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Die Saat der Finsternis (German Edition)

Die Saat der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Saat der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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er ihn an der Schulter zu rütteln und flüsterte seinen Namen, bis er sich schließlich zu regen begann.
     
    Unwillig schlug Lys die Augen auf. Er erinnerte sich, was geschehen war, an ihre Rettung, wo er jetzt sein musste. Konnte er nicht noch ein wenig schlafen? Als er allerdings Kirians Gesicht so dicht über sich sah, zerschrammt, verbeult, mit einem Lächeln auf den Lippen – da wurde er rasch vollends wach.
    „Tut es weh, mich zu sehen?“, wisperte er. Gerne hätte er das Lächeln erwidert, aber der Versuch allein schmerzte bereits zu sehr.
    „Nein, gar nicht. Das sollte bloß keiner außer dir wissen.“
    Lys seufzte, ihm war die Gefahr bewusst, in der sie beide schwebten.
    „Wir müssen fliehen, sobald es nur geht.“
    „Ich weiß nicht, ob ich das kann … mich in Sicherheit zu bringen und alle anderen hier im Elend zurücklassen.“ Kirian senkte kummervoll den Blick. „Trotzdem, du hast recht. Schon vor dem Tunneleinbruch haben wir jeden Tag damit gerechnet, dass die Wächter dich holen würden, weil du so in deiner Schattenwelt versunken warst. Wir haben jetzt vielleicht ein bisschen Schonfrist, aber nicht allzu lange.“
    „Werden die anderen uns verraten? Vor den Wächtern kann ich mich verstellen, doch hier in der Hütte so zu tun, als würde ich dich nicht ansehen wollen, das halte ich nicht durch, Kirian.“ Gequält verzog Lys das Gesicht. „Ich habe keine Kraft mehr zu lügen, mich zu verstellen!“
    Kirian zuckte stöhnend zusammen, der Schmerz war ihm an den Augen abzulesen.
    „Eine Erinnerung?“, fragte Lys besorgt.
    „Nein, nur eine Attacke. Und nein, die anderen werden uns nicht verraten. Lange wird das allerdings nicht gut gehen.“
    Kirian beugte sich tiefer, sah ihn fragend an. Lys legte ihm die rechte Hand an die Wange, gab ihm mit seinem Blick die einzige Antwort, die es benötigte. Sie hatten beide nicht die Kraft für einen leidenschaftlichen Kuss, es blieb bei einer zarten Berührung der Lippen. Genau das aber brauchten sie, alle beide, um nicht unterzugehen.
    Danach wollte Lys die Augen schließen, sich der Erschöpfung ergeben, doch Kirian stieß ihn noch einmal sachte an.
„Du musst versuchen, Marjis zu retten.“ Mit wenigen Worten erzählte er, was Irla ihm gesagt hatte.
    Blind tastete Lys nach dem kleinen Körper links neben sich und zog das besinnungslose Kind auf seinen Bauch. So leicht Marjis auch war, er hätte sie beinahe nicht bewegen können, so sehr schmerzten ihm alle Knochen und Muskeln. Lys ignorierte es und streichelte stattdessen über das blasse Gesichtchen.
    „Marjis, Lys ist hier“, flüsterte er in ihr Ohr. „Wach auf, du hast lange genug geschlafen.“
    Bange Minuten vergingen, in denen er vergebens nach ihr rief, bis sie plötzlich die Augen aufriss und ihn anstarrte. Ihr Blick war umnebelt, sie war nicht wirklich bei Sinnen. Aber irgendwo tief im Unterbewusstsein musste sie spüren, dass Lys zurückgekehrt war, denn sie begann, lautlos zu weinen.
    Als Irla kurz darauf in die Hütte trat, stemmte sie mit einem zufriedenen Lächeln die Arme in die Hüfte.
    „So gefallt ihr mir schon viel besser!“, sagte sie und füllte am Kochkessel drei Becher. „Jetzt wird ein bisschen Suppe geschlürft, man muss ja langsam anfangen mit dem Essen. Zumindest euch Kerle muss ich in vier bis fünf Tagen wieder auf den Beinen haben, also versucht erst gar nicht zu diskutieren!“
    Kirian schnaubte, als müsste er ein Lachen unterdrücken, ließ sich allerdings gerne dazu zwingen, die heiße Brühe zu trinken. Lys ging es genauso: Er wollte, er musste leben!

7.
     
    Fünf Tage später war die Schonfrist vorbei. Kirian war bereits an diesem Morgen wieder in die Mine hinabgestiegen, Lys hatte aufgrund seiner Kopfverletzung einen Tag mehr zugestanden bekommen. Pocil war persönlich in die Hütte gekommen, um vor allem Kirian zu befragen, warum er trotz der offensichtlichen Gefahr in den Tunnel gelaufen war, gab sich aber schnell mit der Antwort: „Ich hab nicht nachgedacht, nur gesehen, dass Erek vor Angst wie gelähmt war, und wollte ihn da rausholen“ zufrieden.
    „Von Irren kann man wohl nichts Besseres erwarten“, hatte er gesagt, und zu Lys gewandt: „Von Lustknaben anscheinend auch nicht. Wenn noch einmal wegen dir ein Sklave verletzt wird, läuft deine Zeit hier ab.“
    Bis jetzt hatten alle so getan, als würden sie die verstohlenen Blicke und Berührungen zwischen Lys und Kirian nicht bemerken, oder dass sie beide die Nächte eng

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