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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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die im Dienst des Landes gefallen waren, hatten Brinn und Cail mehr Achtung verdient, als er ihnen entgegenzubringen schien. Aber er forderte keine weiteren Auskünfte von ihr; stattdessen studierte er sie ausdruckslos. Seine Miene vermittelte einen abwesenden Eindruck, als sei er nicht mehr gänzlich hier im Raum anwesend. Dann schien er übergangslos zurückgekehrt zu sein. Er legte die Fäuste mit ausgestreckten Armen in Höhe seines Herzens aneinander und verbeugte sich förmlich vor ihr. »Du bist Linden Avery die Auserwählte«, sagte er unbehaglich, »wie du behauptet hast. Wir zweifeln nicht an dir. Sei frei unter uns.« Er griff hinter sich und hielt ihr den Vorhang auf. »Sag uns, wie wir dich für deine Treue zu Ur-Lord Thomas Covenant und deinen Triumph über den Verderber ehren können.«
    Ihre Erleichterung ließ Linden beinahe auf die Knie sinken. Gott sei Dank! Sie hatte sich kaum einzugestehen gewagt, wie sehr sie seine Hilfe brauchte: seine und die aller anderen Haruchai. Stumm ließ sie den Kopf sinken und deutete ihrerseits eine Verbeugung an, um ihm für seine Anerkennung zu danken. Du brauchst den Stab des Gesetzes. Vielleicht würde sie jetzt ihre Suche beginnen können.
    Anele erschreckte sie, indem er kniend näher rutschte und ihre Beine mit den Armen umfing. »Befreie Anele!«, keuchte er. »Oh, befreie ihn! Sie werden ihn töten und es als Barmherzigkeit ausgeben.«
    Linden blickte auf sein Gesicht hinab. Schatten, die das flackernde Lampenlicht erzeugte, schienen eine Flut von Emotionen über sein Gesicht huschen zu lassen: Entsetzen und Hoffnung, Abscheu, tiefe Verwirrung. Aufleuchtende Flammen ließen seine Mondsteinaugen milchig weiß erscheinen. Offenbar glaubte er, dass er als Gefangener jeder Zäsur ausgeliefert sein würde. Aber die Haruchai waren niemals Mörder gewesen. Sie kämpften mit überragender Geschicklichkeit; sie töteten rücksichtslos, wenn die Umstände, unter denen sie dienten, es erforderten. Aber einem jammervollen Geschöpf wie Anele etwas anzutun wäre sicherlich unter ihrer Würde gewesen. Trotzdem hatte sie dem Alten ihren Schutz zugesagt. Sie durfte ihr Wort nicht brechen, nur weil er schwach und bedürftig war. Insgeheim ächzend hob sie den Kopf, um Staves Blick zu begegnen.
    »Du hast gehört, was er sagt.« Ihre Lippen schienen die Worte zu seufzen. »Ehrt mich, indem ihr ihn gehen lasst. Er ist nur ein verrückter alter Mann.« Ein Wahnsinniger voller Geheimnisse und angeborener Erdkraft. »Ich sorge dafür, dass er niemandem etwas tut.«
    Stave betrachtete sie unerbittlich. »Linden Avery, wir bedauern, dass du das von uns verlangt hast. Wir wünschen dich zu ehren, aber in diesem Punkt werden wir nicht nachgeben. Wir haben das Wächteramt über das Land übernommen. Wir sind seine Meister, weil wir das Land nur so vor dem Verderber schützen können. Wir gestatten nicht, dass Wesen wie Anele tun, was ihnen beliebt. Sie dienen dem Verderber, auch wenn sie selbst vielleicht etwas anderes glauben.«
    Anele umklammerte Lindens Beine fester, und sein Keuchen klang, als atme er mit jedem Atemzug einen Mundvoll großer Angst ein. Lehnte er sich noch fester an sie, würde sie zu Boden gehen. Ihr Gleichgewichtssinn war schon zu sehr beeinträchtigt.
    »Anele.« Sie beugte sich zu ihm hinunter und drängte ihn, seinen Klammergriff zu lockern. »Ich verlasse dich nicht. Du kannst mir vertrauen.« In ihrer Brust zerstob der Traum von Freiheit. »Lassen die Meister dich nicht frei, gehe ich auch nicht. Ich bleibe bei dir, bis sie zur Vernunft kommen.«
    Sie kannte die Haruchai zu gut, um zu glauben, sie würden sich eines anderen besinnen.
    Der Alte stöhnte, als hätte sie ihn verraten. Er ließ den Kopf sinken, drückte sein Gesicht an ihre Schienbeine. Aber er lockerte seinen Griff etwas, wenigstens so weit, dass sie sich auf den Beinen halten konnte.
    Stave ließ den Vorhang los, als zucke er mit den Schultern. Das Leder fiel an seinen Platz zurück, schwang einige Male schwer nach.
    »Also gut«, sagte Linden mit schwacher Stimme. »Ich bleibe hier. Aber ich brauche Auskünfte. Ich war lange fort. Ich muss wissen, was hierzulande vorgeht.«
    Der Haruchai ließ mit leichtem Nicken seine Bereitschaft erkennen, doch sie wusste noch immer nicht, ob sie ihm trauen durfte. Sie war begierig, zu erfahren, wer den Stab des Gesetzes besaß – und weshalb er anscheinend seine Wirksamkeit eingebüßt hatte. Aber sie hielt diese Fragen noch zurück. Erst musste sie Stave

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