Die Runen der Erde - Covenant 07
Gewissen haben? Bill Coty ist tot. Avis Cardaman wird vermutlich sterben. Und der Teufel mag wissen, was Sie mit Sara Clint gemacht haben.« Im Silberschein der Blitze wirkte der Sheriff aschfahl und gebrechlich, als sei er kurz davor, ohnmächtig zu werden. »Dafür gibt es lebenslänglich. Lebenslänglich, Junge. Aber wenn Sie jetzt aufgeben, bleibt es dabei. Schießen Sie noch ein einziges Mal in eiskalter Berechnung, knallen meine Männer Sie ab wie einen tollwütigen Hund. Selbst wenn Sie mit über einem Dutzend Schusswunden im Leib überleben, sind Sie trotzdem tot. Dafür kriegen Sie die Todesstrafe. Man sticht Ihnen eine dieser großen Nadeln in den Arm, und Sie schlafen, bis sie verwesen .« Der Sheriff bildete sich offenbar ein, Roger durch Angst gefügig machen zu können. Aber das bewies nur, dass er Thomas Covenants Sohn überhaupt nicht verstand.
Trotzdem gab er nicht auf. »Wenn Sie aber jetzt Ihre Waffe fallen lassen«, fuhr er fort, »werden Sie vielleicht nur als unzurechnungsfähig erklärt. Dann landen Sie in einer Klinik für Psychiatrie, wo Sie von Frauen wie Doktor Avery betreut werden. Was soll es also sein, Junge? Wollen Sie ein weiches Bett in der Klinik? Oder sind Sie so erbärmlich, dass Sie lieber tot wären?«
Sandy bewegte einen Arm, stützte ihre Hand auf den Granit und versuchte, sich aufzurichten. In diesem Augenblick sackte Joan rückwärts, als werde sie gleich zusammenbrechen. Einen Herzschlag lang schien sie in sich selbst zusammenzufallen, wie eine Frau mit zerbröckelnden Knochen nach innen einzubrechen. Dann aber hob sie das Gesicht dem Nachthimmel entgegen und rief mit letzter Kraft: »Mach, dass es aufhört!«
Wie als Antwort darauf durchbohrte ein langer, gleißend heller Blitzstrahl voller Augen sie, wo sie stand, und nagelte sie auf dem Stein fest. Er brannte ihr das Leben aus, musste das Mark in ihren Knochen versengen. Solange er andauerte, hing sie an dem Strahl, als halte er sie noch im Tode aufrecht, aber als der Blitz erlosch, brach sie zusammen, fiel auf den Felsen nieder wie vergossenes Blut.
Linden taumelte. Der Boden unter ihren Füßen hatte sich in einen dunklen Abgrund verwandelt. Jeremiah starrte ausdruckslos an ihr vorbei. Am Rand der Senke torkelte Lytton rückwärts, konnte sich kaum auf den Beinen halten.
Roger sorgte gelassen dafür, dass seine Antwort laut wie der Wind, groß wie die Senke war. »Sie vergeuden Ihre Zeit, Sheriff«, sagte er, als berührte Joans Tod ihn nicht im Geringsten. »Wie kommen Sie darauf, dass ich Ihnen ein einziges Wort glauben würde?«
Ohne Vorwarnung schwenkte er die Waffe von Linden zu Lytton hinüber und drückte ab.
Der Schussknall glich einem harten, knappen Husten, das der Wind sofort mit sich davontrug. Das großkalibrige Geschoss traf Lytton unmittelbar unter dem rechten Schlüsselbein, holte ihn mit der Gewalt eines Donnerschlags von den Beinen. Ohne einen Laut von sich zu geben, landete er auf dem Rücken. Seine Arme und Beine prallten ab, flogen noch einmal hoch; dann lag er still.
Das war noch keine Sekunde her. Lindens Herz musste erst den nächsten Schlag tun; aber Roger hatte schon einen Zielwechsel vorgenommen. Sein rechter Arm sank herab, als er auf Sandy zielte, die weiter versuchte, sich aufzusetzen. Seine Linke hielt dabei Jeremiahs Handgelenk umklammert, als wolle er ihren Sohn nie mehr loslassen.
In diesem unerwarteten Zeitvakuum traf Linden ihre Entscheidung, ließ ihren rechten Arm vorschnellen und warf Roger die Stablampe an den Kopf.
Die zerschnittene Hand behinderte sie; das antrocknende Blut ließ die Stablampe eben lange genug an der Haut kleben, um ihren Schwung zu bremsen. Sie überschlug sich und schien die kurze Strecke zu Roger hinüber im Zeitlupentempo zurückzulegen. Als sie ihn seitlich am Hals traf, besaß sie keine Wucht mehr.
Er ignorierte ihr Versagen.
Linden tat das Gleiche. Mit der ganzen Kraft ihrer Beine holte sie mit der Arzttasche aus und ließ sie fliegen.
Sie knallte Roger an die Rippen, als er gerade auf Sandy schoss.
Diesmal schien der Schuss lautlos zu fallen. Stattdessen hörte Linden nur die Kugel, die neben Sandys Kopf von dem Findling abprallte und als Querschläger in die unersättlichen Blitzstrahlen davonheulte.
Endlich begann Lindens Herz wieder zu schlagen. Sie holte tief Luft; machte sich bereit, ihm Jeremiah zu entreißen ...
... und dann explodierte der Rand der Senke auf allen Seiten von wild hämmernden Schüssen.
Die Männer des
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