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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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Ethan etwas in die Hand. Der hat ein Notebook erwartet oder eine Handtasche oder Sylvies grünen Schal mit den Goldfäden, aber das?
    »Und schöne Grüße, beehren Sie uns bald wieder.«
    Ethan nickt nur. Benommen. Getroffen. Enttäuscht.Wütend. Braune Lederhandschuhe. Herrenhandschuhe. Sylvie war mit einem Mann verabredet.

    Im Tabakladen auf der gegenüberliegenden Straßenseite kauft er eine Schachtel blaue Gauloises und ein billiges Plastikfeuerzeug. Bis vor fünf Jahren haben er und Sylvie nach dem Essen hin und wieder eine Zigarette geraucht. Sie haben es genossen, sich zurückzulehnen, den Rauchringen hinterherzusehen und zu träumen. Von der nächsten Reise, von einem neuen Kleid, von einem Ausflug. Er weiß nicht mehr, wer von ihnen das Rauchen aufgeben wollte. Allein machte es keinen Spaß mehr. Und mit den Zigaretten erloschen die Träume.
    Die Flamme ist zu klein, der Wind hat sie sofort ausgeblasen. Ethan dreht das Rädchen weiter auf. Jetzt frisst sich die Flamme ins Papier. Herrenhandschuhe. Er geht einfach geradeaus, die Straße hinauf, vorbei an Tischen und Stühlen, die sie trotz des kühlen Wetters vor die Cafés gestellt haben. Wärmestrahler werfen ihren rötlichen Schein auf die Köpfe.
    Er hat sich damals für ein anderes Leben entschieden, hat sein altes aufgegeben, ist von Sydney nach Paris gezogen, nachdem ihn nichts mehr hielt – als er Ruth mit dem Kind verlassen hatte. Und jetzt muss er einsehen, dass er wieder verlassen worden ist.
    Wer war der Mann? Er raucht die Zigarette nicht zu Ende, wirft sie in den Rinnstein. Mit wem hat sich Sylvie getroffen? Wem hat sie sich anvertraut? Er muss mit jemandem reden. Scott fällt ihm ein, aber der ist um diese Uhrzeit schon betrunken.
    Rue Suger, realisiert er. Er steht quasi vor Sarahs Haus. Vielleicht hat Sylvie ihr etwas anvertraut, immerhin hat sie gesagt, Sarah sei ihre beste Freundin, und die beiden sind hin und wieder abends ausgegangen.Der gesprungene schwarze Klingelknopf unterscheidet sich von den übrigen fünf, die alle glatt und neu aussehen.
    »Ja?«
    »Ich bin’s, Ethan.«
    Keine Antwort . Komme ich ungelegen?
    Gerade überlegt er zu gehen, als der Summer ertönt.
    Er nimmt drei Stufen auf einmal, und als er im zweiten Stock ankommt, lehnt sie in der halb geöffneten Tür. Dünner und blasser ist sie, als er sie in Erinnerung hat, das schulterlange blonde Haar strähnig, das Kinn spitz, die Lippen blutleer, sie trägt eine ausgeleierte Jogginghose und ein verwaschenes Kapuzenshirt. Sie kann ganz anders aussehen, schön, verführerisch. Sie hat definitiv nicht mit Besuch gerechnet.
    »Tut mir leid, dass ich dich überfalle …«
    Sie lächelt nicht, macht die Tür nicht weiter auf. Der getigerte Kater, ein struppiges Tier mit einem gelähmten Hinterlauf, taucht plötzlich neben ihrem Bein auf, setzt sich, starrt ihn an.
    »Was ist los mit euch beiden?«, fragt sie.
    Sein irritierter Blick lässt sie den Kopf schütteln. »Ich war am Freitagabend mit Sylvie verabredet, dann sagt sie mir kurzfristig ab, wir wollten am Samstagabend was trinken gehen, und sie kommt nicht. Geht einfach nicht an ihr Handy!« Ihr sehniger Hals schwillt an.
    »Sylvie hat sich umgebracht.« Zum ersten Mal spricht er es aus.
    »Was?« Sie starrt ihn an. »Wie?« Der Blick ihrer eng stehenden Augen hat ihn schon öfter unangenehm berührt. Zu eindringlich. So wie der ihres Katers, der ihn immer noch ansieht.
    »Tabletten. Pulsadern.« Er zeigt auf die Tür. »Darf ich reinkommen?«
    Benommen tritt sie zur Seite, der Kater huscht davon. Der schmale Flur mit den schwarz-weißen Kunststofffliesen führtdirekt in die Küche, in einen kurzen Schlauch, in dem gerade genug Platz ist für eine praktische Küchenzeile auf der einen und einen Klapptisch mit zwei Stühlen auf der anderen Seite. Ikea – die ganze Wohnung.
    »Willst du …« Sie macht eine fahrige Bewegung zur Teekanne hin, die neben einer Tasse und einem aufgeklappten Buch auf einem Stövchen steht. Er bemerkt, dass ihre Hand zittert.
    »Nein, nein … wirklich nicht.«
    »Setz dich.«
    Er schiebt den Küchenstuhl zurück und nimmt Platz. Das Licht der Küchenlampe bildet eine helle Scheibe auf dem weißen Tisch, in dessen Mitte das Buch liegt. Plötzlich merkt er, wie erschöpft er ist. Sie setzt sich vor ihre Tasse Tee, der Kater springt auf ihren Schoß, starrt ihn von Neuem an, als wäre er ein unerwünschter Eindringling. Jetzt nimmt er den Geruch nach Fenchel war.
    »Wie konnte das …« Sie

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