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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Tränen fielen auf sein altes Haupt, tropften unbeachtet von ihm herab.
    »Das ist das Unheil, vor dem ich fliehe, obwohl ich es ständig in mir trage. Ich habe den Stab des Gesetzes verloren. Er war mein Geburtsrecht, mir anvertraut, und ich habe als sein Hüter versagt. Ich war zu ängstlich für meine Aufgabe. Schuld an der Notlage des Landes bin allein ich. Ewige Verdammnis ist mir sicher, und trotzdem kann ich nicht einmal sterben. Hätte mein Vater Sunder gewusst, wozu seine Liebe führen würde, hätte er meine Mutter Hollian am Seelentrostfluss bestattet, und dem Land wäre das Böse erspart geblieben, das ich bewirkt habe.«
    Als der Alte ausgesprochen hatte, blieb Linden einfach stehen und hielt ihn lange in ihren Armen. Sie wusste nicht, wie sie ihn hätte trösten sollen, konnte nur eine stumme Zeugin seiner Trauer sein. Aber sie hatte aufmerksam zugehört; sie wusste, dass er mehr brauchte. Deshalb erklärte sie ihm leise: »Ja, ich verstehe. Ich glaube dir, Anele.« Der Stein, auf dem er stand, hätte keine Falschheit geduldet. »Jetzt weiß ich die Wahrheit. Du hast sie selbst ausgesprochen. Du bist die letzte Hoffnung des Landes.«
    Außer ihm gab es niemanden, der auch nur hätte versuchen können, den Stab des Gesetzes wiederzufinden.

10

Mit Hilfe der Urbösen
     
     
    Als Linden das sagte, wusste sie, dass es wahr war, obwohl sie nicht hätte erklären können, woher sie es wusste – oder wieso es wahr sein konnte. Sie war außerstande, die eigenen Folgerungen infrage zu stellen. Aneles Bedürfnis nach Vergebung hatte sie nahezu erschöpft.
    Er wusste, wo der Stab verloren gegangen war.
    Sie konnte ihn nicht länger aufrecht halten. Zum Glück schien etwas in ihrer Stimme ihn ein wenig zu beleben. Er hob den Kopf von ihrer Brust und bemühte sich, seine Knie durchzudrücken.
    »Habe ich das getan? Vielleicht ist es wahr. Weshalb sonst kann ich nicht sterben?«
    Er ist der Sohn Sunders und Hollians – und somit dreieinhalbtausend Jahre alt. Es sei denn ...
    In ihrem Inneren versuchten intuitive Erkenntnisse, zur Klärung zu gelangen, aber Linden war zu müde, um sich auf sie zu konzentrieren.
    »Alter Mann«, warf Stave ohne Vorwarnung ein, »hör mir zu. Linden Avery hat dir Glauben geschenkt. Die Haruchai tun es nicht.«
    Daraufhin fingen die Urbösen alle zugleich zu bellen an, als reagierten sie auf das, was sie gehört hatten. Linden bedeuteten ihre Stimmen jedoch nichts; ihre Laute hatten keine Ähnlichkeit mit irgendeiner Sprache, die sie kannte. Sie warf der Mähnenhüterin einen fragenden Blick zu, aber die Ramen schüttelte nur den Kopf.
    »Sie verstehen uns, können aber keine Wörter in unserer Sprache bilden, und wir verstehen die ihre nicht.«
    Stave ignorierte sie. »Hast du gesucht?«, fragte er Anele. »Warst du noch mal in deiner Höhle?«
    Linden hätte am liebsten geseufzt: Ach, lass ihn in Ruhe! Siehst du nicht, dass er schon genug durchgemacht hat? Aber der Alte raffte sich zu einer Erwiderung auf, ehe sie etwas sagen konnte.
    »Was habe ich seit dem verfluchten Tag meines Versagens anderes getan?«, knurrte er. Er war wieder vernünftig genug, um gekränkt zu sein. »Die Höhle ist noch da. Ich habe sie unzählige Male gründlich durchsucht. Ich gehe verzweifelt von ihr fort und kehre verzweifelt in sie zurück. Jeden Zoll ihrer Steinwände und ihres Lehmbodens habe ich mit den Augen abgesucht und mit den Händen betastet, sogar mit der Zunge geschmeckt. Der Stab ist nicht dort. Nicht einmal eine Erinnerung an ihn findet sich dort. Das Wissen um ihn ist verschwunden, als das Land, das ich kannte, von dem Bösen der Zäsur ausgelöscht wurde.« Dann wandte er sich ab, sah mit blicklosen Augen über das Geröllfeld hinauf. »Ihr werdet mich verraten«, murmelte er. »Ich darf nicht in eurer Gegenwart bleiben.« Im nächsten Augenblick durchlief ihn ein Schauder. »Und diese Kreaturen ...« Er zeigte auf die Urbösen. »... sind rücksichtslos gegen meine Verzweiflung.«
    In Steinhausen Mithil hatte der Alte von verlorenen Wesen, schon lange tot gesprochen, von Kreaturen, die ihn gezwungen hatten, sich zu erinnern ...
    Mit jedem Augenblick stärker werdend, als hätte er seine Gebrechlichkeit in Lindens Händen zurückgelassen und werde nicht länger von ihr behindert, wandte sich Anele ab, überquerte die Felsplatte und begann sofort, im Geröll aufzusteigen. Stave folgte ihm sogleich, als hätte er die Absicht, sich des Alten wieder zu bemächtigen, aber die Mähnenhüterin

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