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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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Fernbedienung, und goldenes Licht flutet in die modernen lärchenholzgetäfelten Räume, mit einer anderenTaste lässt sie die Jalousien vor den bis zum Boden reichenden Scheiben herunter, bis auf die, die zur Rhône und zum See hinausgehen. Dann stellt sie die Musikanlage an. Sie wählt Debussy, Prélude à l’après-midi d’un faune, geht zum Fenster und sieht durch ihr Spiegelbild hindurch auf die andere Seite des Rhône-Ufers und auf die Lichter der Innenstadt. Wie oft hat ihre Mutter dieses Stück gespielt?
    Sie tastet nach ihrem Gesicht, berührt die Scheibe. Kalt und hart fühlt sie sich an.
    Du bist alt genug, um deine Wurzeln kennenzulernen. Ein Mensch braucht Wurzeln, sonst fehlt ihm die Liebe, hört sie die Stimme ihrer Mutter. Zehn ist sie gerade geworden, und die Aussicht auf eine Reise nach Indien, das ihr die Mutter immer als geheimnisvoll beschrieben hat, erregt ihre Fantasie, sie kann kaum die vier Wochen abwarten, bis ihr Vater sie beide endlich zum Flughafen in Atlanta fährt. Die beiden streiten sich sogar noch auf dem Weg, und am Flughafen wirft ihre Mutter die Autotür zu und gibt ihm nur einen kurzen Kuss. Drei Wochen später, als er sie bei der trauernden Familie abholt, bringt er zuerst kein Wort heraus. Er nimmt sie nur in die Arme und schüttelt immer wieder den Kopf.
    Der Ausflug zum Ganges nach Benares soll der Höhepunkt ihrer Reise zu den Wurzeln werden. Es wird das Ende. Nie wird sie begreifen, warum ihre Mutter dort sterben musste. Zu Tode getreten von einer in Panik geratenen Menschenmenge.
    Der Gestank lässt sie nicht los, nach verwesendem Fleisch, nach modernden Pflanzen, Essensresten, beißenden Holzfeuern, menschlichen Ausdünstungen und Exkrementen.
    Sie stürzt ins Badezimmer, reißt die Parfümflasche vom Waschtisch und versprüht den Duft in allen Räumen und auf ihrem Körper, bis die Flasche leer ist.
    Bald, bald wird der Blaue Planet wieder atmen können. In San Antonio in Texas ist es jetzt Nachmittag. Ted ist womöglich noch im Büro, vielleicht auch schon beim Golfen. Sie ruft ihn auf seinem Handy an. Wie ihres ist es unter einem anderen Namen registriert.
    »Alles okay. Wir haben gutes Wetter«, lautet der Code für: Der Anschlag auf die europäische Zentrale ist geglückt. Jede weitere Gewalttat gegen den Konzern wird man seinen Gegnern anlasten. Die Presseinformationen laufen wie gewünscht.
    »Gut«, antwortet Ted. »Der Koffer ist bereits auf der Militärstation.«
    Der Koffer, der so manches verändern wird.
    »Wer wird ihn übergeben?«, fragt er. »Sollte einer der Sicherheitsbeamten …?«
    »Nein, ich habe einen anderen Plan. Eine Journalistin.«
    »Großartig. Eine Terroristin also, eine Ökofanatikerin …«
    »Ja.«
    »Das macht Sinn.«
    »Und meine Ernennung …«
    »Ist abgemacht. Keine Sorge.«
    »Die habe ich nicht. Ich habe mich genügend abgesichert.«
    »Das wissen wir. Es wird keine Probleme geben.«
    »Gut.«
    »Die Maschine landet planmäßig.« Eine Transall C-160, von Blackman East Defense.
    »Ja, die Fracht ist bereits am Flughafen.« Offiziell: Saatgut für NAT auf Ellesmere Island. »Was ist mit der Besatzung?«
    »Wir haben einen Mann im Laderaum.«
    »Und wir können ihm vertrauen?«
    »Wir haben seine Tochter. Ihm wird nichts anderes übrig bleiben, als zu tun, was er soll.« Ted wird jetzt grinsen, das weiß sie. Er mag solche Dinge, hat sie festgestellt.
    »Und später?«, fragt sie, obwohl sie sicher ist, dass er sich auch darüber Gedanken gemacht hat. Ted überlässt nichts dem Zufall.
    »Er glaubt, dass die Ökos das von ihm verlangen«, antwortet Ted.
    »Gut. Wir sehen uns dann.« Man wird Nature’s Troops und seine Verbündeten für all das verantwortlich machen.
    »Ja.«
    Smarter Krieg hat Ted es genannt, damals, sie erinnert sich genau, im Taxi in Johannesburg. Und beim Meeting mit James in Genf haben Ted und Bob sich nicht anmerken lassen, dass sie schon längst die Seite gewechselt haben. Dass sie endlich erkannt haben, dass James der Weitblick und die visionäre Kraft fehlen, die man braucht, wenn man zum exklusiven Club von The Three Poles gehören will, wenn man die Welt lenken will.
    Die neue Weltordnung …
    Sie zieht ihre Reisetasche aus dem Garderobenschrank und streicht über den neuen weißen Thermoanzug. Es wird kalt werden auf Ellesmere Island.
15  
Paris
    Christian Brousse. Wieder so ein eingebildeter Schnösel, der noch mit Mitte dreißig Papa auf der Tasche liegt und sich allen überlegen fühlt. Das Blatt

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