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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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an, während Liand Brot und Käse in handliche Stücke aufschnitt. Dann ging sie – weiterhin ruhig – ins Schlafzimmer zurück, um den Stab des Gesetzes zu holen. Sie hatte dem Steinhausener versprochen, zu versuchen, seine und ihre Wahrnehmungsgabe wiederherzustellen. Ohne sie würden sie vermutlich nicht imstande sein, die Meister umzustimmen. Aber als sie den warmen Holzstab in die Hände nahm, merkte sie, dass sie nicht wusste, wie man seine Kraft heraufbeschwor, und Panik kroch in ihr empor. Sie brauchte den Stab; vielleicht dringender, als sie wilder Magie bedurfte. Sie hatte alle ihre Hoffnungen auf Gesetz und Erdkraft gesetzt. Sie waren die organischen Antithesen zu Zäsuren und Kevins Schmutz und dem Verächter. Und sie hatte den Stab des Gesetzes mit eigenen Händen, mit eigenem Herzen geschaffen. Trotzdem konnte sie jetzt keine Kraft in ihm entdecken. Er war nur ein Holzstab: angenehm anzufassen und makellos glatt, weiter nichts.
    Linden wusste, dass sie ihrer Panik nicht nachgeben durfte. Statt zu versuchen, den Stab zu einer Reaktion zu bewegen, musste sie emotional einen Schritt zurücktreten und nüchtern überlegen. Dabei wurde ihr klar, dass sie nie irgendeine Art Kraft hatte heraufbeschwören können, ohne von ihrem Sinn für das Gesunde angeleitet zu werden. Nicht beim Einsturz des Kevinsblicks; nicht als sie die Urbösen gerufen hatte, damit sie Sahah halfen; nicht in der Grenze des Wanderns, um dem verletzten Stave zu helfen. In allen diesen Fällen hatte sie sich oberhalb der ihre Sinne beeinträchtigenden Schicht befunden, die bei den Steinhausenern Kevins Schmutz hieß. In der Kluft zwischen den Felswänden hatte sie keine wilde Magie heraufbeschwören können. Aber in ihrer Zeit mit Thomas Covenant hatte ihr Sinn für das Gesunde sie nie im Stich gelassen. In der Vergangenheit hatte Kevins Schmutz nicht existiert. Und als sie den Stab gestern benutzt hatte, war ihre Wahrnehmungsgabe noch weitgehend intakt gewesen.
    Sie hatte das Potenzial des Stabes immer wie einen Geysir spüren können, der nur darauf wartete, ausbrechen zu dürfen, und ohne dieses Gespür war sie verloren. Sie brauchte den Stab, um ihren Sinn für das Gesunde wiederherzustellen – und ihre Wahrnehmungsgabe, um den Stab benutzen zu können.
    Vertraue auf dich selbst. Du bist die Einzige, die es schaffen kann.
    Aber das konnte sie nicht.
    Panik erfasste sie erneut. Sie hörte nicht, wie Liand das Schlafzimmer betrat; nahm seine Anwesenheit nicht wahr, bevor er ihr seine Hände auf die Schultern legte.
    »Linden«, flüsterte er, »was ist geschehen? Hat Kevins Schmutz den Stab seiner Fähigkeiten beraubt?«
    Sie starrte in seine Augen, und der Anblick seiner unverwässerten Sorge beruhigte sie. Sie konnte es sich nicht leisten, jetzt vom Kurs abzukommen. Das Leben zu vieler Menschen hing von ihr ab.
    Sie musste nachdenken.
    Liands Frage stellte einen Ausgangspunkt dar. »Nein«, begann sie mit schwacher Stimme, »das kann er nicht. Dies ist der Stab des Gesetzes. Daran kann Kevins Schmutz nichts ändern. Das ist nicht das Problem.« Aber während sie sprach, wurde ihre Stimme kräftiger. Sie zog Kraft aus dem sanften Druck seiner Hände auf ihren Schultern. »Die Schwierigkeit liegt bei mir. Ich weiß nicht mehr, wie ich den Stab benutzen soll. Dazu bräuchte ich meinen Sinn für das Gesunde.«
    Der Steinhausener verstand buchstäblich nichts von solchen Kräften. Gerade deshalb würde er ihr vielleicht helfen können; sein Urteil war nicht durch vorgefasste Meinungen beeinträchtigt. Hätte er ihr nicht rückhaltlos vertraut, hätte er vielleicht gezögert. Aber so schien er zu glauben, ihr Dilemma sei ein Problem, das er lösen könne – keine Unzulänglichkeit, die er nicht würde überwinden können. Weiter flüsternd sagte er nachdrücklich: »Aber auch du hast dich nicht verändert. Kevins Schmutz ist nur ein Schleier, der über dem Land liegt. Er kann dich nicht verändern.«
    Linden nickte. Sie verließ sich so rückhaltlos auf ihn, wie er ihr vertraute. Und Liand hatte natürlich recht. Sonst wäre die Wirkung des Schleiers unumkehrbar gewesen.
    Er lächelte, um ihr Mut zu machen. »Fühlt sich das Holz nicht warm an?«
    Gewiss. Die Wärme konnte sie spüren. Sie wechselte den Griff, um sich davon zu überzeugen, und war sich ihrer Sache sicher. Der Stab des Gesetzes strahlte spürbar Wärme ab, die angenehm und beruhigend war.
    Sie nickte wieder.
    »Kannst du nicht auch den Ursprung dieser Wärme berühren,

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