Die Saat Der Makellosen
einjage, dann übergebe ich nur kurz an meinen Stellvertreter. Die Herren werden vollstes Verständnis haben, wenn ich Sie nicht allein durch die Dunkelheit gehen lassen möchte. Die haben zwar keine Ahnung, warum genau, aber wir beide wissen es und entschuldigen Sie, wenn ich Ihrem Beschützer-Geist oder wie auch immer Sie das nennen, nicht so viel Vertrauen beimesse, wie meinem eigenen Schwert, okay?“
Damon klopfte auf einen schwarzen, schmalen Gegenstand, der neben dem Funkgerät an seinem Gürtel hing. Es sah so aus wie eine Stabtaschenlampe, aber die saß an der anderen Seite.
Diese Mélusina mochte stark und mächtig sein, aber wenn sie jetzt gerade irgendwo anders weilte, konnte er nicht sicher sein, dass sie zurück war, wenn Nico aufbrechen wollte, da er den Geist dieser Immaculate ja nicht sehen konnte und er auch einfach zur Verteidigung ausgedacht sein konnte, damit Nicos Freiheit in dieser Stadt gerechtfertigt war. Eine böse Unterstellung, die nicht böse gemeint war und bei der man ihn, so hoffte er fast, sicher eines Besseren belehren würde.
Nico legte den Kopf schief und betrachtete ihre Hand in seiner überrascht. Es fühlte sich schon anders an als vorhin mit dem jungen Cop, der sie nicht als Frau gesehen hatte. Aber das tat der Chief sicher auch nicht. Es war einfach nur ein neues Gefühl, das sich verflüchtigen würde, sobald sie wieder in ihrem sicheren Zuhause angekommen war.
“Nein… Ich meine, ich warte gerne, wenn Sie sich dann besser fühlen! Ich habe keine Angst vor Ihnen, Chief Archer! Das mag Ihnen vielleicht naiv erscheinen, aber ich weiß eben, dass Sie absolut vertrauenswürdig sind. Selbst wenn Sie Mélusina nicht sehen können, für mich ist sie so real wie jeder andere Mensch auch! Sie hätte mich niemals in Ihre Nähe gelassen, wenn etwas mit Ihnen nicht stimmen würde! Ich weiß sehr genau, wer meine Feinde sind und wie sie aussehen!“
Kurz huschte ein dunkler Schatten über ihr Gesicht, der nichts mit ihm zu tun hatte. Manchmal wünschte sie sich einfach, dass Mélusina damals nicht versagt hätte. Aber das war ein gemeiner Gedanke, weil sie schließlich ihr Leben geopfert hatte.
Sie war nicht erstaunt, dass er bewaffnet war. Sie war mit einer Kriegerin aufgewachsen, hatte allerdings niemals selbst die Kunst des Schwertkampfes gelernt, weil sie Gewalt verabscheute. Sie war eine geweihte Priesterin, keine Kämpferin. Ihre Stärken lagen auf anderen Gebieten. Sie konnte zuhören, Ratschläge geben und Menschen trösten. Das war doch genauso wichtig, wie die Feinde zu bekämpfen, oder nicht?
„Wie alt sind Sie eigentlich, Nico?“, fragte er. Das musste er noch wissen, bevor sie aufstand, um vor ihm und seiner plötzlichen Aufdringlichkeit die Flucht ergriff. Bitte sag nicht 25... bitte sag nicht 25...bitte sag nicht 25.
Wenn sie noch ein bisschen Zeit hatte, bis sie für das Umwandlungsritual bereit war, dann würde es vielleicht nicht ganz so peinlich werden. Dann konnte er so tun, als wäre sie ein unschuldiges Kind und keine attraktive Priesterin in einem geblümten Kleid, unter dessen dünnen Stoff sich ihre Brustwarzen gerade zu deutlich abzeichneten, weil sie trotz der Decke fror, die sie nun glücklicherweise etwas fester um sich zog und ihm die Sicht versperrte.
Nico biss sich auf die Unterlippe und überlegte einen Moment lang, ob sie ihn bezüglich ihres Alters anlügen sollte. Sie wurde oft für jünger gehalten, als sie in Wirklichkeit war, weil sie klein und zierlich war…
“Ich werde bald, also Anfang Juli, 26… Ich weiß… Ich weiß! Sie müssen mir bestimmt keine Vorträge darüber halten! Ich spüre überhaupt keine Symptome! Mir geht es gut! Ich habe einfach ein weiteres Jahr in Freiheit heraus geschlagen! Das können Sie bestimmt nicht verstehen! Aber mein Vater ist ein normaler Mensch! Er hat schon meine Mutter verloren, die seinetwegen auf die Umwandlung verzichtet hat…“
Nico zog die Decke etwas fester um sich, weil sie sich plötzlich nur zu bewusst wurde, dass sie unter dem Kleid gar nichts trug. So langsam kehrte ihre natürliche Schüchternheit zurück, die sie auf Rettungsmissionen sehr schnell vergessen konnte. Als Krankenschwester oder Priesterin war sie die Selbstsicherheit in Person, aber im Privatleben sah das völlig anders aus. Eigentlich hatte sie immer in ihrer eigenen kleinen Welt gelebt.
Ihr Alter verpasste Damon allerdings einen klitzekleinen Dämpfer. 26 also. Er bemühte sich um ein unangestrengtes Gesicht, was ihm so
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