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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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bedrückt wirkte.
    »Baron Stephan von Emden«, stellte Zorah in fast beiläufigem Ton vor. »Sir Oliver Rathbone.«
    »Es ist mir eine Ehre, Sir Oliver.« Stephan verbeugte sich tief und schlug die Hacken zusammen, wenn auch fast lautlos. »Ich bin unendlich erleichtert, daß Sie die Verteidigung der Gräfin Rostova übernommen haben.« Seinem Gesicht war abzulesen, daß er es wirklich so meinte. »Sie ist in einer extrem schwierigen Lage. Wenn ich irgendwie helfen kann, so will ich es gerne tun.«
    »Danke.« Rathbone war sich noch nicht sicher, ob das lediglich eine freundschaftliche Geste sein sollte, oder ob der Baron noch andere Absichten verfolgte. Da Zorah so offen gewesen war, wollte auch er ohne Umschweife zum Thema kommen. Abgesehen davon war in diesem Raum jede Halbherzigkeit von vornherein ausgeschlossen. Man war entweder aufrichtig, egal was das für Folgen hatte, oder man zog sich entsetzt zurück.
    »Glauben Sie, daß die Prinzessin des Mordes an ihrem Mann schuldig ist?«
    Stephan wirkte zunächst perplex, doch schnell trat ein belustigtes Leuchten in seine Augen.
    Zorah stieß einen Seufzer aus. War sie erleichtert, weil Rathbone nicht den korrekten Engländer herauskehrte?
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Stephan auf Rathbones Frage.
    »Aber ich habe keinen Zweifel an dem, was Zorah glaubt. Ich gehe davon aus, daß es wahr ist, und bin sicher, daß sie ihre Ansicht weder leichtfertig noch in böser Absicht geäußert hat.«
    Rathbone schätzte ihn auf Anfang dreißig und damit etwa zehn Jahre jünger als sich selbst. Ihm war immer noch nicht klar, in welcher Beziehung er zur Gräfin stehen mochte. Warum zeigte er sich bereit, einer Frau zuliebe, die eine solch verwegene Behauptung aufgestellt hatte, seinen Namen und Ruf zu riskieren? War er am Ende davon überzeugt, nicht nur, daß sie die Wahrheit sagte, sondern auch, daß sie sich beweisen ließe? Oder waren seine Motive in dieser Tragödie mehr emotionaler anstatt rationaler Natur und von Liebe oder Haß bestimmt?
    »Ihre Zuversicht ist sehr wohltuend«, sagte Rathbone höflich.
    »Und Ihre Hilfe ist hochwillkommen. Woran denken Sie im einzelnen?«
    Wenn er erwartet hatte, Stephan aus dem Gleichgewicht zu bringen, so wurde er jetzt enttäuscht. Der Baron, der eben noch lässig dagestanden hatte, reckte sich kerzengerade auf und stolzierte zum Stuhl in der Mitte des Raums, um sich seitlich darauf zu setzen. Er starrte Rathbone unverwandt an.
    »Ich könnte mir vorstellen, daß Sie jemanden zu den Wellboroughs schicken wollen, damit er – natürlich in aller Diskretion – sämtliche Gäste befragt, die sich seinerzeit dort aufhielten. Die meisten von ihnen werden jetzt wieder dort anzutreffen sein, allein schon wegen dieses Skandals. Was mich betrifft, so würde ich Ihnen alles erzählen, woran ich mich erinnern kann; aber meine Aussagen würden wohl als voreingenommen gelten, und Sie werden etwas von mehr Gewicht brauchen.« Er zuckte seine schmalen Schultern. »Wie auch immer, ich weiß nichts Nützliches. Wäre das der Fall, hätte ich es Zorah längst gesagt. Ich wüßte auch nicht, wonach ich Ausschau halten sollte, aber ich kenne viele Gleichgesinnte, die die richtigen Fragen stellen könnten, und würde für jeden die Hand ins Feuer legen. Möchten Sie ihre Dienste in Anspruch nehmen?«
    Rathbone war überrascht. Es war ein großzügiges Angebot. Und in Stephans haselnußbraunen Augen lag nichts als Aufrichtigkeit und leichte Besorgnis. »Danke«, sagte er. »Das ist ein sehr guter Vorschlag.« Sein Freund William Monk fiel ihm ein, der eine Laufbahn bei der Polizei aufgegeben hatte und Privatdetektiv geworden war. Wenn jemand in der Lage war, Beweismittel zu finden, ob nützlich oder schädlich für seine Mandantin, dann er. Auch würden ihn die Brisanz dieses Falles und die zu befürchtenden Erschütterungen nicht abschrecken.
    »Allerdings wird wahrscheinlich noch mehr nötig sein. Der Beweis in diesem Fall ist äußerst schwer zu führen. Maßgebliche Kreise werden uns daran zu hindern suchen.«
    Stephan sah ihm ernst in die Augen. »Natürlich. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihren Mut, Sir Oliver. Ein Geringerer als Sie wäre vor dieser Aufgabe zurückgeschreckt. Ich stehe Ihnen jederzeit zu Diensten.«
    Er trug sein Angebot so aufrichtig vor, daß Rathbone nicht anders konnte, als sich noch einmal zu bedanken. Dann wandte er sich an Zorah, die es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatte und sich auch nicht weiter von ihren sich

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