Die Saat der Finsternis (German Edition)
untergehen. Eine dramatische Geste.“ Lys starrte ins Leere und dachte intensiv nach.
„Für den Fall, dass du gerade die Liste deiner Verbündeten durchgehst: Ich habe einen neuen Hauptmann, der meine Truppe befehligt, die in vier Tagen aufmarschiert. Du kennst ihn.“
Es dauerte einen langen Moment, bis Lys begriff, was Archym ihm damit mitteilen wollte. Er setzte sich langsam auf den nächstbesten Stuhl und ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken. Als er schließlich die Kraft hatte, wieder aufsehen zu können, flüsterte er: „So sei es. Ich nehme das Duell an und bitte Euch als künftigen König, dafür zu sorgen, dass jenen, die ich schütze, nichts geschieht.“
„Du hast mein Wort“, sagte der alte Fürst und legte ihm beide Hände auf die Schultern. „Die Götter sind meine Zeugen: Du hast mein Wort.“
„So sei es“, wisperte Lys erneut und starrte blicklos aus dem Fenster.
21.
„Ein seltsamer Anblick, nicht wahr?“, murmelte Archym und wandte sich zu seinem Hauptmann um. Tomar hatte sofort, nachdem er Elyne sicher nach Lichterfels gebracht hatte, auf Knien darum gebeten, wieder zu seinem ehemaligen Dienstherren zurückkehren zu dürfen. „Ich werde Lyskir von Corlin nicht verraten, jedes Geheimnis, das ich in seinem Dienst erfahren habe, bleibt bewahrt. Aber ich kann nicht länger unter ihm dienen.“ Mit diesen Worten hatte er sich regelrecht an Archym ausgeliefert, der jeden Grund gehabt hätte, diesen Mann zu foltern, bis der das letzte bisschen Wissen herausgeschrien hatte. Doch darauf hatte der alte Fürst verzichtet und Tomar im Rang eines Hauptmannes übernommen, obwohl er zuvor als ein in Ungnade gefallener Gardist von Lichterfels gegangen war.
Wie jeder andere auch starrten sie beide auf ihren König, der mit Kettenhemd und Schwertgurt so aufrecht und stark wirkte wie seit wenigstens zehn Jahren nicht mehr. Ihm Gegenüber befand sich Lys, der auf jegliche Rüstung verzichtet hatte, von ledernen Armschonern abgesehen. Er sah aus wie ein junger Kriegsgott, wie er gelassen dastand, mit beiden Füßen im sicheren Stand, eine Hand lose am Schwertgriff, mit der Maske unantastbarer, eisig beherrschter Überlegenheit, mit der er alle getäuscht hatte.
„Bist du sicher, Tomar, dass die Bogenschützen friedlich bleiben werden?“, vergewisserte sich Archym noch einmal. Sie befanden sich in Bogenschussweite zur Weidenburg, zumindest für Lys’ Elitesoldaten. Archym kannte die Berichte, dass diese Männer auf dreihundert Schritt Entfernung jedes Ziel trafen – und er wusste mittlerweile auch, dass die Weidenburg schon lange nicht mehr von königlichen Soldaten gehalten wurde.
„Ich verbürge mich dafür, Herr, niemand wird eingreifen“, versicherte Tomar mit gesenkter Stimme, da Erebos sich ihnen näherte. „Lys würde sich eher in die Flugbahn eines Pfeils werfen, wenn er die Gelegenheit hätte, um Maruv zu schützen. Ich kenne ihn gut.“
Der Fürst von Corlin war herangekommen und Tomar überließ ihm ehrerbietig den Platz neben Archym.
„Heute ist ein guter Tag“, sagte Erebos mit Triumph in der Stimme.
„Meint Ihr das wirklich so? Lys ist Euer Sohn und wird es immer bleiben, ob Ihr ihn hasst oder nicht. Freut Ihr Euch wirklich darauf, ihn sterben zu sehen?“
Erebos zögerte zumindest einen Moment lang, bevor er entschlossen „ja“ sagte, worüber Archym froh war. Irgendwo unter dem festen Glauben, dass Corlin das bedeutsamste Fürstentum der Welt war und jeder Feind gnadenlos vernichtet gehörte, befand sich also doch noch ein Mensch.
„Ihr müsstet Euch auf jeden Fall freuen“, sagte Erebos kalt, während die beiden Duellanten in Stellung gingen. „In wenigen Minuten seid Ihr der designierte König. Habt Ihr bereits einen Entschluss gefasst, wer Euer neuer Schwiegersohn wird?“
„Nein.“ Archym seufzte. Elyne war hier, aus eigenem Antrieb, niemand hatte sie aufhalten können. Das Gespräch, das er heute Morgen mit ihr geführt hatte, lag ihm noch immer schwer im Magen …
Das Schlimmste von allem war allerdings, dass er Stefár gesehen hatte. Niemand sonst hatte den Weidenburger Gardisten durchschaut, den er vorspielte, der Helm und die Rüstung verdeckten alle verräterischen Signale. Doch ein Vater erkannte sein eigenes Kind allein an den Bewegungen! Stefár befand sich kaum einen Schritt von Lys entfernt, was Archym überhaupt nicht behagte.
Aber nun kam Bewegung ins Spiel, und Archym konzentrierte sich auf die Geschehnisse.
„Ich bin
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