Die Saat - Ray, F: Saat
22. März stellte Professor Frost fest, dass zwei Ratten der Versuchsreihe offenbar die Kontrolle über Körperfunktionen und Bewegungen verloren, er schickte mich in den Nebenraum, um seine Kamera zu holen. Ich hatte vergessen, sie nach der Reparatur wieder aufzustellen. Während ich im Nebenzimmer war, hörte ich plötzlich seltsame Geräusche, die mir … die mir Angst machten. Ich fürchtete, Tierschützer wären ins Labor eingedrungen und wollten die Ratten befreien. Darüber hatte ich gerade einen Roman gelesen. Ich versteckte mich unter einem Schreibtisch. Die Tür war nur angelehnt. Schließlich wurde es still, dann sah ich jemanden hereinkommen, nur Beine und Schuhe, und auf den Schutzbezügen der Schuhe waren überall Blutspritzer. Ich blieb noch bis zwei Uhr im Versteck und wagte mich erst dann hinaus. Da sah ich, dass man Professor Frost enthauptet hatte, dass ein Rattenkopf auf seinem Hals saß, dass die Ratten nicht mehr da waren und dass jemand ›Schöne neue Welt der Genforscher‹ an die Wand gesprüht hatte. Die Details meiner Flucht lasse ich weg. Ich kam nach Bali. Dort brachte Pierre mich auf die Idee, die Daten auf dem Memorystick von Professor Frosts Computer anzusehen.
Ich habe Edenvalley den Stick für zwei Millionen Euro angeboten – und für mein Versprechen, nichts an die Öffentlichkeit zu bringen.«
Er muss schlucken, hebt die Fernbedienung, schaltet dann aber noch nicht ab. »Ich habe während meiner Arbeit bei Professor Frost regelmäßig Geld von einem Typen bekommen, wenn ich ihm Informationen über Frosts Arbeit weitergegeben habe.« Er stockt. »Ich, ich habe mir nichts dabei gedacht, wirklich, aber jetzt, jetzt denke ich, dass ich mit Schuld trage am Tod von Professor Frost. Dem Typen und seinenAuftraggebern hat etwas nicht gepasst, und deshalb haben sie ihn umgebracht.« Das Bild wird blau.
Lorraine Kempf wischt sich eine Träne unter ihrer Brille weg. Ethan erinnert sich an die Packung Taschentücher in seiner Jackentasche und gibt sie ihr.
»Und haben Sie die Mail gelesen?«, fragt er sie.
Sie schüttelt den Kopf.
»Dann lesen wir sie jetzt.«
Camille gibt User- und Passwort ein und liest:
»Mais 2/98/6 Versuchsreihe mit einer Maissorte begonnen, die mir auffällig bekannt vorkommt. Wenn sich meine Vermutungen bestätigen, handelt es sich tatsächlich um die Maissorte, mit deren Entwicklung wir bei Edenvalley vor sechs Jahren im Rahmen des Projekts Drought Resistant Maize for Africa begonnen haben. Wir haben die Arbeit jedoch nach vier Jahren eingestellt, da bei den Versuchstieren Sterilität nachgewiesen wurde. Diese Maissorte dürfte nicht existieren. Die Ratten sterben offenbar. Woran, soll in den nächsten Versuchen nachgewiesen werden. Damals hatten wir außerdem ein Prion entdeckt, dessen Auswirkungen jedoch nicht mehr untersucht werden konnten, da die Ratten jeweils nach kurzer Zeit gestorben sind. Damals, als ich bei Edenvalley war, gab es ein Versuchsfeld in Uganda. Edenvalley und ihre Tochterfirma Adana Pharmaceutics finanzieren Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, um die Erlaubnis für ihre Freisetzungsversuche zu erhalten. Ich habe mich vor drei Tagen an den Arzt der dortigen von Adana finanzierten Klinik gewendet, Dr. Bleibtreu war mir früher einmal in Genf vorgestellt worden. Ich bat ihn, mir Samen von dem Versuchsfeld zu schicken. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass Edenvalley eine solche Saat aussäen würde. Bis jetzt ist noch keine Antwort eingegangen.«
Camille sieht ratlos auf. »Ein Konzern wie Edenvalley kann doch nicht daran interessiert sein, Menschen zu töten. Er will doch sein Saatgut verkaufen.«
Ethan geht auf Camilles Schreibtisch zu, nimmt die beiden Briefbögen vom Schließfach und liest vor: »Die Loge denkt und arbeitet in globalen Zusammenhängen und stellt sich gegen monokausales und kurzfristiges Denken und Handeln. In Zeiten komplexer Ereignisse und Veränderungen sieht sich die Loge als Führerin der Gesellschaft.« Er sieht auf. »Es geht um mehr als um Verkauf und um Geld.«
Lorraine seufzt. »Um Macht und Kontrolle. Aber was soll ich jetzt machen? Zur Polizei gehen?«
»Nein!«, kommt es entschieden von Camille, während Ethan den Kopf schüttelt. »Was kann die Polizei schon damit anfangen? Nicht wahr?« Sie wirft ihm einen Blick zu, der seine Bestätigung sucht.
Exakt.
Camilles Handy auf dem Schreibtisch vibriert. Ethan deutet darauf.
»Danke«, murmelt sie gedankenverloren und nimmt ab.
Etwas ist
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