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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman
Autoren: Michael Cobley
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darum bemüht, sich ihr Interesse nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. »Weswegen haben Sie mit ihm gesprochen?«
    »Nee, er hat uns angerufen, um über die Erklärung des Präsidenten zu quatschen. Dabei kamen wir zufällig auf Brandons Stück zu sprechen. Also, der ist genauso aufgeregt wie alle anderen.«
    Natürlich, dachte Catriona. Die beiden waren auf dem College eng befreundet, also ist es kein Wunder, dass er anruft. Sie erschauerte leicht. Ich frage mich, wie es ihm seit seiner Rückkehr ergangen ist … aber weshalb interessiert mich das? Der hat auch was Besseres zu tun, als …

    Sie war ihm nur ein paarmal begegnet, seit sie auf die Ähnlichkeit der Proportionen des Tempels auf der Schulter des Riesen mit dem Körperbau der Uvovo aufmerksam gemacht hatte, und hatte gehofft, dass ihre kollegiale Freundschaft sich weiter vertiefen würde. Dann aber hatte er alles stehen und liegen lassen, war nach Trond im Norden gezogen, offenbar um zu heiraten, sesshaft zu werden und Kinder zu haben - um ein paar Monate später allein zurückzukehren. Längst erloschene Hoffnungen waren wiederaufgelebt, jedoch abgeschwächt durch Realismus und Vorsicht.
    Doch sie war entschlossen, sich ihre Aufregung über Tomas’ Neuigkeit nicht durch Greg Cameron und das gescheiterte Experiment mit der Minicam beeinträchtigen zu lassen.
    »Na schön, Tomas«, sagte sie mit einem entschlossenen Auflachen, als sie an der Messe angelangt waren. »Dann wollen wir mal sehen, dass wir einen guten Platz bekommen!«

6 Robert
    An Bord des Erdsphärenkreuzers Herakles widmete sich Botschafter Robert Horst in der größten der drei Suiten der archaischen Tätigkeit des Packens.
    »Ich frage mich, weshalb du das nicht vom Zimmer erledigen lässt«, sagte Harry, sein AI-Gefährte.
    »Aber das Zimmer weiß doch nicht, was ich mitnehmen will.«
    »Das Zimmer hat Zugang zu deinem Kleidungsprofil und kennt auch die Sitten und Gebräuche von Darien. Also, wo liegt das Problem?«
    »Das Zimmer kann nicht wissen, was ich brauche«, erwiderte Robert und legte lächelnd ein mäßig elegantes Sakko in ein Kofferfach. »Und zwar deshalb, weil ich es selbst nicht weiß. Das heißt, wenn ich’s vor mir sehe, dann weiß ich auch, dass ich’s brauche.«
    Harry schüttelte lächelnd den Kopf. Aus Roberts Sicht stand Harry in der Mitte der Suite, bei einer schlanken Säule aus Porzellan und Plexiglas mit einem Holoprojektor an allen fünf Seiten. Er glich einem jungen Mann in einem tadellosen, aber unmodischen schwarzen Anzug, seine rundlichen Gesichtszüge wirkten ständig leicht belustigt und ein wenig zynisch. Robert hatte seinen Gefährten nach dem Vorbild des Hauptdarstellers eines amerikanischen schwarzweißen 2D-Films aus der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts gestaltet, der von einer Nachkriegsintrige und Verrat handelte. Orson Welles’ Porträt des quecksilbrigen Harry Lime hatte den jungen Robert Horst
fasziniert, und nachdem er die Gestalt seines Gefährten festgelegt hatte, war er darauf verfallen, dessen Erscheinung monochrom zu halten. Schließlich war er der Einzige, der ihn zu sehen bekommen würde.
    »Ich bin nicht sicher, ob man hier mit Anbiederung weiterkommt«, sagte Harry. »Nach hundertfünfzig Jahren der Isolation und des Ressourcenmangels könnten die Umgangsformen ein wenig rustikal sein.«
    »Mein Gott, Harry, was bist du doch für ein Snob.«
    »Keineswegs. Ich glaube nur, dass diese armen, erdhungrigen Kolonisten möchten, dass ein Botschafter ihrer alten Heimat auch entsprechend auftritt.«
    Robert drohte mit dem Zeigefinger. »Soll ich etwa den hochmütigen Aristo spielen, der seine Weisheiten den einheimischen Bauerntölpeln zuteilwerden lässt? Nein, tut mir leid - das ist Sendruka-Stil, nicht meiner.«
    »Schäm dich, Robert, dass du die hohen Ideale unserer Verbündeten in Sachen Frieden und Gerechtigkeit verunglimpfst«, sagte Harry mit gespielter Herablassung und einem schiefen Grinsen. »Außerdem hält sich dein hochverehrter Sendruka-Kollege Kuros mit seinen Ezgara-Schlägern nur ein paar Meter weiter auf. Wer weiß schon, wie viele Minispione inzwischen im Schiff umherschwirren und jedes Wort aufzeichnen?«
    »Das verhindert das neue Antiüberwachungssystem, das die Erdsphärennavy nach dem Freya-Zwischenfall installiert hat«, entgegnete Robert und wählte aus einem kleinen offenen Fach der Kleiderwand russische Lederhandschuhe, zwei karierte Taschentücher und einen Holzring aus. »Mir bereitet vor allem der
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