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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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hat schon eine Idee. Er wirdeinen Mittelsmann benutzen. Und alles findet mitten auf dem Flughafen von Paris statt. Danach wird er abtauchen. Südamerika. Mexiko. Da wollte er schon immer einmal hin.
    Im dichten Gedränge stößt er an Ellbogen und Rucksäcke, und plötzlich, für einen winzigen Moment, trifft ihn ein Blick aus dunklen Augen. Es ist kein zufälliges Tauschen von Blicken, dieses Augenpaar hat ihn, Nicolas, inmitten des Menschengewimmels gesucht – und aufgespürt! Er macht auf dem Absatz kehrt, sucht Schutz hinter Rücken und Koffern. Paranoia? Hastig riskiert er einen Blick über die Schulter. Wo ist der Typ? Wie sieht er überhaupt aus? Die Augen fielen ihm auf, ihre Kälte und tödliche Entschlossenheit.
    Haben sie ihn wirklich hier aufgespürt? So schnell? Die Internetadresse, fällt ihm ein. Wie konnte er nur …
    Sein Herz hämmert, er schwitzt noch mehr, er kann kaum atmen, diese schwere, feuchte Luft einatmen, und überall diese Menschen … Da! Der Typ, links hinter dem Polizisten mit dem lächerlichen, weißen Gürtel. Wie der ihn anvisiert! Nein! Kein Zweifel! Und – hat er nicht eben etwas in seiner Hand aufblitzen sehen? Eine Klinge? Mein Gott! Nicolas weicht nach rechts aus, näher zu den Flugschaltern, weiter ins Gedränge. Doch der Kerl kommt ihm hinterher! Er wird ihm die Kehle aufschlitzen, ohne dass es einer hier mitkriegt!
    … Edenvalley löst das Problem auf bewährte Art, schießt es ihm noch durch den Kopf, dann stürzt er davon, springt über Koffer und Taschen, zwängt sich durch die Warteschlangen hindurch zum Ausgang. Dort steht noch immer sein Taxi, doch sicherheitshalber springt er in ein anderes.
    »Go, go, go! As far and as fast as you can!«
    Er steckt dem jungen Fahrer einen Fünfzig-Dollar-Schein in die Hemdtasche. Nur kurz zögert der Mann, dann tritt er das Gaspedal des klapprigen Toyota durch.
7  
Uganda
    Der Mittag ist die Zeit der schlimmsten Hitze, in der alles in Reglosigkeit erstarrt.

    Zwischen den Rollolamellen hindurch fällt Henriks Blick auf die unter dem Baum liegenden beiden Männer, die gestern ihre Frauen gebracht haben. Eine hat gleich einen Anfall bekommen. Sie ist besessen, hat eine Patientin gerufen, und das haben auch die Männer geglaubt und Hilfe bei einem Medizinmann gesucht. In ihrem Kopf sitzen Tiere, hat die eine Frau geklagt, Tiere, sie jagen, fressen, schlafen und laufen herum. Das Brüllen der Tiere sprengt ihren Schädel.
    Malaria cerebralis, hat Dr. Bleibtreu gesagt.
    Henrik trinkt einen Schluck Eistee und legt die Finger wieder auf die Tasten.

    Nichts ist Zufall. Dämonen und Zauberer setzen Ereignisse in Gang, das glauben die Menschen hier.

    Und er? Glaubt er an Zufall? Warum musste gerade er Sam erschlagen? Warum hatte Sam ausgerechnet seinen Anfall, als er, Henrik, allein war? Soll er endlich seine Unschuld verlieren? Soll er sich endlich nicht mehr raushalten können? Soll er sich endlich einmischen müssen? Handeln müssen? Einen Augenblick lang ist er versucht, genau das in seinem Blog zu schreiben, doch etwas hält ihn zurück, eine Art Scham – oder ist es nur die Angst, wirklich etwas von sich preiszugeben? Kurzentschlossen schreibt er:

    Alisha ist noch am Leben, aber wie lange noch? Sie scheint ihre Schwester nicht mehr zu erkennen, liegt nur noch apathisch in ihrem Bett.
    Schon acht Kinder sind an einer Krankheit gestorben, die alle zunächst für AIDS gehalten haben. Doch im Blut von vier Kindern ließen sich keine Antikörper nachweisen. Da die Patienten erst in einem akuten Stadium zu uns kommen, müssen wir Informationen über den Beginn der Erkrankung von den Angehörigen erfragen, was nicht immer leicht und aufschlussreich ist. Bisher konnten wir jedoch folgende Beobachtungen machen:
    Zuerst treten offenbar Wahnvorstellungen und Angstzustände auf, hinzu kommen Gedächtnisstörungen und große Müdigkeit. Kurz darauf folgen schmerzhafte Missempfindungen, Übelkeit und Schwindelgefühl.
    Die nächste Stufe der Erkrankung erkennt man an allgemeinen Bewegungsstörungen, Lähmungen, Muskelzuckungen, Inkontinenz.
    Gedächtnisschwund tritt massiv ein, es kommt zu Halluzinationen, und der Erkrankte ist nicht mehr in der Lage, Angehörige zu erkennen. Sämtliche Gehirnfunktionen degenerieren.
    Fünf der acht inzwischen verstorbenen Patienten sind einen Tag vor ihrem Tod ins Koma gefallen, schließlich sind sie an Atemlähmung gestorben. Ihre Körper sind von einer vollständigen spastischen Lähmung befallen worden,

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