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Die Saat der Finsternis (German Edition)

Die Saat der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Saat der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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langsam.
    „Zwei Männer schreiten mit erhobenen Schwertern aufeinander zu. Sie treffen aufeinander. Einer der Männer fällt tot zu Boden. Sag mir, wer war es wohl, der ihn umgebracht hat, wenn nicht du?“ Erebos’ Stimme war tonlos, ohne jede Anklage.
    Lys presste die Lippen zusammen, um nicht aufzuschreien – es wäre leichter zu ertragen, würde sein Vater ihn mit Verachtung oder Zorn überschütten. Alles wäre besser als diese leblose Starre.
    „Ein Pfeil?“, mischte sich Archym ein. „Wurde er womöglich von einem Pfeil in den Rücken getroffen? Seht, Erebos, er hat keine Schwertwunde am Leib!“
    Lys drehte Maruv ohne weitere Umstände an der Schulter herum, um zu zeigen, dass sich auch am Rücken keine Wunde befand.
    „Unser König war ein alter, sehr kranker Mann. Er hätte nicht mehr auf ein Pferd steigen, all die Meilen reiten und dann in ein Duell ziehen dürfen“, sagte er leise und ließ den Toten zurückgleiten. „Unsere Schwerter trafen ein einziges Mal aufeinander. Die Anstrengung allein hat sein Herz nicht überstanden.“
    Archym streckte die Hand aus und half Lys aufzustehen. „Wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, dass es nicht sein kann, ich hätte geschworen, dass dein Schwert ihn erschlagen hat“, flüsterte er ihm ins Ohr. „Ich glaube, das hier war deine beste Intrige, die du jemals gesponnen hast – vollkommen dadurch, dass du nichts tun musstest, als dich Maruvs Willen zu beugen.“
    Lys nickte, ohne den Blick von seinem Vater zu lassen, der ihnen den Rücken zugewandt hatte und mit hängenden Schultern am Zelteingang stand. Was war nur mit ihm? Es machte Lys nervös, dass er die Reaktion seines Vaters falsch eingeschätzt hatte.
    „Maruv war sich zu sicher, dass ich meinem Hass nachgeben und ihn erschlagen würde. Ich hätte ihn nicht getroffen, und wenn es mich den ganzen Tag gekostet hätte, ihn bis zum Zusammenbruch zu treiben“, gab er zurück, mit Gedanken und Augen weiterhin bei Erebos.
    „Sieh mich an, Lys“, befahl Archym so sanft, wie er noch nie zu ihm gesprochen hatte. „Was nun? Was soll nun geschehen? Alle Männer dort draußen, deine wie unsere, glauben fest, dass du ein Königsmörder bist. Ich könnte dich hinrichten lassen und niemand würde dagegen aufbegehren.“
    „Ich schon“, erklang es leise hinter ihnen. Kirian trat dazu und stellt sich neben Lys. Im Gesicht des alten Fürsten zuckte es kurz, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle. Erebos hatte die Unruhe bemerkt und sah über die Schulter.
    „Ich unterschätze die Möglichkeiten eines Geächteten, eines Sheruks keineswegs“, sprach Archym nun laut, als hätte er nur eine kurze Gedankenpause eingelegt. Er ließ durch nichts erkennen, ob der Anblick seines verlorenen Sohnes ihm etwas bedeutete. „Trotzdem werde ich dich nicht mit einbeziehen, gleichgültig, mit welchem Namen du dich mittlerweile schmückst. Wir müssen entscheiden, was mit Lys geschehen soll, denn er ist und bleibt ein Hochverräter, auch, wenn er kein Königsmörder ist.“ Lys sah die tiefe Erleichterung in Archyms Augen bei den letzten Worten aufblitzen und lächelte innerlich. Er wusste, dass Archym sich davor gefürchtet hatte – einen Königsmörder hätte er nicht schützen können!
    „Es würde Unruhen vermeiden, wenn wir ihn jetzt sofort öffentlich hinrichten“, sagte Erebos, ohne sich umzudrehen.
    „Gewiss. Aber alle wissen, dass meine Jahre begrenzt sind, und dann? Schon wenige Monate, vielleicht sogar nur Wochen, und das Gerangel unter den Hochadligen würde beginnen. Zuerst im Kleinen – man würde versuchen, Elyne zu heiraten, alte Stammlinien durchsuchen, ob man nicht vielleicht dem Thron ein bisschen näher steht als erwartet. Und danach?“ Archym seufzte tief. „Ich hatte dich als Schwiegersohn akzeptiert in der Hoffnung, dass du leicht lenkbar und formbar seiest. Eine Marionette, die niemand fürchten würde, aber mit genug Verstand, um allen Angriffen auszuweichen. Du warst meine Hoffnung, diesem Land dauerhaften Frieden schenken zu können.“
    Lys lächelte schmal. „Verzeiht, dass ich Euch so gründlich enttäuscht habe. Ihr konntet nicht wissen, dass ich nicht zur Marionette tauge.“
    „Das habe ich nun verstanden. Also, junger Intrigant, welchen Plan hast du für diese ausweglose Situation? Wie sollen wir mit dir verfahren?“
    Erebos schnellte nun doch herum und starrte Archym finster an.
    „Ihr wollt einen Hochverräter laufen lassen?“, presste er atemlos vor Wut und

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