen, ob sein Wahnsinn vielleicht nicht mehr nötig war, bevor er wieder bei Verstand war? Sie ignorierte seine Verzweiflung, drehte die Hand um und verrieb die Heilerde auf seiner Stirn.
    Die Präsenz des Verächters flüchtete augenblicklich aus ihm, floh wie vor der Berührung mit einem Lösungsmittel – und Anele verfiel in Krämpfe. Bevor Linden reagieren konnte, wurde sein ganzer Körper schlagartig starr. Aus seinem Mund lief Blut, weil er sich auf die Zunge gebissen hatte; seine hervorquellenden Augen, die aus ihren Höhlen zu treten schienen, verdrehte er nach oben. Seine Haut sonderte bitteren Schweiß ab, der nach Galle roch.
    »Anele!« Zu spät erkannte sie, was sie getan hatte. Die Heilerde war zu stark für ihn. Er steckte bereits voller Erdkraft; sein Körper konnte nicht noch mehr aufnehmen. Sie würde das Mark seiner Knochen verbrennen.
    Ihre Hände klatschten verzweifelt auf seine Stirn, um zu versuchen, den Sand zu entfernen; aber seine neuerlichen Qualen bewirkten, dass er nun nicht mehr für sie erreichbar war. Ein gellender Schrei entrang sich seiner Kehle; dann sprang er geradezu explosionsartig auf. In einem Wirbel aus zappelnden Gliedmaßen stürzte er sich vom Ufer aus mit einem weiten Sprung in die Fluten des Mithil, und die Strömung trug ihn fort.
    Er versuchte nicht, zu schwimmen. Stattdessen klatschte er Wasser an seine Stirn, während er unterging.
    Jesus!
    Linden war mit einem Satz auf den Beinen; rannte ihm am Ufer entlang nach. Anele tauchte vor ihr aus dem Fluss auf; er strampelte noch, würde bestimmt gleich wieder untergehen. Drei weitere große Schritte, vier. Dann machte sie sich bereit, ihm nachzuspringen.
    Aber sie bekam keine Gelegenheit, ihn zu retten. Als sie sich zum Sprung bereitmachte, zischte ein langes Seil, das sich von irgendwoher auf dem Hang über ihr entrollte, durch die Luft. Es klatschte in Aneles Reichweite ins Wasser. Er warf instinktiv die Arme darüber; packte es mit den Händen; hielt es verzweifelt umklammert, als es ihn quer zur Strömung ans Ufer zog.
    Linden machte stolpernd halt.
    Jetzt sah sie Liand. Ihre Konzentration auf Anele hatte sie für seine Annäherung blind und taub gemacht. Er war unbemerkt auf einem stämmigen Mustang den Hügel herabgeritten gekommen und hatte auf Aneles Gefahr schneller reagiert, als sie es hatte tun können. Einen Augenblick lang sicherte er das Lasso noch vom Sattel aus, während Anele sich zum Flussufer vorarbeitete. Sowie der Alte dann Boden unter die Füße bekam, schwang Liand sich aus dem Sattel. Er hielt das Seil straff, während er den Hügel hinablief, um Anele zu helfen, aus dem Mithil zu krabbeln.
    Bald stand der Greis wieder im Gras: triefnass und ungeheilt. Blut lief ihm aus dem Mund; die Heilerde war von seiner Stirn abgewaschen. Während Linden ihn anstarrte, ließ Lord Foul ein bellendes Lachen hören. Dann brach der Alte zusammen und hustete krampfhaft, als drücke das Wasser alle Luft aus seinen Lungen.

7

Fluchtgefährten
     
     
    Starr vor Entsetzen stand Linden am Flussufer. Anele wand sich vor ihr im Gras. Sie sah ihn so

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