Die Saat Der Makellosen
nicht echt. Je eher das Ritual zu Ende und Romy gesund war, desto eher konnten sie nach Hause in ihre eigenen vier Wände zurückkehren und diese Sache hier vergessen.
Hoffentlich war das nichts Gefährliches. Wenn man Romy hier wider aller Versprechungen Schaden zufügte, dann würde Bekky nicht länger schweigen, sondern ihrem Unmut Luft machen. Auch wenn das eine ganze Menge Ärger für sie bedeuten würde.
Sie wünschte sich immer noch, diese Frau, die man das Orakel nannte, hätte sie niemals besucht. Oder besser noch: Wenn Romana niemals auf die blöde Idee gekommen wäre, unbedingt in einem Nachtclub Geld verdienen zu wollen, dann wären sie nicht in dieser Situation.
Das war ganz sicher falsch gedacht, denn sie musste ja an Romys Zustand denken und sie beide hatten nach dem Besuch nicht mehr groß über Bekkys Empfindungen gesprochen, aber sie glaubte einfach immer noch nicht diese Geschichte, die ihnen diese Möchtegernvampire aufgetischt hatten, und je mehr sie von den offensichtlichen Tatsachen verdrängte, desto besser ging es ihr. Denn alles, was mit diesen Kreaturen zu tun hatte, machte ihr Angst, gefiel ihr kein Stück und überstieg in seiner Fassbarkeit einfach ihren stets um Erweiterung bemühten Horizont.
Sie war so sehr damit beschäftigt, diesen ganzen Abend in Gedanken schlecht zu machen, dass sie nicht mitbekam, dass sie von einem Dreiergespann aufmerksam beobachtet wurde. Zweimal sehr wohlwollend und voller Mitgefühl. Einmal jedoch voller Verachtung für ihren Unglauben und der Tatsache, sie beschützen zu müssen, obwohl sie seit der Offenbarung des Orakels Widerstand leistete und eventuell eine Gefahr für eine der neuen Devenas bedeutete.
„Sie scheint genauso dämlich zu sein wie ihre Mutter damals.“
„Malcolm, reg dich nicht auf. Sie meint es nicht so. Hör einfach auf, unerlaubt ihre Gedanken zu lesen. Am Ende hat jeder von euch nur einen Brummschädel.“ Fiona tastete beschwichtigend nach dem starken Arm ihres ältesten Bruders zu ihrer Rechten und versuchte, beruhigend auf ihn einzusprechen. Die dunkle Stimmung um sie herum gefiel ihr ganz und gar nicht. Die kleine Schwester der zukünftigen Devena Romana meinte es ganz gewiss nicht böse. Sie war jung, unerfahren. Eigentlich wie Fiona selbst, nur das zwischen ihnen ein klitzekleiner Unterschied bestand. Fiona war in der Welt der Immaculates aufgewachsen. Als Nachzüglerin hineingeboren in eine Welt voller Regeln und Rituale, die selbst für sie unter Anleitung ihrer Familie manchmal schwer zu verstehen waren. Wie musste sich dann erst dieses arme menschliche Wesen fühlen, das ebenfalls dazu bestimmt war, in ein bis zwei Jahren eine der ihren zu werden und so gar nichts damit anzufangen wusste, weil ihr die richtige Überzeugung fehlte?
Keine Frage, Rebeka hatte Fionas aufrichtiges Mitgefühl. Dieser öffentliche Auftritt in Romys Schatten, noch dazu unter den Argusaugen der höchsten Mitglieder ihrer Gesellschaft konnte einem schon zu viel werden, wenn man von Anfang an dazu gehörte.
„Ich finde, Fiona hat Recht. Sie braucht nur ein bisschen mehr Zeit. Man hat sie einfach ins kalte Wasser geschmissen und vor vollendete Tatsachen gestellt. Da hätte doch jeder von uns Bedenken, oder nicht?!“, meldete sich Theodor zu Wort, der links von ihr stand, so dass die Brüder die kleine Schwester flankierten und somit in ihrer jeweils sehr einschüchternden Persönlichkeit deren absoluten Schutz vor potentiell unerwünschten Verehrern gewährleisteten.
„Sicher. Die zukünftige Devena hat ja auch so viel davon, wenn sie nicht bald zu einer Immaculate wird.“ Malcolm schnaubte verächtlich. „Du hast dir von diesem dummen Ding Flausen in den Kopf setzen lassen. Wärst du ein guter Enforcer, dann hättest du es bei deinem Beobachtungsposten gelassen, statt mit ihr zu flirten. Du hast dich vergessen, Theodor. Dich und deine Mission. Man kann nur hoffen, dass sie über kurz oder lang so viel Weitsicht besitzt wie ihre Schwester, die immerhin bereit ist, sich uns anzuschließen. Als zukünftige Devena sollte Romana auch wirklich weiterentwickelt sein als dieses Kind dort drüben, das trotziger ist als alles, was ich je in meinem Leben kennen gelernt habe.“
Malcolms Worte hatten genauso bissig geklungen, wie sie gemeint gewesen waren. Es war ihm schon immer schwer gefallen, mit seiner aufrichtigen Meinung hinterm Berg zu halten und er nahm seine Aufgabe in der Familie Lancaster sowie in den Reihen der Enforcer sehr wichtig.
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