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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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zehn Jahren gesehen. Im Land waren seither zweifellos Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende verstrichen. Trotzdem ging für Linden von den Riesen noch immer eine gewisse Heilwirkung aus. Wie Jeremiahs Märchenschloss schienen sie Linden vor ihren eigenen Ängsten zu beschützen.
    Einzig die Riesen hatten Covenant und Linden bereitwillig zu ihrer Konfrontation mit dem Verächter begleitet. Nur sie hatten Linden nach Covenants Tod beigestanden, während sie ihren neuen Stab des Gesetzes geformt, das Sonnenübel ausgemerzt und dem Land einen Weg geebnet hatte, sich selbst zu heilen. Und als sie dann entschwunden, in ihr altes Leben zurückgekehrt war, hatten die Riesen die Hoffnung, die Covenant und sie für die ganze Erde erschaffen hatten, in sich getragen.
    Der Gedanke an Pechnase und die Erste machte Linden bewusst, dass ihre Sorgen den Schwierigkeiten glichen, die Jeremiahs Pflege oder ihre Arbeit im Berenford Memorial manchmal aufwarfen: vorübergehende Dinge, die ihre grundsätzlichen Entscheidungen nicht beeinflussen konnten.
    Linden hätte wohl weiter Trost bei ihren Erinnerungen gesucht, wenn ihr nicht unverhofft eine Idee gekommen wäre. War es vielleicht möglich, Joan vor Roger zu verstecken? Wenn die Nachtschwester, Amy Clints Schwägerin Sara, Joan in ein anderes Zimmer oder ein freies Bett im County Hospital verlegte, würde Roger sie vielleicht nicht finden können. Und er würde nicht nach ihr suchen können, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Bill Coty oder einer seiner Männer – vielleicht sogar Sheriff Lytton – würden rechtzeitig eingreifen können.
    Was würde Roger dann tun? Was konnte er tun?
    Ihre Adresse würde er mühelos herausbekommen können.
    Das schrille Klingeln des Telefons erschreckte Linden so sehr, dass sie ihre Tasse fallen ließ. Sie schlug wie in Zeitlupe auf dem Fußboden auf und sprang dann noch einmal hoch, als halte der heiße Pfefferminztee, der über ihren Rand platschte, sie noch zusammen; dann schien sie mitten in der Luft zu zerplatzen. Splitter und dampfend heißer Tee prasselten um Lindens Füße.
    Keiner ihrer Freunde rief sie zu Hause an. Auch ihre Kollegen und das Krankenhauspersonal nicht. Alle wussten, dass das nicht erwünscht war. Wollten sie Linden erreichen, wählten sie die Nummer ihres Piepsers ...
    Das Telefon klingelte nochmals wie ein Echo der zersplitterten Tasse.
    Roger, dachte sie benommen, das ist Roger, irgendjemand muss ihm meine Nummer gegeben haben, die nicht im Telefonbuch steht, die er niemals allein hätte herausbekommen können: Jetzt wollte er mit seiner Hartnäckigkeit selbst in ihr Privatleben eindringen.
    Und dann dachte sie: Nein, das ist nicht Roger. Aber jemand ruft seinetwegen an. Er hat irgendwas getan.
    Etwas Schlimmes ...
    Das Telefon stand auf einem Beistelltisch im Wohnzimmer. Sie stürzte sich darauf, als es zum dritten Mal klingelte. Riss den Hörer hoch; drückte ihn an ihr Ohr. Sie brachte keinen Ton heraus. Angst schnürte ihr die Kehle zu.
    »Doktor Avery?«, keuchte eine Stimme in ihrem Ohr. »Linden? Doktor Avery?«
    Maxine Dubroff, die als Freiwillige in der Klinik arbeitete.
    »Ja?« Dieses eine Wort strengte Linden so an, dass sie einen Hustenanfall bekam. »Was ist passiert?«
    »Doktor Avery, Bill ...« Maxines Entsetzen schien die Telefonleitung zu blockieren. Was sie zu berichten hatte, kam nicht durch. »Er ist ... O Gott!«
    Lindens Gehirn weigerte sich zu funktionieren. Stattdessen klammerte es sich an den Klang von Maxines Stimme, als brauche es Wörter, um arbeiten zu können. Sie hustete weiter, während sie hervorstieß: »Langsam, ganz langsam, Maxine. Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
    Maxine holte mühsam tief Luft. »Bill ... Coty ...«, sagte sie abgehackt. »Er ... ist ... tot ...«
    Der Raum schien sich vor Lindens Augen zu drehen. Natürlich kannte Maxine Bill; sie kannte jeden. Aber wenn der Alte zu Hause zusammengebrochen war ...
    Linden hatte ihn gebeten, auf Joan aufzupassen.
    »Erschossen.« Maxines Stimme aus dem Telefonhörer klang schrill wie zersplitterndes Glas. »In den Kopf geschossen. Von diesem ... diesem ...« Sie machte eine Pause, um zwanghaft zu schlucken, als hätte sie Blut in der Kehle.
    »Maxine.« Linden unterdrückte einen weiteren Hustenanfall. »Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
    »Entschuldigen Sie, Doktor.« Jetzt waren in Maxines Stimme Tränen zu hören. »Ich bin so durcheinander ... ich hätte Sie früher anrufen sollen. Als ich die Sirenen gehört habe, bin

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