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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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sich, ebenfalls aus der Schale zu trinken.
    Wie zuvor schmeckte die ölige Flüssigkeit leicht moderig, als hätte sie zu lange Staub und Stagnation ausgesetzt in einem lichtlosen Raum gestanden. Trotzdem trank Linden freudig davon, und nur Augenblicke später verlor die Brutalität der Zäsur die Gewalt über sie, glitt wie ein abgeworfenes Kleidungsstück von ihren Schultern. Das Vitrim schien die Grenzen ihrer Sterblichkeit zu erweitern. Als sie dem Lehrenkundigen die Eisenschale zurückbrachte, war ihr Schritt nicht mehr unsicher, und ihre dankende Verbeugung glich einer tiefen Huldigung.
    Dann kehrte Linden zu Stave zurück – dem Einzigen in ihrer Gruppe, der ihr vielleicht einen Misserfolg gewünscht hatte. Sie durfte die Behandlung der größeren Probleme ihrer Situation nicht länger hinausschieben. Unter Umständen war sie noch einige Tagesritte von Aneles verschollener Höhle entfernt. Der Stab des Gesetzes konnte seit Aneles Verschwinden gefunden und fortgeschafft – und benutzt – worden sein. Dies konnte nicht der richtige Zeitpunkt für eine Wiedererlangung sein. Und jede bedeutsame Änderung der Vergangenheit konnte die Integrität der Zeit gefährden.
    Ihrer Überzeugung nach war das Gesetz der Zeit robust genug, um einen gelegentlichen Stoß zu vertragen. Wie sonst hätte es den Schock von Joans Angriffen ertragen können? Und sie glaubte auch, die bloße Existenz des Stabes müsse sich stärkend auf das gesamte Gesetz auswirken. Warum also sollte sie ihn nicht suchen können, ohne irgendwelche irreparablen Schäden anzurichten? Trotzdem wollte sie sich in irgendeiner Form rückversichern.
    Covenant hatte ihr erklärt: Du brauchst den Stab des Gesetzes. Aber er hatte auch gesagt: Nimm dich nur vor mir in Acht. Denk daran, dass ich tot bin.
    Und irgendwann in späteren Jahrtausenden würde ein Elohim durchs Land ziehen und die Menschen warnen: Hütet euch vor Halbhand!
    »Also gut«, sagte sie zu dem Meister. »Jetzt bin ich bereit. Du hast gesagt, dass du weißt, wo wir sind?«
    Er nickte. »Gewiss. Wir stehen auf den Südlandebenen. Vor uns erhebt sich der Südlandrücken. Die Berge im Osten bilden den Westrand des Mithil-Tals. Viele Meilen westlich von hier liegt Fouls Hort. Und dort ...« Er deutete über die Vorberge hinweg auf die Stelle, wo die vorspringende Bergkette sich mit dem südwestlich verlaufenden Südlandrücken vereinigte. »... können wir in das Gebiet absteigen, in dem der Alte früher einmal gelebt haben dürfte.«
    Zäsuren überwanden offenbar nicht nur die Zeit, sondern auch den Raum: Linden hatte selbst gesehen, wie sie sich bewegten. Sie konnte von Glück sagen, dass der Sturz sie in den seither vergangenen Jahrhunderten nicht viel weiter von ihrem Ziel fortgetragen hatte. Während sie die Berge studierte, fragte sie: »Wie weit haben wir es deiner Meinung nach?«
    Stave begutachtete den Sonnenstand. »Bis Mittag können wir zwischen den Gipfeln sein. Dort werden wir vermutlich nicht mehr reiten können. Darüber hinaus ...« Er zuckte mit den Schultern.
    Linden nickte. Stave wusste nicht, wo Aneles Höhle lag, und Linden hoffte, dass sie überhaupt in einem halbwegs gut zugänglichen Gebiet zu finden war. Sie rief sich Aneles Worte ins Gedächtnis: nicht so weit von Steinhausen Mithil entfernt, dass ich dem Land nicht notfalls zu Hilfe hätte eilen können, aber doch weit genug, um mir Stille und Einsamkeit, die Freiheit vor Staunen zu gewähren, nach der mein Geist sich sehnte.
    »Das genügt«, murmelte sie halblaut zu sich selbst. »Wir reiten, so weit wir können. Dann überlegen wir, wie es weitergehen soll.«
    Während sie sich Hyn zuwandte, ließ sie ihren Umhang von den Schultern gleiten; da Sommersonne und Vitrim sie wärmten, brauchte sie keine schwere Wolle mehr. Liand nahm ihr den Umhang sofort ab. Nachdem er auch seinen Umhang abgelegt hatte, ging er zu Hrama und zog Anele den Umhang von den Schultern. Dann verpackte er die drei Kleidungsstücke mit den mitgenommenen Vorräten.
    Gleichzeitig trat Mahrtiir von Bhapa und Pahni begleitet auf Linden zu. Betrübnis machte seine meist grimmige Miene schwierig zu deuten, und als er sprach, klang seine Stimme defensiv streitlustig. »Ring-Than«, knurrte er, »wir schämen uns unserer Schwäche. Sie steht uns schlecht.« Mit Nachdruck fügte er hinzu: »Sie soll uns nicht nochmals übermannen.«
    Bhapa und Pahni nickten, aber ihnen fehlte Mahrtiirs aggressives Selbstbewusstsein; beim Gedanken an einen weiteren

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