Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray

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wiederholten Mal die Kette mit dem Anhänger durch seine Finger gleiten. Plötzlich bemerkt er eine Gravur im rechten Schenkel des Winkels, die ihm zuvor nicht aufgefallen ist. Winzige Zeichen kann er erkennen, sie aber nicht lesen. Er hält sie unters Licht und kneift die Augen zusammen. 4005808kps. Eine Kennziffer?
    Er ist müde, aber jedes Mal, wenn er sich in den Schlaf fallen lassen will, schreit eine Stimme in ihm, und er schreckt auf. Vor ihm fliegen noch immer die goldenen Kugeln über den Bildschirm. The Three Poles. Warum hat er noch nicht längst im Internet gesucht?
    Dass es so einfach ist! Er gibt www.thethreepoles.com ein, und auf dem Bildschirm baut sich vor dunkelblauem Hintergrund ein Tempel auf. Über dem Fries das Emblem mit Winkel und Zirkel. Das versunkene Atlantis. Die versunkene Kultur, die über großes Wissen verfügt hat … Das passende Bild für eine elitäre Loge. Darunter folgt derselbe Text, der auf den Bögen neben ihm auf dem Tisch steht.
    Darunter geht es weiter.

    Die Mitglieder sind handverlesene, also ausgesuchte Ökonomen, Industrielle, Wissenschaftler und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Es werden aktive, assoziierte, Ehren- und institutionelle Mitglieder unterschieden. Die Zahl der aktiven Mitglieder ist auf hundert beschränkt. Bewerbungen um die Mitgliedschaft sind nicht üblich, Vorbild ist das Prinzip der wissenschaftlichen Akademien.

    Es gibt eine Reihe von Links, auf der Menüleiste klickt er auf Aktivitäten.

    Seit seiner Gründung im Jahre 1973 durch Frank J. Milward beteiligt sich The Three Poles an der Finanzierung undUnterstützung von Impfprojekten der WHO, an Projekten zur Hungerbekämpfung.

    Es folgen Jahreszahlen und Orte. Ethan klickt weiter, Bildungsprojekte, Symposien zur nachhaltigen Landwirtschaft und Energieversorgung werden angezeigt, Bücher vorgeschlagen.

    Auf der Menüleiste am unteren Ende der Homepage, unter der Überschrift Mitglieder, befinden sich zwei Kästchen, in denen Benutzerkennwort und ein Passwort einzutragen sind. Er überlegt nur einen Moment, dann trägt er in das obere Feld die Codenummer des Anhängers ein. 4005808kps. Es ist eine sinnlose Spielerei, denn selbst wenn sie korrekt ist, fehlt ihm immer noch das Passwort.
    Wieder starrt er auf den Monitor, bis die goldenen Kugeln des Bildschirmschoners erscheinen.
    Schließlich schreibt er: Vincent. Vincent 4005808kps. Das wäre zu einfach. Vincentaudry. Vincent-audry. Audry. Er versucht es mit Vincents Geburtstag, an den er sich erinnern kann, da sie ihn viermal in Paris gefeiert haben und er und Sylvie jedes Mal davor und danach miteinander gestritten haben.
    Mathilde 4005808kps. Nein. Seine Hände tippen selbstständig weiter. Sylvie. Nein. Sylvieharris. Nein. Natürlich nicht. Sylvieaudry. Nein. Warum auch?
    Der Pfeil tastet das Fries ab, die dorischen Kapitelle, die Säulen, wandert weiter über den schachbrettartigen Boden, das musivische Pflaster, wie es heißt, ein Mosaik aus quadratischen weißen und schwarzen Fliesen. Bünde sind dazu da, sich gegen andere abzugrenzen. Er erinnert sich an seine damaligen Recherchen. Die Mitglieder fühlen sich als Auserwählte und als Elite. Und als Elite kann man die anderen als minderwertig ansehen, sie manipulieren und betrügen. Rituale undVerschwiegenheit schweißen die Mitglieder zusammen, insbesondere, wenn die Rituale demütigenden Charakter haben, erinnert er sich weiter, jeder Abtrünnige wird so zum Verräter von allen – und zum gemeinsamen Feind.
    Vincent war am Ende wohl auch ein Verräter, als er seiner Tochter den Safeschlüssel – und auch das Geld vererbte.
    Ziellos lässt er den Cursor über die Oberfläche gleiten, in der Hoffnung, irgendwo weiterklicken zu können. Doch es geschieht nichts. Enttäuscht lässt er sich zurücksinken.
    Freimaurer – entstanden aus mittelalterlichen Bruderschaften der Steinmetze, erinnert er sich. Daher stammen viele Symbole aus diesem Bereich: Winkel, Zirkel, Hammer, Senkblei … Er stockt. Ich mache das Recht zur Richtschnur, zum Senkblei die Gerechtigkeit. Sylvies Abschiedsbrief. Jesaja Kapitel 28, Vers 17.
    Sylvie, verdammt, du hast mir diesen Hinweis gegeben!
    Unterzeichnet mit S, nicht mit Sylvie, damit ich rätsle, ja? Wie hab ich das nicht kapieren können? Sylvie! Verflucht!
    Fieberhaft sucht er im Internet nach weiteren freimaurerischen Bedeutungen des Senkbleis. Es ist das Symbol des Zweiten Aufsehers. War Vincent vielleicht der Zweite Aufseher?
    Rasch ruft er