Die Saat der Finsternis (German Edition)
musst mich nicht fürchten, denn ich bin weiterhin der an Leib und Seele gebrochene Mann, den du kennengelernt hast. Du sollst mich nicht hassen, ich habe dir nichts gestohlen. Lamár ist dein Freund. “
„Was soll ich tun?“, hauchte Tiko, etwas ruhiger diesmal.
„Verachte mich für meine Schwäche, für alles, was ich bin oder nicht bin. Aber greif mich nicht mehr an.“
„Ich schwöre es! Die Götter seien meine Zeugen.“
Lys gab ihn frei und stand auf. Niemand jubelte, alle blickten fassungslos auf ihn und Tiko, der mit gesenktem Kopf in die Hütte zurückschlich.
Bevor Lys ihm folgen konnte, wurde er von hinten gepackt. Wissend, dass dies nur ein Wächter sein konnte, wehrte er sich nicht, sondern ließ zu, dass er ruckartig herumgeschleudert wurde. Pocil stand vor ihm und starrte ihn an.
Lys kniete demütig vor ihm nieder, er ließ übergangslos die Maske des Adligen fallen.
„Wer bist du? WAS bist du?“, herrschte der Aufseher ihn an.
„Erek, Sklave des Layn von Irtrawitt“, erwiderte Lys bescheiden, und dann, mit einem harten Lächeln: „Ehemaliger Söldner im Dienst der Fürsten von Lichterfels.“
„Ein Söldner?“ Pocil schnaubte ungläubig. „Wer nimmt einen hübschen Jungen wie dich als Söldner?“
„In Onur interessiert man sich weniger für Schönheit, Mebana.“ Lys hob die Hände, um seine breiten Narben zu präsentieren. „Man hält sie dort für zu vergänglich, um ihr Bedeutung beizumessen.“
„Und von deiner Zeit als Söldner kennst du Lamár?“
„Ja, Herr, wir haben gemeinsam gegen die Fürsten von Corlin gekämpft.“
Pocil winkte ungeduldig ab. „Nun gut, ab in die Hütten mit euch. Mit euch allen! Es ist dunkel, falls ihr das nicht bemerkt haben solltet!“
Lys spürte die zahllosen Blicke, die ihm folgten, bis er in der Sicherheit von Arkins Hütte gelandet war.
„War es klug, dich so zu offenbaren?“, überfiel ihn Kirian, kaum dass er die Tür geschlossen hatte.
„Nein. Es war das Dümmste, was ich überhaupt tun konnte, aber bei allen Schattenfressern der Unterwelt, es hat verdammt noch mal gut getan!“ Lys hob Marjis hoch, die sich schutzsuchend an sein Bein klammerte. Erschöpft taumelte er, war glücklich, als helfende Hände nach ihm griffen und ihn in seine angestammte Ecke brachten. Ein wenig verwirrt erkannte er, dass ausgerechnet Orchym ihn gestützt hatte. Kirian brachte ihm einen Becher Wasser, den Lys jetzt dringend brauchte. Der Kampf und die Maske des Fürsten, der er niemals wirklich gewesen war, hatten alles von ihm verlangt. Am liebsten wäre er hier auf der Stelle zusammengebrochen, doch das ging nicht.
„Himmlischer Vater, deine Unüberlegtheit zwingt uns zu handeln, dabei ist es noch viel zu früh!“ Kirian schien zwischen Zorn, Sorge und Stolz zu schwanken.
„Innerhalb weniger Tage wäre es sowieso losgegangen“, hielt Lys müde dagegen. „Tiko stand kurz vor dem Platzen, die Wächter haben es schon lange auf mich abgesehen. Wir können uns nicht schützen, egal, was wir tun.“
„Ist es wahr?“ Arkin trat zu ihnen. „Ist es wahr, was Tiko über dich gesagt hat? Du bist der Fürst von Corlin? Jener Fürst aus Onur, über den sogar wir Legenden gehört haben? Der ständig versucht, den Sheruk Kirian zu fassen?“
Alle Sklaven starrten sie an. Lys verzog geringschätzig die Mundwinkel. Das hatte er nun davon …
„Der bin ich, und ich war hierhergekommen, um Kirian zu finden – allerdings nicht, um ihn zu töten, wie die Legenden behaupten. Legenden besitzen nun mal nicht allzu viel Wahrheit.“
„Er ist … Lamár ist …“ Arkin quollen fast die Augen über. „Ihr müsst fort von hier“, presste er entschieden hervor. „Am besten noch heute Nacht.“
„Nein!“, riefen Lys und Kirian gleichzeitig. „Nein, Arkin“, setzte Lys hinterher, „das ist ausgeschlossen. Man würde euch hart bestrafen!“
„Nicht unbedingt – wenn wir steif und fest behaupten, dass wir euch nach dem Duell rausgeschmissen haben, müssen die uns erst mal das Gegenteil beweisen“, mischte sich Tiko eifrig ein.
„Das wäre nur möglich, wenn ich allein gehe. Wenn Kirian auch verschwindet, von dem sie doch annehmen, dass er kaum meinen Anblick erträgt, wird Pocil glauben, dass der die Gelegenheit genutzt hat und ihr davon wusstet. Er weiß, wie viel Kirian euch bedeutet und der hatte nichts mit dem Duell zu tun. Zudem ich Pocil eben erzählt habe, dass ich mit Lamár gemeinsam als Söldner gedient hatte.“
„Was wollt
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