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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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der drohende Umzug nach Russland. Ihre Augen glänzten wie kleine Kohlestücke, während sie den Vorfall in Beihingen schilderte.
    »Du hättest mal sehen sollen, wie Eugen aus der Kutsche gesprungen ist, um mir zu helfen. Und wie er sich dann vor dem Gendarm aufgebaut hat … Er ist solch ein vollendeter Kavalier! Und wenn er mich anschaut, mit seinen funkelnden Augen …«
    »Dass du den Kindern geholfen hast, war wirklich lobenswert«, sagte Olly und gähnte verstohlen.
    »Geholfen!« Wera winkte verächtlich ab. »Was ich getan habe, war doch nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Eugen nimmt übrigens in solchen Dingen deine Sichtweise ein, jedenfalls meinte er, verwahrloste Kinder sollten ihren Müttern fortgenommen werden. Ich mag das einfach nicht glauben. Wenn es schon unbedingt ein Heim sein muss, warum dann nicht eines, in dem arme Frauen mit ihren Kindern wohnen? Ein Heim, das den Frauen Arbeit bietet und Hilfe bei der Erziehung ihrer Kinder …«
    Evelyn, die schweigend zugehört hatte, sagte nun:
    »Wera, bitte, nun ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, der Königin erneut mit deiner Idee von einem Mutter-Kind-Heim, oder wie du das Ganze nennst, zu kommen.«
    »Falsch – es ist genau der richtige Zeitpunkt!«, rief Wera. Sie sprangauf und setzte sich neben Olly aufs Bett. Einer der Koffer rutschte dabei gefährlich nahe an den Rand. Wera versetzte ihm einen leichten Schubs, so dass er zu Boden fiel.
    »Du willst nach Russland und all die armen Menschen in Württemberg im Stich lassen! Ich frage mich, wer sich zukünftig um die Nikolauspflege kümmern soll? Oder um das Olgäle? Und die vielen anderen Häuser, denen du vorstehst? Und was ist mit einer Mädchenschule? Seit Jahr und Tag versprichst du mir, dass du dieses Projekt als Nächstes angreifst. Willst du es nun endgültig ad acta legen? Sollen Mädchen wie Margitta weiterhin auf einem Dachboden das Lesen lernen müssen, nur weil es nicht genügend Lehrer gibt?«
    Olly öffnete die Augen. Müde und traurig schaute sie Wera an.
    »Glaubst du, all diese Dinge gehen mir nicht auch durch den Kopf? Hältst du mich für so kaltblütig und egoistisch?«
    Wera schwieg.
    »Ganz Württemberg würde trauern, wenn Sie gingen, niemand würde den Grund verstehen, vielmehr würden alle glauben, dass Sie sie im Stich lassen«, sagte Evelyn. »Die Menschen lieben und verehren Sie so sehr. Wenn ich nur an die Kinder in den Heimen denke …«
    »Stimmt genau«, sagte Wera, die jenen Heimen mehr als kritisch gegenüberstand. »Du würdest nicht nur Karl verlassen, sondern alle Württemberger noch dazu.«
    Olly sah aus, als sei sie erneut den Tränen nahe.
    »Warum quält ihr mich so …«
    »Niemand will dich quälen, wir wollen dich lediglich vor einer übereilten, unüberlegten Entscheidung bewahren«, sagte Wera und versetzte dem nächsten Koffer einen Tritt. »Eure Ehe ist gescheitert. Aber damit stehst du doch nicht allein, so ergeht es vielen Ehepaaren. Das heißt jedoch nicht, dass dein ganzes Leben schlecht ist, oder? Schau dir an, was du alles geleistet hast: Du und Karl – ihr habt Württemberg gut durch die Kriegsjahre gebracht. Das Land prosperiert, durch dein wohltätiges Engagement wurde die größte Notgelindert. Und mich hast du auch ganz manierlich hinbekommen.«
    Während Evelyn ob dieser letzten Bemerkung lächelte, schüttelte Olly, die inzwischen auf dem Boden saß und Handschuhe zusammenfaltete, nur den Kopf.
    »Wie erwachsen du daherredest. Eine solche Nüchternheit würde ich vielleicht von Evelyn erwarten, aber nicht bei einer jungen Frau wie dir.«
    Wera, die den leisen Hauch von Anerkennung, der in Ollys Worten mitschwang, bemerkte, lächelte traurig.
    »Hast du mir nicht beigebracht, dass man das Leben immer so nehmen muss, wie es kommt? Jetzt nehme ich dich beim Wort!«
    *
    »Wie war dein Tag? War dein Beutezug in Bezug auf das Schmuckstück erfolgreich? Und hat Wera ihren Liebsten getroffen?«, fragte Wily, als er Eugen am Abend im Schlossgarten über den Weg lief.
    »Jetzt, wo du’s ansprichst – kein Wort hat sie darüber verloren«, antwortete Eugen.
    Mit ausholenden Schritten marschierten beide die Kieswege entlang. Kleine weiße Steinchen stoben unter ihren blankpolierten Lederstiefeln empor. Aufgrund ihres Ranges bestand in diesen Tagen für sie noch keine Anwesenheitspflicht bei ihrem Regiment, so konnten sie tun und machen, was ihnen beliebte.
    »Viel Zeit zum Unterhalten habe ich nicht, ich bin auf dem

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