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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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dabei nicht so fest an, wie er es sich gewünscht hätte. »Ich möchte wetten, dass du weder mit Wera noch mit deinem Sohn über deine Pläne gesprochen hast. Hätten die beiden nicht zuallererst ein Wörtchen in der Sache mitzureden?«
    Katharina winkte ab. »Was die Kinder wollen, ist doch völlig belanglos. Wurden wir einst nach unseren Wünschen gefragt? Uns wurden doch auch ein, zwei oder drei geeignete Kandidaten präsentiert und wehe, wir hätten gewagt, sie allesamt abzulehnen. Siehst du!« Sie langte mit ihrer knochigen rechten Hand über den Schreibtisch. Bevor Karl etwas dagegen machen konnte, hatte sie seine linke Hand ergriffen und drückte sie fest.
    »Karl, mein Lieber, du musst doch zugeben, dass die Würde des Amtes sehr schwer auf deinen Schultern lastet. Je früher du abdankst, desto besser! Ach, ich sehe meinen Wily und Wera schon mit der Königskrone vor mir …«

22. KAPITEL
    M it übersprudelndem Herzen traf Wera am frühen Abend wieder im Schloss ein und suchte als Erstes die Wäschekammer auf. Sie hatte Margitta so viel zu erzählen! Doch im Personaltrakt wurde sie von der säuerlich dreinschauenden Obersthofmeisterin darüber informiert, dass ihre Freundin der Arbeit erneut ferngeblieben war und dass man nicht bereit sei, solch ein ungehöriges Verhalten länger zu dulden. Nach ein paar gemurmelten Beschwichtigungsversuchen war Wera wieder gegangen. Darum würde sie sich morgen kümmern. Jetzt musste sie zuerst Olly suchen, um wenigstens ihr alles zu erzählen.
    Sie traf fast der Schlag, als sie Olly inmitten halbgepackter Koffer vorfand. Auf dem Bett, dem Sofa und dem rosenfarbenen Aubussonteppich – überall türmte sich Wäsche. Es roch nach Parfüm und Mottenkugeln. Eine Zofe war jedoch nirgendwo zu sehen. Nur Evelyn saß abseits auf einem Stuhl und wirkte erleichtert, als sie Wera entdeckte.
    »Was geht denn hier vor?«, fragte Wera halb lachend, halb angstvoll.
    »Ich verlasse Karl. Und kehre heim nach Russland«, sagte Olly in einem so alltäglichen Ton, als teilte sie ihr mit, für zwei Wochen ins Schloss nach Friedrichshafen umsiedeln zu wollen.
    »Das Königspaar hat sich gestritten, scheinbar sind ziemlich böse Worte gefallen …«, raunte Evelyn ihr zu.
    »Aber … das geht nicht!«, rief Wera entsetzt, als sie die Situation endlich verstand. »Du kannst mich doch nicht alleinlassen! Gerade jetzt!«
    »Wer sagt denn, dass ich das will?«, antwortete Olly, die endlich nicht mehr hektisch durchs Zimmer rannte, sondern sich auf einen der kleinen Sessel setzte. »Du und Evelyn – ihr kommt natürlich mit.«
    »Ich will nicht nach Russland!« Fassungslos starrte Wera ihre Adoptivmutter an. Wie konnte Olly nur auf solch eine abstruse Idee kommen? »Weißt du nicht mehr, worüber wir heute früh gesprochen haben? Da hast du noch gemeinsam mit mir Zukunftspläne geschmiedet. Und das soll plötzlich alles nicht mehr gelten?«
    »Zukunftspläne schmieden nennst du das?« Olly lächelte gekünstelt. »Ich habe dir lediglich ein paar Informationen über Herzog Eugen geliefert, mehr nicht.«
    »Aber du weißt doch, wie zugetan wir einander sind. Da kannst du doch nicht –« Weras Gedanken rasten. Olly durfte nicht nach Russland! Weder allein und erst recht nicht mit ihr und Evelyn. Wera warf der Hofdame, die genauso erschrocken zu sein schien wie sie, einen auffordernden Blick zu. Doch Eve zuckte lediglich hilflos mit den Schultern. Trotz ihrer Verwirrung konnte Wera den Blick sehr gut deuten, er besagte: Die Königin war nicht bekannt für Wankelmütigkeit. Wenn sich Olly etwas in den Kopf setzte, konnte man in der Regel davon ausgehen, dass es daran nichts mehr zu rütteln gab.
    Nur über meine Leiche, dachte Wera bei sich. St. Petersburg konnte ihr gestohlen bleiben – nun, wo sie den Mann fürs Leben gefunden hatte, würde sie doch nicht fortgehen!
    »Um deine Zukunft brauchst du dich nicht zu sorgen«, fuhr Olly indessen fort. »In St. Petersburg wird die Suche nach einem geeigneten Ehemann ein Kinderspiel. Wir werden dich mit viel Pomp in die höfische Gesellschaft einführen, und dann hast du bald die Qual der Wahl. Du bist schließlich eine Romanow und die Nichte des Zaren.«
    Weraund Evelyn schauten sich gleichermaßen entsetzt an. Die Königin schien an alles gedacht zu haben.
    »Was redest du denn da? Ich bin hier zu Hause, in Stuttgart. Hier habe ich Freunde, hier …«
    »Jaja, aber Russland ist noch immer deine Heimat. Du wirst all deine alten Freunde treffen, der

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