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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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zu seinem Gefängnis erschaffen, durch sie heraustreten und Linden um den Hals fallen.
    Sie würde, das schwor sie sich jetzt, diese Hoffnung oder ihn nicht aus irgendwelchen Gründen aufgeben. Roger Covenant musste gestoppt werden. Und falls sie zwischen Jeremiah und Lord Fouls anderen Opfern zu wählen hatte, würde sie zu ihrem Sohn halten. Einmal mehr rief sie sich ins Gedächtnis, dass Thomas Covenant der Überzeugung gewesen war, solche Entscheidungen könnten das Land nicht ruinieren. Linden straffte ihre Schultern. Sie hatte noch immer Angst, aber ihre Unentschlossenheit war verschwunden. Sie machte sich in aller Ruhe bereit, wieder nach unten zu gehen.
    Auf der Treppe hörte sie Sandy rufen: »Linden? Wir sind mit dem Aufräumen fertig. Soll ich sonst noch was tun, bevor ich gehe?«
    Im Wohnzimmer bedachte Linden sie mit einem Lächeln und zerzauste Jeremiah, der sanft vor und zurück schaukelnd neben einem hohen Stapel Legoschachteln kniete, liebevoll das Haar. »Nein, danke. Du hast schon mehr als genug getan.« An Jeremiah gewandt fügte sie hinzu: »Danke fürs Aufräumen. Das hast du gut gemacht. Ich bin stolz auf dich.«
    Falls ihre Reaktion ihn freute, ließ er sich nichts davon anmerken.
    Als Sandy ihr Strickzeug zusammengesucht hatte, begleitete Linden sie zur Haustür. »Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll«, versicherte sie der jungen Frau aufrichtig. »Ich kann mir nicht erklären, was mich überkommen hat, aber es hat mir einen Schrecken eingejagt. Ich bin dir wirklich für alles dankbar, was du getan hast.«
    Sandy tat das Thema mit lässigem Schulterzucken ab. »Er ist mein Schatz.« Über eine Schulter hinweg fragte sie: »Stimmt's, Jeremiah?« Sie wandte sich wieder Linden zu. »Gut, dann sehen wir uns morgen früh wieder, wenn du mich heute Nacht nicht brauchst.«
    Linden verzichtete darauf, sich unnötigerweise nochmals zu bedanken, begleitete Sandy hinaus und wünschte ihr eine gute Nacht.
    Als Sandy weggefahren war, kehrte sie nicht sofort zu Jeremiah zurück. Stattdessen blieb sie an die Haustür gelehnt stehen und betrachtete das Gebilde, das ihre Diele in ein Schloss verwandelt hatte. Es schien ihre Ängste zu widerlegen, als besitze es die Macht, den Zufluchtsort zu schützen, den sie für ihren Sohn geschaffen hatte.
     
    *
     
    Erstmals seit der Begegnung mit Roger Covenant erleichtert, bereitete sie einen Schmortopf zu, fütterte Jeremiah und aß selbst mit. Sie machte öfter Pausen, um über alles zu reden, was ihr gerade einfiel – Pferde, Sam Diadems Spielwaren, Sehenswürdigkeiten im Land –, weil sie hoffte, auch ihre Stimme nähre ihn irgendwie. Als er den Mund nicht mehr aufmachte, damit sie ihn füttern konnte, ging sie mit ihm nach oben, um ihn zu baden. Danach zog sie ihm seinen – eigentlich ihren – liebsten Schlafanzug an: himmelblauer Flanell mit über die Brust galoppierenden Mustangs.
    In seinem Zimmer blieb sie einen Augenblick stehen, was sie oft tat, um zu bewundern, wie Jeremiah es ausgeschmückt hatte. Vor zwei oder drei Jahren hatte sie ihm einen Baukasten mit Rennwagen mit Schwungradantrieb gekauft, die auf Kunststoffschienen liefen, sich zu komplizierten Gebilden wie Achterbahnen mit Loopings und Fassrollen zusammenstecken ließen. Der Baukasten war ihr aufgefallen, weil er Teile enthielt, mit denen man Türme und Stützen für die Schienen bauen konnte. Und weil Jeremiah eine Vorliebe für größere Projekte zu haben schien, hatte sie alle fünf Baukästen gekauft, die in dem Geschäft vorrätig waren.
    Die Rennwagen hatte er keines Blickes gewürdigt. Tatsächlich war sie enttäuscht gewesen, weil er zunächst auch die Schienen ignoriert hatte. Er hatte die Schachteln nicht angefasst, sie nicht einmal eines Blickes gewürdigt.
    Vielleicht braucht er Zeit, hatte sie sich gesagt. Vielleicht erforderten seine geheimen, verborgenen Entscheidungen längeres Nachdenken. Aber weil sie ihre Hoffnungen nicht so leicht hatte aufgeben wollen, hatte sie eine der Schachteln in sein Zimmer hinaufgetragen und so hingestellt, dass er sie vor Augen hatte. An jenem Abend war er zu Bett gegangen, ohne die Schachtel beachtet zu haben. Aber am nächsten Morgen hatte Linden entdeckt, dass er sie nachts geöffnet und alle vorhandenen Teile dafür verwendet hatte, am Kopfende seines Betts zwei Türme zu bauen. Durch die Türme hindurch hatte er Schienen zu unwahrscheinlichen Gebilden verflochten. Und diese Konstruktion war – ganz untypisch für ihn –

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