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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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wenn der Stab seine Wärme behält?«, fragte er leise.
    Das wusste sie nicht. Sie hatte es noch nie versucht.
    Durch seine offenkundige Annahme, sie werde nicht versagen, angespornt, schloss sie die Augen und konzentrierte ihre gesamte Aufmerksamkeit auf das Gefühl des Stabes in ihren Händen.
    Die Oberfläche des Holzes war so glatt, dass sie beinahe glitschig war; makellos wie wolkenloser Himmel, dennoch voller Leben und Versprechen wie die Hügel von Andelain. Seine Energie war unverkennbar. Und je mehr Linden sich auf sie konzentrierte, desto machtvoller wirkte diese Vitalität. Sie glich in der Tat einem Geysir, einer unerschöpflichen Quelle. Es gab keine erkennbare Grenze für die Menge an Erdkraft, die hervorsprudeln würde, sobald der Stab geöffnet wurde.
    Dazu brauchte sie nur ...
    ... seine Wärme selbst. Kevins Schmutz mochte ihre Sinne beeinträchtigen, aber er konnte den Stab nicht unwirksam machen. Dank seiner Natur würde die Stärke des Holzes sie heilen, wenn sie einfach in ihre Wärme eintauchte.
    Linden schlang ihre Arme um den Stab und drückte ihn an ihr Herz; und als sie das tat, begannen ihre Sinne aufzublühen. Binnen weniger Augenblicke fühlte sie den Stab in ihrer Umarmung wie Hoffnung erglühen. Während sie die Augen weiter geschlossen hielt, konnte sie Liands naiven Glauben an sie erkennen. Die Nerven ihrer Haut spürten das Leben in seinen Adern; genossen das zuversichtliche Schlagen seines Herzens. Und hinter ihm ...
    Ah, hinter ihm stand das lebende Urgestein des Vorgebirges, der vitale und alterslose Granit, in dem die Entwurzelten ihrer komplizierten, dauerhaften und leidenschaftlichen Liebe für den Stein ein Denkmal gesetzt hatten. Hätte Linden sich damit zufriedengeben wollen, hätte sie sich tage- oder jahrelang von dem langsamen Puls von Schwelgenstein verzaubern lassen können. Dann wäre sie irgendwann imstande gewesen, alles Leben in Schwelgenstein zu spüren und daran teilzuhaben – an jeder Liebe, jeder Angst, jedem Begehren. Im Lauf der Zeit hätte sie sogar lernen können, wie Anele die Stimme des Steins zu verstehen.
    Aber der Gedanke an den Alten brachte sie zu sich selbst zurück. Sie hatte viel zu tun. Jetzt würde sie es tun können.
    Tränen der Erleichterung liefen ihr über die Wangen, als sie die wohltätige Wirkung des Stabes dazu benutzte, Liands Sinne von der Beeinträchtigung durch Kevins Schmutz zu befreien. Sie brauchte ihn nicht anzusehen, um sein jähes Entzücken zu spüren.
    »Die Wirkung ist nur vorläufig«, erklärte sie ihm heiser. »Wahrscheinlich muss ich sie jeden Tag erneuern.« Oder alle paar Stunden. »Aber ich weiß jetzt, wie.«
    »Ich danke dir«, flüsterte er, als sie endlich wieder die Augen öffnen und ihn ansehen konnte. »Ich finde keine Worte, um ... Du sollst nur wissen, dass ...« Er schluckte trocken. »... mein ganzer Dank dir gehört.«
    »Dann sind wir jetzt quitt.« Linden stellte übergangslos fest, dass sie begierig war, den Meistern gegenüberzutreten. Sie fühlte sich grundlegend wiederhergestellt, im Vollbesitz ihrer Kräfte, als hätte sie ein Geburtsrecht zurückerlangt. Mit dem Stab des Gesetzes und Covenants Ring bewaffnet und durch Liands Vertrauen gestärkt, war sie bereit, sich jeder Herausforderung zu stellen. »Ohne dich hätte ich das hier nicht geschafft.«
    Er schüttelte grinsend den Kopf. »Du schätzt dich weiter zu gering ein.« Dann wies er mit dem Daumen nach nebenan, wo Galt wartete. »Ich hätte gute Lust, die Geduld der Meister auf eine Zerreißprobe zu stellen. Aber wir müssen auch an Anele denken. Und ich bin sicher, dass die Ramen ungeduldig zu werden beginnen.« Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: »Außerdem fürchte ich, dass Pahni unter der Beeinträchtigung ihrer Sinne leidet. Sie ist viel jünger als Bhapa oder der Mähnenhüter und hat noch nicht gelernt, ihr Herz zu verhärten.«
    »Du hast recht.« Linden wischte die Tränen ab, fasste den Stab des Gesetzes fester. »Wir sollten gehen.«
    Seine Reaktion bestand aus einer scherzhaften Verbeugung, die Linden erwiderte. Sie lächelte, als sie ihr Schlafzimmer verließ, um sich wieder zu dem Gedemütigten zu gesellen.
    Falls Galt ungeduldig war, ließ er sich nichts davon anmerken. Linden war sich sicher, dass er wusste, was sich nebenan ereignet hatte. Mit den Sinnen eines Haruchai hatte er vermutlich jedes Wort gehört, jede Veränderung wahrgenommen. Trotzdem blieb er ausdruckslos; undurchdringlich. Ihre Wiederherstellung

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