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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Bachbett folgten, sahen sie in einiger Entfernung Bhapa vor einem Riss in der Ostwand der Schlucht auf sie warten. Als sie ihn erreichten, führte der Seilträger sie in den Einschnitt hinauf, in dem ungewisses Halbdunkel herrschte. Senkrechte Felswände, schroff und kompromisslos, erhoben sich über ihnen. Selbst mittags erreichte kein Sonnenstrahl den Boden des Einschnitts. Im Lauf der Jahrtausende hatte Verwitterung den Fels jedoch mit einer dünnen Grusschicht bedeckt, die keine Gefahr für die Trittsicherheit der Ranyhyn darstellte. Die großen Pferde schafften es sogar, die leichte Steigung im Trab zu nehmen. Moos und weicher Boden verschluckten die Hufschläge. Die Reiter folgten dem gewundenen Pfad unangekündigt und ohne Vorwarnung.
    Über ihnen verband ein Joch aus Granit die Wände wie ein Gewölbebogen. Dahinter fiel nach der letzten Biegung Sonnenschein auf einen sanft ansteigenden Gegenhang mit Berggras und Wildblumen. Als Linden und ihre Gefährten den Einschnitt verließen, stapften ihre Reittiere durch Zaunrosen, Kornblumen, blaue Akeleien und blutrote Wucherblumen.
    Dort stießen sie auf Pahni. Die Seilträgerin empfing sie mit einer stummen Verbeugung und deutete hinter sich auf eine weite, flache Senke, die im Osten, Süden und Westen von grauen Felswänden und mit Gras bewachsenen Hängen umgeben war. Als Lindens Blick ihrem Zeigefinger folgte, entdeckte sie Anele, der den Talkessel schon halb durchquert hatte. Mahrtiir begleitete ihn auf seinem Ranyhyn, und Hrama folgte ihnen mit geringem Abstand.
    Der Alte bewegte sich nicht mehr so flink wie zuvor. Sogar aus dieser Entfernung war seine Müdigkeit offenkundig. Trotzdem stolperte er weiter, fiel beinahe von einem Schritt in den anderen, hatte es unvermindert eilig. Vielleicht nahm er Mahrtiirs, aber auch Hramas Gegenwart gar nicht mehr wahr.
    Der Mähnenhüter hätte ihn aufhalten, vielleicht sogar auf Hramas Rücken setzen können. Aber Mahrtiir gab sich damit zufrieden, den Alten zu Fuß weiterstolpern zu lassen – vermutlich auch, damit sein Vorsprung vor Linden und ihren Gefährten nicht allzu groß wurde.
    Der Alte strebte zum Südostrand der Senke, wo sich am Fuß der Steilwand ein Gewirr aus Felsblöcken auftürmte. Dort mussten vor langer Zeit Monolithen und Menhire von der Felswand herabgestürzt und zertrümmert liegen geblieben sein. Während sie Anele beobachtete, vermutete Linden, dass seine frühere Behausung irgendwo unter dem hoch aufgetürmten Gestein liegen musste.
    Sein einziger Freund ist der Stein ...
    Falls das stimmte, hatte er sich für seine Flucht vor dem Staunen ein wundervolles Refugium ausgesucht. Die schroffe Großartigkeit der umliegenden Gipfel stand in dramatischem Gegensatz zu der üppigen Fruchtbarkeit des Talkessels. Und hier gab es reichlich Wasser. Von den Höhen flossen mehrere Wasserläufe, die im Sonnenschein silbern glitzerten, zu Tal und vereinigten sich zu einem schäumenden Bach, der lebhaft murmelnd nach Südosten lief. Hier konnte Anele leicht alles angebaut haben, was er zum Leben brauchte, und in den strengen Wintern konnte er sich mit Holzfeuern und Erdkraft gewärmt haben.
    In Lindens Augen schien der gesamte Talkessel den segensreichen Einfluss des Stabes des Gesetzes widerzuspiegeln. Sogar wenn der Stab nicht benutzt wurde, förderte und stärkte allein seine Existenz das Naturgesetz, die wesentlichen Strukturen und die Vitalität des Landes. Sie selbst hatte ihn eigens dafür geschaffen. In Andelain hatte sie endlich gelernt, das Land zu lieben, und sich mit ganzem Herzen danach gesehnt, seine Schönheit zu beschützen und zu verteidigen. Linden hatte den Eindruck, vor ihr liege ein Ort, der einst bewundert worden war.
    Trotzdem machte eine unbestimmbare Vorahnung sie beklommen. Die hohen Wolken warfen vage Schatten auf die Wildblumen, und in der Ferne schien Anele wie in Erinnerungen an Versagen und Verlust zu stolpern. Statt Hyn in die Senke hinunterreiten zu lassen, blieb Linden vorerst, wo sie war.
    Neben ihr beugte Liand sich nach vorn, als sei er begierig, die Zukunft zu entdecken, und Bhapa und Pahni schien ihr Zögern zu irritieren. Aber Linden wandte sich von ihnen ab und Stave zu, um halb unbewusst den Augenblick hinauszuschieben, in dem sie erfahren würde, ob sie selbst Erfolg oder Misserfolg haben würde – und ob sie den Bogen der Zeit vergeblich gefährdet hatte.
    »Eines würde mich noch interessieren«, begann sie unbeholfen. »Wieso hast du deine Meinung

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