Die Runen der Erde - Covenant 07
bildeten einen Keil, um ihre Kräfte zu konzentrieren; aber die Keilspitze zielte nicht auf Cails Sohn, sondern auf Linden. Die vorderen Ramen beschleunigten ihren Schritt.
Wenig später standen Hami und Mahrtiir mit Bhapa und Pahni neben sich vor Linden, schoben sich absichtlich zwischen sie und die Dämondim-Brut. Hinter ihnen wurde Anele von Char nach vorn geleitet. Der junge Seilträger wirkte niedergeschlagen, als sei er in seinem Stolz gekränkt worden. Vielleicht hatte er sich für alt und erfahren genug gehalten, um Linden und Mahrtiir im Auftrag Sahahs begleiten zu dürfen, aber er war offenbar zurückgewiesen worden.
Anele schlurfte auf Linden zu, als hätte er keinen Einfluss auf seine Bewegungen. Er wirkte zerzaust und verwirrt; sein zerfetztes Gewand war durchnässt, als sei er tagelang ziellos durchs Tal geirrt. Trotz seiner Blindheit machte er jedoch den Eindruck, als sei er sich Lindens Gegenwart bewusst. Die Vorstellung, er könnte während ihrer Abwesenheit besessen gewesen sein, beunruhigte sie. Mit dem letzten Rest geistiger Klarheit wandte sie sich an Char. »Alles in Ordnung mit ihm?«, fragte sie. »Oder ist ihm während meiner Abwesenheit irgendwas zugestoßen?«
Der Seilträger verbeugte sich unbehaglich, als fürchte er, Anlass zu Kritik gegeben zu haben. »Er hat sich benommen wie immer, Ring-Than. Während deiner Abwesenheit hat er kaum auf uns geachtet, sich aber von uns Essen bringen lassen. Er scheint auf deine Rückkehr gewartet zu haben.«
Als Linden nichts antwortete, entfernte Char sich rückwärtsgehend, bis sie ihn zwischen den versammelten Ramen aus den Augen verlor.
An der Spitze des Keils begann der größte Urböse, der Lehrenkundige, plötzlich zu bellen: drängende gutturale Laute, die von drohender Gefahr zu künden schienen. Anele legte den Kopf wie horchend schief, aber das blieb seine einzige Reaktion. Esmer starrte weiter in den Regen hinauf, als geruhe er nicht einmal, den Lehrenkundigen zur Kenntnis zu nehmen; aber als das Bellen verstummte, antwortete er mit ähnlichen Lauten, das Gesicht noch immer dem Himmel zugewandt.
Der Lehrenkundige antwortete seinerseits, danach blaffte Esmer wieder etwas; sie schienen sich zu streiten. Dieses Bellen kratzte an Lindens Nerven und verstärkte ihr Zittern, bis ihre Haut juckte und ihre Ohren schmerzten.
Mahrtiir hielt seine Garrotte einsatzbereit in beiden Händen. Seine Augen blitzten erwartungsvoll, aber er sagte kein Wort. Wie die anderen Ramen trat er in Bezug auf Linden hinter Hami zurück.
Hami hingegen ignorierte Esmer und die Urbösen. »Ring-Than«, sagte sie, »wir sind gekommen, um dir Lebewohl zu sagen. Genau wie wir musst du bald fortgehen. Aber zuvor ...« Sie zögerte, dann fuhr sie eindringlich fort: »Linden Avery, ich will deine Entscheidung nicht bewerten. Die Bedürfnisse des Landes lasten schwer auf dir – mehr auf dir als auf sonst jemandem, obwohl alle betroffen sind. Deine Fähigkeiten und die Risiken, die du eingehst, kann ich nicht abschätzen. Trotzdem muss gesagt werden – wenn du diese Anmerkung gestattest –, dass dein Vorhaben unklug erscheint. Du bist krank, und dein Zustand hat sich noch verschlechtert. Wirst du nicht Gesundheit und Kraft brauchen, um eine Zäsur, wie du sie nennst, zu meistern? Du hast gesagt, dass die Ranyhyn dich fürchten. Ist dies nicht der Grund dafür? Dass dein Entschluss das Land gefährdet?«
Linden hörte Hamis Worte, ohne sich darauf konzentrieren zu können. Das barsche Kläffen der Urbösen verwirrte sie. Musste sie ihren rauen Kehllauten noch lange zuhören, würde sie selbst zu jaulen beginnen.
Ohne zu merken, was sie tat, hob sie beide Hände, um sich die Ohren zuzuhalten. »Sag ihnen, sie sollen aufhören«, forderte sie die Mähnenhüterin auf. »Ich halte es nicht aus!«
»Du tätest gut daran, es zu ertragen«, antwortete Esmer sofort. »Ich diene dir weiterhin, auch wenn du meine Bemühungen nicht anerkennen willst.«
Der Lehrenkundige verstummte; er presste den schmalen Schlitz seines Mundes so fest zusammen, dass seine Kaumuskeln deutlich hervortraten, und Linden sackte gegen Liand, als sei eine mit Verzweiflung angefüllte Blase geplatzt und habe sie dem Fieber überlassen.
»Erkläre dich!«, verlangte Stave an ihrer Stelle von Esmer.
In den grünen Augen von Cails Sohn wogten Drohungen, als er sich dem Haruchai zuwandte. »Die Urbösen misstrauen Linden Averys Vorhaben, wie es sich ihnen darstellt. Sie haben eine Erklärung verlangt.
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