Die russische Herzogin
verfolge, doch Lutz ließ sie nicht einmal zu Wort kommen.
»Herzog Eugen ist ein attraktiver Mann, und mir steht es nicht zu, etwas Schlechtes über einen angehenden Hauptmann des württembergischen Heeres zu sagen. Nur so viel: Es ist nicht alles Gold, was glänzt!«
*
»Esist eine Unverschämtheit von Olly, mich so lange warten zu lassen!« Anklagend stand Katharina vor Wilhelms Schreibtisch. »Wenn ich nicht massiv darauf bestanden hätte, zur Not auch dich allein zu sehen, säße ich noch immer in eurem Salon!«
»Hat dich jemand hergebeten?«, knurrte Karl, dem nach allem zumute war, nur nicht nach einem Gespräch mit seiner Halbschwester.
»Was gibt’s?«, fragte er, ohne Katharina einen Stuhl anzubieten. »Sag mal, was fällt dir ein?«, fügte er hinzu, als Katharina wie selbstverständlich nach einem der oben liegenden Briefe auf seinem Schreibtisch griff und ihn neugierig überflog.
»Du willst einen neuen Vorleser einstellen? Einen Amerikaner noch dazu? Sind dir unsere deutschen Gelehrten nicht mehr gut genug?« Stirnrunzelnd ließ sie das Blatt sinken. »Es wird deinem Wilhelm sicher nicht gefallen, wenn er dich zukünftig mit noch einem … Herrn teilen muss …«
Wie sich Katharinas Mund runzelte, wenn sie so abfällig dreinschaute wie jetzt! Wie der Hintern eines Hundes.
»Was geht es dich an, wen ich einstelle, kümmere du dich um deine Angelegenheiten«, sagte Karl und merkte, wie sich dank seines frivolen Vergleichs seine Laune hob. Katharina, Olly und wie sie alle hießen – im Grunde konnten sie ihm alle gestohlen bleiben. Er war der König, er hatte das Sagen. Und wenn das, was er tat, den anderen nicht gefiel – wen kümmerte es?
»Deine Männerfreundschaften könnten dich in Teufels Küche bringen und uns alle mit dazu.« Angewidert warf Katharina den Brief aus Amerika auf den Schreibtisch zurück. »Aber so weit muss es nicht kommen, nicht wahr? Du weißt, ich bringe die Dinge gern ohne Umschweife auf den Punkt. Reden wir also vom gestrigen Ball …«
Enerviert griff Karl nach seiner Schreibfeder und tat so, als begänne er mit seiner Korrespondenz. In seinen Augen war das Fest rundum gelungen gewesen, sollte seine Schwester im Nachhinein etwaszu mäkeln haben, so würde dies bei ihm in ein Ohr hinein- und zum anderen wieder hinausgehen. So hielt er es eigentlich mit allem, was aus Katharinas Mund kam.
»… Du musst zugeben, dass ihr zwei auf eine solch gute Idee nie gekommen wärt«, sagte Katharina gerade triumphierend und schaute ihn mit erwartungsvollem Blick an.
»Ich verstehe nicht ganz …«, erwiderte Karl ungeduldig. Warum ging die alte Xanthippe nicht einfach? Für den heutigen Tag hatte er von streitbaren Weibern wahrlich genug.
»Eure Wera und mein Wily als das zukünftige Königspaar – das ist doch wirklich nicht schwer zu verstehen«, sagte seine Schwester ungeduldig. »Die Vorstellung, dass du wie unser Vater bis ins Greisenalter den Thron besetzt, ist geradezu absurd. Junges Blut am württembergischen Hof, und in den nächsten Jahren ein paar kleine Prinzen – das ist es, was unser Land braucht.« Karls entgeisterten Blick ignorierend, sprach sie weiter: »Sicher müsste man sich Gedanken machen, wie man deine Abdankung in der Öffentlichkeit darstellt – Gerede und üble Spekulationen will schließlich niemand riskieren. Aber stell dir nur vor, welch schönes Leben euch blüht, wenn ihr die Verantwortung erst einmal los seid. Du könntest jedes Jahr monatelange Reisen unternehmen! Und ihr könntet schöne Häuser kaufen und einrichten. Und mit wem du deine Zeit verbringst, wird dann auch nicht mehr von allzu großem Interesse sein. Du wärst ein viel freierer Mensch als jetzt …«
Karl war auf einmal so schwindlig, dass er sich mit beiden Händen an seinem Schreibtisch festhalten musste. Er sollte sein Amt abgeben? Ein Leben führen wie jeder x-beliebige Adlige? Ohne Königswürde? Er sollte auf Macht und höchste Ehren verzichten? Und stattdessen in Wohlstand leben, ohne jedoch ständig im Fokus des öffentlichen Interesses zu sein – wenn Karl ehrlich war, beschrieb Katharina genau das Leben, von dem er immer geträumt hatte. Ein Leben abseits der großen Verantwortung für ein Land. Ein Leben, in dem er einfach … Mann sein konnte. Wie leicht wäre es, den verführerisch vor seiner Nase baumelnden Köder zu schlucken!
»Dasist die verrückteste Idee, die mir seit langem zu Ohren gekommen ist«, sagte er, und seine Stimme hörte sich
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