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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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ihrem Arm und schüttelte sie ab.
    »Du könntest mir ruhig einen Rat geben, wie ich es anstellen soll, einen passenden Mann zu finden«, sagte sie mit kratziger Stimme. »Es heißt doch, du hättest besonders viele Verehrer gehabt, also musst du wissen, wie es geht. Bisher warst du mir allerdings keine große Hilfe.« Mit Genugtuung registrierte sie, wie ihre Tante bei dem Vorwurf zusammenzuckte, als hätte ihr jemand einen Schlag versetzt.
    »Was hätte ich denn bisher für dich tun sollen? Angesichts des Krieges wäre es unmöglich gewesen, dich mit großem Pomp in die Gesellschaft einzuführen. Du hast selbst gesagt, es sei frevelhaft, Champagner trinkend von einem Tanzball zum anderen zu flattern, während deutsche Soldaten in Mont Mesly, Villiers oder Chevilly um ihr Leben kämpfen. Außerdem – wen hättest du auf den wenigen Tanzbällen, die trotz des Krieges stattfanden, antreffen sollen? Außer alten Männern mit körperlichen Gebrechen war doch fast niemand mehr in der Stadt.« Ollys Rede klang verzweifelt und flehentlich zugleich.
    Wera presste die Lippen zusammen. Olly hatte ja mit allem recht. Die Männer, die etwas taugten, waren in den Krieg gezogen, so wie ihr alter Wanderkamerad Lutz von Basten. Oder Wily, der schon im Jahr 1869 ins Heer eingetreten war und mit eigenen Augen hatte mit ansehen müssen, wie zwei seiner Kameraden – die Söhne von Ollys Hofdame Taube – getötet wurden. Einmal sei auch er in unmittelbarer Lebensgefahr gewesen, hatte er in einem seiner zahlreichen Briefe an seine Mutter geschrieben. Doch sein Freund und Cousin, Herzog Eugen, habe ihm das Leben gerettet.
    Weras Bewunderung für die tapferen Württemberger war mit jedem seiner Briefe noch gewachsen. Aus dieser Bewunderung heraus hatte sie – im Gegensatz zu ihren Tanzkameradinnen – stoisch die wenigen Bälle, die während des Kriegs stattfanden, ignoriert. Sie konnte doch nicht das Tanzbein schwingen, während württembergischeMänner im Schützengraben lagen! Doch dadurch hatte sie viel wertvolle Zeit verloren …
    »Weißt du was?«, sagte Olly betont fröhlich. »Ich werde deinen Eltern schreiben. Vielleicht haben sie schon längst einen Ehemann für dich im Kopf.«
    »Wer’s glaubt, wird selig.« Wera schnaubte. Als ob sie sich in dieser wichtigen Angelegenheit auf ihre Eltern verlassen würde. Nein, sie hatte vor, dies selbst in die Hand zu nehmen. Und zwar am besten gleich heute Abend.
    Schwungvoll drehte sich Wera in dem grünen Kleid einmal um die eigene Achse. Obwohl es nach fünf Uhr am Nachmittag war, fiel das Sonnenlicht noch immer so gleißend hell in Weras Schlafzimmer, als sei es Mittag.
    »Und – wie findest du es?«, fragte sie Margitta, die, eine Schürze und Holzschuhe tragend, auf dem Sofa Kuchen aß und Wera dabei zuschaute, wie sie sich für den Ball herrichtete.
    Trotz aller Unterschiede hatte ihre Freundschaft gehalten. Seit zwei Jahren war Margitta am Hof beschäftigt, allerdings arbeitete sie nicht wie ihre Mutter in der Waschküche, sondern in der Wäschekammer, wo sie Tischdecken mit Lochmustern verzierte, Risse in Gardinen flickte und Küchentücher umsäumte. Schon vor Jahren hatte sich herausgestellt, dass das junge Mädchen ein besonderes Geschick mit Nadel und Faden besaß. Nachdem Wera ihrer Tante diese Information zugetragen hatte, war Margittas Anstellung schnell beschlossen. Wera war überglücklich gewesen: So würde sie Margitta weiterhin sehen können! So oft es ihr straffer Tagesplan zuließ, ging sie auf einen Sprung im Versorgungstrakt vorbei – doch nicht immer traf sie ihre Freundin dort an. Denn im Gegensatz zu ihrer Mutter war Margitta alles andere als zuverlässig. Oft kam sie zu spät, und auch während der Arbeitszeit sah man sie manchmal stundenlang nicht. An manchen Tagen tauchte sie erst gar nicht auf.
    »Wo um alles in der Welt treibst du dich herum?«, wollte Wera von ihrer Freundin wissen, wenn sich wieder einmal die Obersthofmeisterinüber Margittas Fehlzeiten beklagt hatte. Eine zufriedenstellende Antwort bekam sie nie. Sie habe halt viele Verabredungen, murmelte Margitta lediglich. Bestimmt traf sich die Freundin mit Verehrern, reimte sich Wera daraufhin zusammen. Sie, die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit in Person, konnte nicht verstehen, dass ausgerechnet ihre beste Freundin es anders hielt. Dennoch setzte sie sich immer wieder für Margitta ein – log manchmal sogar für sie –, damit diese Arbeit und Lohn behielt.
    »Ganz nett«, sagte

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