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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Groß
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Stunde nach ihrer Ankunft das Bewußtsein verlor. Sie hatten sich angesehen, sprachen nicht, und Maria hatte sich schweigend neben ihn gelegt. Worüber sollte man noch sprechen, wenn Gott schon alles entschieden hatte? Ihnen blieb nur, zu vergeben und Gottes einsame Wege zu begreifen.
    Berthold starb noch in derselben Nacht, ohne das Bewußtsein wiederzuerlangen. Maria ließ den Iren holen, und jetzt saßen sie zu zweit an seinem Bett, und Marias Tränen fielen still.
    »Ihr seid jetzt die Besitzerin all seiner Güter«, sagte Cai Tuam leise. »Euch gehört sein Haus in Köln, denn Ihr seid die rechtmäßige Erbin.«
    Maria sah verwirrt auf. »Ich kann tun und lassen, was ich will?«
    »Hört zu, Maria. Wenn der Kaiser von Bertholds Tod erfährt, wird er vielleicht auf die Idee kommen, Euch wieder einen Mann zu suchen, wie er das schon einmal getan hat. Geht nach Köln, findet einen zuverlässigen Pächter für die übrigen Güter, Van Neil vielleicht, dann wird der Kaiser Euch in Ruhe lassen, denn in Köln nützt Ihr ihm nichts. Oder …«
    »Ja?«
    »Oder Ihr geht wieder ins Kloster.«
    ›So sprechen die Lebenden vor den Toten‹, dachte Maria bitter, und erneut rannen ihr die Tränen übers Gesicht. Aber Cai Tuam hatte recht. Sie mußte sich absichern gegen die Willkür des Kaisers, und noch wußte niemand von Bertholds Tod. Sie konnte in aller Ruhe nach Braunschweig fahren und einen Advokaten wegen des Pachtvertrages aufsuchen. Sie sah auf. »Und was werdet Ihr jetzt tun?«
    »Ich kehre nach Hause zurück.«
    »Allein?«
    Er wußte, was sie meinte. Sie sprachen nicht darüber. Maria würde schweigen, und er würde Rosalie nie wiedersehen. Es wurde dunkel, und irgendwann ging die Tür auf. Gundeline stand in der Kammer.
    »Lebt wohl, Herr«, sagte der Ire leise und sah ein letztes Mal in dieses verquälte, müde Gesicht, das im letzten Schlaf endlich ruhig geworden war.
    Sie kamen in der Nacht. Warfen Seile mit Widerhaken die Mauer hinauf und zogen sich an ihnen nach oben. Es gab nur einen einzigen Wachposten in der Burg, der träumend neben seiner Lanze lag und erst erwachte, als sie schon last die Brüstung erreicht hatten. Der Soldat schreckte auf, weil eines der Seile seinen Arm gestreift hatte. Er blickte sich um und sah das Seil neben sich liegen. Er stürzte zum Turm und läutete die Glocke.
    Raupach fuhr in seinem Bett hoch. Jemand hatte die Tür zu seiner Kammer aufgerissen. Es war Van Neil, der sich hastig seinen Waffengürtel umschnallte. »Herr, wir werden angegriffen!«
    »Angegriffen? Von wem?«
    »Ich weiß es nicht. Ihr solltet aufstehen.«
    Raupach wühlte sich aus der Decke, während Van Neil schon wieder verschwunden war. Über ihm, dort, wo der Gang der Ringmauer war, hörte er Schritte und das Geklirr von Waffen. Ihm wurde schwindelig, als er sich Hosen und Kettenhemd anzog, die Stiefel und den Gürtel. Er würde nicht kämpfen können, denn er war noch schwach, und das schwere gewohnte Kettenhemd fühlte sich auf seinem Leib an wie ein Fremdkörper. Der Lärm über ihm wurde immer stärker, das Getrampel der Füße immer drohender. Wer kam jetzt, wo der Konflikt vorbei war, noch, ihn anzugreifen? Er setzte sich wieder aufs Bett.
    Oben pfiff der Wind und riß die Wolken auseinander. Sie hauen Fackeln angezündet und die Seile entfernt. Durch den Alarm gewarnt, hatten sich die Feinde zurückgezogen und ihre Taktik geändert. Van Neil sah nach unten. Es mußten mindestens 50 Mann sein, aber in der Dunkelheit konnte er nicht viel erkennen.
    »Das sind Sachsen, Versprengte aus Heinrichs ehemaligem Heer«, sagte einer der Soldaten neben ihm. »Die ziehen jetzt überall herum und suchen nach Stützpunkten, wo sie sich verkriechen können. Eine lausige Schar, sage ich Euch, die haben nichts mehr zu verlieren außer ihrem Kopf.« In der Halle drängte sich alles zusammen, Knechte, Mägde, ein Teil der Soldaten, die auf Befehle warteten, Gundeline, die am Tisch saß und mit bangen Augen auf die eisenbeschlagene Tür nach draußen starrte, und Raupach, der mit Van Neil die Lage erörterte. Cai Tuam hockte auf einer Treppenstufe, und Pater Clemens lief nervös auf und ab.
    »Geht hinauf, und fragt, was sie wollen«, sagte Raupach, »und dann schicken wir jemanden nach Lüneburg, dort liegt eine Garnison des Kaisers. Ohne Hilfe halten wir uns keinen Tag.«
    Van Neil stieg wieder nach oben. Mit dem Schild, den er an den Körper preßte, beugte er sich ein Stück über die Brüstung. »He«, schrie er

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