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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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betrachten konnte.
    Direkt vor dem Modeatelier ertönten Fanfaren, lauter Jubel brandete auf, Pferde wieherten. Sogleich wurde Weras Aufmerksamkeit abgelenkt, doch durch die dichten Gardinen des Modeateliers gelang es ihr nicht, auch nur einen Blick auf die Kriegsheimkehrer zu erhaschen. Bestimmt marschierte gerade wieder eine siegreiche Felddivision vorbei. Und das, während sie Kleider aussuchte. Verflixt, wenn sie sich nicht beeilte, würde sie noch den großen Umzug verpassen!
    »Das probiere ich an«, sagte sie und zeigte auf das nächstbeste Kleid, woraufhin ein junges Mädchen es ins Nebenzimmer trug. Wera wollte ihr schon folgen, als Olly sie zurückhielt.
    »Hiergeblieben, mein Fräulein! Oder glaubst du etwa, dass ich dichbegleitet habe, damit du lediglich ein Kleid anprobierst? Schau, was hältst du davon?« Sie zeigte auf ein rosafarbenes Kleid mit voluminösen Puffärmeln. »Oder das hier?«
    Wera schüttelte den Kopf. Alles, was die Königin ihr zeigte, sah ernsthaft und langweilig aus.
    Am Abend sollte im Schloss ein großer Ball stattfinden, zu Ehren der siegreichen deutschen Soldaten. Während Ollys Garderobe seit Tagen feststand, war es Wera erst am Morgen eingefallen, dass sie nichts anzuziehen hatte: Entweder war sie mit ihren siebzehn Jahren aus ihren alten Kleidern herausgewachsen, oder sie waren ihr für diesen großen Anlass einfach nicht gut genug. Sehr zu ihrem eigenen Unmut musste sie daher Olly bitten, ausgerechnet an diesem Tag, der vollgepackt war mit Terminen jeglicher Art, auch noch ein Kleid mit ihr kaufen zu gehen.
    »Täusche ich mich oder sind die Schnitte der Kleider insgesamt wieder etwas voluminöser geworden?«, fragte die Königin, während sie mit dem sicheren Blick einer Modekennerin die Auswahl an Gewändern durchforstete, die Stuttgarts berühmteste Modeschneiderin für sie bereitgestellt hatte: Braun, Grün und Violett dominierten bei den Roben, die allesamt opulent verziert waren mit Borten, Posamenten, Fransen und Spitzen. Viele hatten lange Schleppen, dazugehörige Stolen oder einen Schleier.
    Die Schneiderin nickte ehrerbietig.
    »Nun, da der Krieg mit Frankreich vorbei ist, sind auch die Zeiten der Bescheidenheit vorüber. Gott sei Dank!, möchte ich anfügen, endlich kann ich wieder in Stoffen schwelgen.«
    Olly nickte. »Frankreich hat zwar den Krieg verloren, aber was die Mode angeht, wird unser Nachbarland wohl immer wortführend sein!«
    Wera runzelte die Stirn. Wenn das so weiterging mit diesen zwei modeverrückten Damen, würde sie heute keinen einzigen Soldaten mehr zu Gesicht bekommen, geschweige denn den Umzug sehen. Sie zeigte auf ein Kleid aus dunkelgrünem Samt. Es erinnerte sie an einen dichten, moosigen Nadelwald.
    »Was meinst du, würde mir das stehen?«
    »IstSamt nicht ein wenig zu warm für diese Jahreszeit?« Olly sah skeptisch aus.
    »Aber Eure Hoheit, Damen schwitzen doch nicht«, sagte die Schneiderin fast entsetzt. »Wenn ich auf diesen bezaubernden Cul de Paris aufmerksam machen darf?« Sie zeigte auf eine Raffung des Stoffes auf der Rückseite. »Dieses Modell ist wahrlich très modern. Meine Kleider sollen verführen und verzaubern!«
    Wera nickte heftig. Das konnte keinesfalls schaden.
    »Darf ich für Eure Hoheit eine Flasche Champagner öffnen lassen, während sich Mademoiselle der Anprobe widmet?« Die Schneiderin machte eine kleine Verbeugung vor Olly und zeigte auf den eingedeckten Tisch vor dem Fenster, auf dem nicht nur ein Champagnerkübel samt Inhalt und Gläsern stand, sondern auch noch eine Schale mit »Olgabrezeln«, einem süßen Gebäck, welches ein Stuttgarter Zuckerbäcker speziell für die Königin kreiert hatte. Auf einem weiteren silbernen Teller waren zwei Zuckerfiguren drapiert. Von der Machart her erinnerten sie Wera an die innen hohlen Osterhasen aus Zucker oder Schokolade, die man sich hier in Württemberg anstelle von rot gefärbten Eiern zu Ostern schenkte.
    Weras Magen begann beim Anblick der süßen Köstlichkeiten vernehmlich zu knurren.
    »Sehr gern«, sagte Olly. »Aber, um Himmels willen, was ist das?« Sie zeigte auf die Zuckerfiguren.
    Madame Chevalier schmunzelte. »Der Kaiser und sein Reichskanzler aus Zucker, die Confiserie nebenan hat extra Gussformen anfertigen lassen. Was für eine Idee, mon Dieu! Aber es ist solch ein froher Tag …« Die Schneiderin zwinkerte verschmitzt. »Stellen Sie sich vor, Bismarck kostete 55 , der Kaiser hingegen nur 45 Pfennige!«
    »Der Reichskanzler ist teurer als mein

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