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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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begreifen, dass sie nicht daran dachte, ihn im Stich zu lassen, und wieder etwas Mut fassen.
    Mit brüchiger Stimme flüsternd antwortete er: »Du hast zu lange gezögert. Die Meister sind da.«
    Die Meister ...?
    Ihr Blick glitt rasch über das Trümmerfeld des Felssturzes, die Hügel dahinter und die grasigen Hänge links und rechts von ihr. Aber sie sah niemanden, konnte nirgends eine Bewegung erkennen. Sie wandte sich erneut an Anele. »Wo? Ich sehe niemanden.«
    »Dann bist du blind«, antwortete Lord Foul, während Anele furchtsam das Gesicht verzog, »was nur angebracht ist.« Der Alte rang so krampfhaft nach Luft, als sei er dem Ersticken nahe.
    Linden machte eine beschwichtigende Handbewegung, sprach so beruhigend wie nur möglich. »Nicht aufregen, Anele. Ich habe gesagt, dass ich dich beschütze. Sag mir einfach, wo sie sind, wenn du kannst. Oder zeig sie mir.«
    Anele lachte zwischen qualvollen Atemzügen leise vor sich hin, gab aber keine Antwort. Sie wollte sich abwenden, erstarrte dann jedoch, als eine scheinbar vom Himmel fallende Gestalt ein halbes Dutzend Schritte vor ihr landete. Der Mann musste vom Rand der natürlichen Kanzel hinter Anele – fast einen Steinwurf über ihr – gesprungen sein. Trotzdem landete er mit katzengleicher Grazie, indem er locker in den Knien nachgab, und stand ihr dann wie jemand gegenüber, der lange geduldig darauf gewartet hat, endlich bemerkt zu werden. Nach dem ersten Schrecken empfand Linden freudige Erregung. Vor ihr stand ein Haruchai.
    Anele sank keuchend auf die Knie, als seien ihm die Kniesehnen durchschnitten worden. Vor Erleichterung bekam auch Linden weiche Knie.
    Die Haruchai ... Gott sei Dank!
    Linden hatte sie nicht gekannt, als sie noch die Bluthüter, die Leibwächter der alten Lords gewesen waren, die auf Schlaf und Emotionen verzichteten, um desto treuer dienen zu können. Sie war ihnen erst als Opfer der Sonnengefolgschaft begegnet. Damals waren die Haruchai geopfert worden, um das Sonnenfeuer mit ihrem potenten Blut zu nähren. Das Sonnenfeuer, das das Land pervertiert hatte. Nach ihrer Befreiung jedoch hatten die Haruchai Thomas Covenant – und auch Linden selbst – mit ernster, rückhaltloser Treue gedient. Ihr selbst hatten sie lange Zeit nicht getraut. Ihrer eigenen Gewissheit verpflichtet, hatten sie Lindens innere Konflikte nie verständnisvoll akzeptiert. Trotzdem hatte Linden gelernt, die Haruchai als Freunde zu betrachten. Sie waren Männer, die ihre Versprechen hielten; und sie besaßen Kraft, die ihren Versprechen Substanz verlieh. Sich selbst erlegten sie strengere Verpflichtungen auf, als sie von anderen forderten.
    Freunde. Auskünfte.
    Anele fürchtete die Haruchai, das war offensichtlich, aber Linden zweifelte keinen Augenblick daran, dass sie ihr gegen Lord Foul helfen würden. Ihr Name für den Verächter lautete ›Verderber‹. Er war ihre Antithese, ihr ärgster Feind.
    Der Mann vor ihr besaß die charakteristische Erscheinung seiner Artgenossen: untersetzter, muskulöser Körper; flaches, ausdrucksloses Gesicht, dem die Zeit scheinbar nichts anhaben konnte; dunkler Teint und lockiges schwarzes, recht kurzes Haar. Über seinen bloßen Füßen und Beinen trug er einen kurzen Kittel, der aus ockergelb gefärbtem Kalbsleder zu bestehen schien und von einer breiten Schärpe aus demselben Material um die Taille zusammengehalten wurde. Die glatte Haut unter dem linken Auge des Haruchai war durch eine lange verheilte, gezackte Narbe entstellt. Hatten die Haruchai sich nicht verändert, seit Linden sie gekannt hatte, war dieser Mann ein gewaltiger Krieger, der gewaltige Kraft, erstaunliche Talente und kompromisslose Urteilsfähigkeit besaß. Selbst ihrer eingeschränkten Wahrnehmung erschien er undurchdringlich massiv, gewichtig genug, um bei seiner Landung tiefe Abdrücke im Fels unter dem Gras zu hinterlassen.
    »Beschütze!«, jammerte Anele, nun wieder mit seiner eigenen Stimme. »Oh, beschütze. Du hast es geschworen. Du hast es geschworen!«
    Der Haruchai sah kurz zu Anele hinüber. »Sie kann dich nicht beschützen«, sagte er leicht stockend. »Wir haben dich lange und mit großer Mühe gesucht. Jetzt ist es aus mit dir. Du wirst das Land nicht wieder gefährden.«
    Um ihres Gefährten willen trat Linden so vor, dass sie zwischen ihm und dem Haruchai stand. »Augenblick«, sagte sie unsicher. »Warte. Wir wollen nichts überstürzen. Ich verstehe das alles nicht. Ich kenne euch. Ich meine, ich habe euch gekannt. Das war vor

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