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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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fürchtete sie, irgendeine böse Macht sammle ihre Kräfte, um die Ranyhyn an ihrem Vorhaben zu hindern. Dass Stave ihre Besorgnis nicht zu teilen schien, beruhigte Linden nicht.
    Durch Anele hatte Lord Foul ihr versichert, er habe dem Land keinen Schaden zugefügt. Ich habe nur hier und dort ein paar Ratschläge geflüstert und die weitere Entwicklung abgewartet. Sie vermutete, er achte sie zu gering, um sich die Mühe zu machen, sie anzulügen. Trotzdem schien ihm gewaltige Macht zu Gebote zu stehen. Und sie glaubte keinen Augenblick lang, Hyn habe sie außerhalb seiner Reichweite getragen.
    Fürchtest du, was getan worden ist, denke an die Elohim und verzweifle.
    Esmer hätte die Grausamkeit solcher Vermächtnisse bestätigen können.
    Lindens Unbehagen entwickelte sich langsam zu einem erbarmungslosen Schmerz, der ihr Bewusstsein gänzlich auszufüllen schien. Sie achtete nicht länger auf die sich ihr bietenden neuen Ausblicke oder verfolgte die Bahn der Sonne über den sichtbaren Himmelsausschnitt. Von Zeit zu Zeit ließ ein unerwartet kräftiger Stoß sie so weit aufschrecken, dass sie wahrnahm, dass ihre Umgebung jetzt aus nadelspitzen Felstürmen bestand. Scharfe Granitkanten, die nur durch Eis und Schnee gebrochen wurden, blockierten das Tageslicht in Streifen und bereiteten der herabsinkenden Abenddämmerung den Weg. Dann nahmen die Schmerzen in Beinen und Rücken wieder zu, und Lindens Fähigkeit, das Schrumpfen ihrer Welt wahrzunehmen, schwand dahin.
    Bald war diese Welt zu klein, um Jeremiah zu enthalten; oder Liand und Anele und die Ramen; oder ihre Erinnerungen an den Mann, den sie geliebt hatte.
    Weitere Zeit verstrich, und die Luft wurde merklich kälter, als die Ranyhyn jenseits eines unwirtlichen Sattels in einen dunklen Kessel hinuntertrabten, in dessen Enge sich der Winter noch gehalten hatte. Bei diesem Abstieg aus dem letzten Sonnenlicht schienen die Ranyhyn jeden Überrest von Frühling und Wärme und Vertrautheit hinter sich zu lassen. Der Boden unter ihren Hufen wurde rau und brüchig, bestand aus altem Gestein, das über Äonen hinweg durch Eis zu Schrunden aufgeworfen und bis zur Unkenntlichkeit entstellt worden war. Linden, deren einziger Schutz Hyns reichliche Körperwärme war, kehrte zitternd zu sich selbst zurück.
    Irgendwo über der alles einhüllenden Dämmerung standen die Gipfel noch im Tageslicht, dessen Widerschein jedoch nicht in die Schatten des vorzeitig hereinbrechenden Abends hinabreichte. Am Himmel glitzerten die ersten Sterne kalt auf samtigem Untergrund, während vor den Ranyhyn die Mitternacht wie ein auf Beute lauerndes Raubtier kauerte. Bisher hatten Hyn und Hynyn gezeigt, dass sie bereit und willens waren, für die Grundbedürfnisse ihrer Reiter zu sorgen; aber Linden konnte sich nicht vorstellen, wie es ihnen gelingen sollte, sie vor solcher Kälte zu schützen. Durch Covenants Misstrauen gegenüber seiner Fähigkeit, wilde Magie zu beherrschen, konditioniert, hatte sie bisher keinen Augenblick daran gedacht, seinen Ring zu gebrauchen, um sich etwas so Einfaches und Notwendiges wie Wärme zu verschaffen. Überraschten die Ranyhyn sie nicht mit neuer Fürsorglichkeit, würde ihr nichts anderes übrig bleiben, als Gefahren zu riskieren, die ihn geängstigt hatten.
    Aber dann durchschritten die Pferde im Abstieg irgendeine unsichtbare Grenze, und die Kälte begann zu verschwinden. Auch nach diesem ersten Wechsel blieb die Luft unangenehm frisch, erinnerte weiter an Winter und Einsamkeit; aber sie hatte zumindest vorläufig ihren grausamen Biss verloren. Wenig später zeigte sich das erste harte Gras zwischen den Steinen. In den tiefer werdenden Schatten wurde das Gelände allmählich flacher, während es sich mehr und mehr mit Gras bedeckte.
    Wenig später fand Linden sich in einem grünen Hochtal zwischen steilen Felswänden wieder. Weil das ferne Desinteresse der Sterne die einzige Lichtquelle darstellte, nahm sie die andere Talseite nur als dunklere Schwärze in der Dämmerung wahr; aber das Hochtal schien breit genug zu sein, um Schauplatz des Rösserrituals zu sein, das Stave geschildert hatte. Und sein mit Gras bewachsener Boden war verhältnismäßig flach und eben, vielleicht von unzähligen Generationen von Pferdehufen geglättet.
    Vor ihr in der Talmitte lag eine völlig schwarze Fläche, die einer Obsidianscheibe glich: ein ungefährer Kreis, der für alles Licht undurchdringlich war. Er glänzte nicht im Sternenlicht, reflektierte nicht den geringsten

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