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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman
Autoren: Michael Cobley
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Laufbahn, die sich als fruchtbar erwies und ihr zahlreiche Erfolgserlebnisse bescherte, bereitete ihr jedoch auch Probleme, wenn es um die Beschaffung von Ausrüstung ging.
    Gleichwohl trauerte sie bisweilen der verlorenen Gabe ihrer Jugend nach, zumal dann, wenn sie versuchte, die erstaunliche Komplexität des Segrana-Waldes und die Stellung, welche die Uvovo darin einnahmen, zu begreifen.
Als die Verbindung des Tempels auf der Schulter des Riesen zu den Uvovo deutlich wurde, hatte sich für die weitere Forschung natürlich ein ganz neues Feld eröffnet, doch in der Folge schossen auch die Spekulationen ins Kraut. Wäre sie richtig getunt gewesen und nicht bloß ein Krüppel, wäre sie bereits zur Wahrheit vorgedrungen, da war sie sich ganz sicher.
    Der Abstieg zum Talboden dauerte noch eine weitere halbe Stunde, die Ruhepausen für den Trictra eingeschlossen. Das Zirpen und Sirren des Unterwalds, wo die meisten Tierarten beheimatet waren, machte einem hohen, fernen Rauschen Platz. Hier unten war das Licht stark gedämpft und alles wirkte ein wenig verschwommen. Die Luft war unbewegt, warm und sehr feucht. Die Uvovo nennen das Segrana, dachte sie, den lebendigen Wald. Ich glaube es fast selbst - dieser Waldmond stellt eine Ausnahmeerscheinung dar, und das alles umfassende Ökosystem hat eine fremdartige, wunderschöne Welt hervorgebracht. Manchmal meine ich sogar, den Wald singen zu hören, und fühle mich beobachtet …
    Sie folgten dem Leuchtzeiger des Funkpeilers und gelangten zum Fuß eines der ältesten und größten Bäume Segranas, eines Titanen von fast sechzig Metern Durchmesser. Gewaltige knorrige Wurzeln waren durch die dicke Schicht des sich zersetzenden Laubs zu erkennen, das den Waldboden bedeckte. Zwischen einigen der Wurzeln plätscherten kleine Bäche und ergossen sich in einen noch tieferen Teil des Tales. Eine Familie plumper, sechsbeiniger Baros wühlte in der Nähe nach Wurzeln, während die schlangenartigen Jagdkäfer, die Pasks genannt wurden, im Laub raschelten.
    Catrionas Aufmerksamkeit aber galt einer Stelle des Baumstamms in etwa sieben Metern Höhe. Sie zeigte darauf,
und Pgal, der Hirte, nickte und lenkte den Trictra über das Wurzelgewirr hinweg und an der rauen, tropfenden Flanke des Baumes hoch. Catriona bekam Herzklopfen, als sie die Teleskoplinse der Kamera entdeckte, die aus dem Gewirr der faserigen Flechten, Symbionten und Kriechpflanzen hervorlugte, und als das Reittier nahe genug herangekommen war, langte sie ins feuchte Laub und zog das Gerät hervor. Grinsend pustete sie Wassertropfen und Blattfragmente weg, dann blickte sie sich über die Schulter zu der Stelle um, welche die Kamera überwacht hatte.
    In mehreren Metern Abstand bildeten sechs dreieckige Steine einen Kreis um einen abgeflachten Erdhügel, der seltsamerweise völlig frei von Pflanzentrieben und Büschen war. Ihr erster Besuch an diesem Ort hatte unter Zeitnot gestanden, denn ihr Führer, ein verfemter Uvovo-Gelehrter namens Amilo, hatte Angst gehabt, sie könnten von den Lauschern entdeckt werden. Bei ihrem zweiten Besuch vor zwei Tagen, als sie die Kamera am Baum versteckt und den Auslöser mit einem Bewegungsmelder gekoppelt hatte, war er ebenfalls nervös gewesen. Als sie am Vortag Amilo anrief, hatte er sich geweigert, ihr ein drittes Mal behilflich zu sein, hatte sie aber mit Pgal bekanntgemacht, einem jungen stammlosen Trictra-Hirten, der sich um so schrullige Dinge wie Pfadmeister keine Gedanken machte.
    Sie wog die kleine Kamera in der Hand, dann schob sie die Linse ins Gehäuse zurück und steckte das Gerät in ihre Schultertasche. Ja, mit etwas Glück würde sie nachweisen können, dass es im Leben der Uvovo nach dem Stadium des Gelehrten und Lauschers noch einen dritten Zyklus gab, nämlich die Pfadmeister, bei denen es sich angeblich nur um Legenden handelte. Sie wollte Pgal gerade bitten, wieder zum Laubdach aufzusteigen, als sie bemerkte, dass
er mit weit aufgerissenen Augen in die Höhe blickte. Sie legte den Kopf in den Nacken und erblickte einen großen Trictra, der sich mehrere Meter über ihnen an den Baum klammerte. Auf seinem Rücken saß eine Kapuzengestalt, die einen Hirtenstab in der Hand hielt.
    »Ah, Frau-Doktor Catriona«, sagte der Neuankömmling. »Eine nette Überraschung, Ihnen hier unten in Segranas Bereich des Verfalls und der Neugeburt zu begegnen.« Er schlug die Kapuze zurück, und zum Vorschein kam das gealterte, knochige Gesicht eines männlichen Uvovo, den sie sehr gut
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