Die Saat - Ray, F: Saat
automatisch immer weiter, sie wird durch den Wind und andere Lebewesen weitergetragen. Und zwar über die ganze Erde!«
Grand nickt. »Absolut! Ein großes Problem ist, dass die Menschen zu wenig über die Agrar-Gentechnik wissen. Und Politik und Industrie haben kein Interesse daran, das zu ändern. Ja, es gibt sogar staatliche Fördermittel für die sogenannte grüne Gentechnologie. Und Zulassungsbehörden stehen nicht selten in engem Kontakt – wenn Sie wissen, was ich meine – mit Interessenverbänden auf Seiten der Industrie.«
»Das ist ja ungeheuerlich! Was unterstellen Sie da rechtschaffenen Wissenschaftlern? Sie bringen Behörden in Misskredit – und in letzter Konsequenz handeln Sie so wie im Falle von Professor Frost!« Der Wissenschaftler mit der dunklen Hornbrille ist außer sich. »Nehmen Sie das sofort zurück! Ich verbitte mir solch eine Unterstellung!«
Die Moderatorin schaltet sich ein. »Nun, wir sollten etwas vorsichtiger mit Anschuldigungen dieser Art sein. Wer haftet eigentlich für die Umweltschäden, die durch die Gentechnik verursacht werden?«
Becker antwortet. »Richtig aus unserer Sicht wäre: Wer gentechnisch veränderte Produkte anbaut und dadurch die Umwelt kontaminiert, muss für den so entstandenen Schaden aufkommen. Also im Falle des Mais in Mexiko müsste Edenvalley den Schaden ausgleichen.«
»Ich bitte Sie, das ist doch geradezu lächerlich. Sie müssen erst einmal beweisen, dass dem so ist. Und wissen Sie, was dann passieren würde: All die Ökoaktivisten, die ja, wie wir gesehen haben, zu solch grausamen Taten fähig sind …« Rousseau lächelt herablassend.
»… das ist eine Vorverurteilung! Eine unglaubliche Diffamierung!«, protestiert Michel Grand.
»… Taten fähig sind, diese würden nämlich nicht davorzurückschrecken, selbst zu kontaminieren und dann Edenvalley dafür auf Schadensersatz zu verklagen. Das wäre ein äußerst lukrativer Einsatz. Und wissen Sie, wie viel die sogenannte ›Bioindustrie‹ umsetzt? Das sind ebenfalls Milliarden. Wenn bio draufsteht, sind die Leute bereit, ein Vielfaches zu zahlen! Die Bio-Industrie muss also nur die Angst der Menschen schüren, und schon spült das Milliarden in ihre Kassen! Und – Monsieur Becker, haben diese Bio-Unternehmen Ihrer Partei nicht letztes Jahr rund zwei Millionen Euro gespendet?«
Lejeune trinkt ihr Glas leer, gießt nach.
»Für mich sind Gentechniker ethisch und wissenschaftlich unverantwortlich handelnde, skrupellose, macht- und profitgierige Lügner!«, dröhnt gerade die Stimme des asketischen Vertreters von Nature’s Troops aus dem Fernseher , was den sofortigen Protest des Wissenschaftlers und der Vizepräsidentin von Edenvalley hervorruft. Auch die Moderatorin greift ein. Lejeune fährt die Lautstärke wieder auf normal herunter und hört in dem Moment ihr Handy auf dem Couchtisch klingeln. David. Wütend nimmt sie ab.
»Kaum bin ich aus dem Büro, und schon …«
»Ich habe etwas über Aamu Viitamaa herausbekommen«, fällt er ihr ins Wort.
»Was?« So schnell auf einmal, der Junge.
»Sitzen Sie?«
Ist sie etwa alt und gebrechlich? »Ja, Himmel, nun reden Sie schon!«
»Die Fingerabdrücke innen in den Handschuhen aus dem Container …«
Sie sagt nichts mehr, wartet auf das Unglaubliche.
»… sind von Aamu Viitamaa. Allerdings …«
»Ja?« Sie versucht, sich ihre Anspannung nicht anmerken zu lassen. Den Triumph will sie ihm nicht gönnen.
»Sie hat eigentlich einen anderen Namen. Xenia Yakovleva.Unter diesem Namen steht sie in der internationalen Kartei. Jugendliche Straftäterin. Müsste eigentlich gelöscht sein, aber sie kommt aus Russland …«
»Schön, David. Dann sehen wir uns morgen.«
Pause. Natürlich hat er ein Lob erwartet. Stattdessen muss er ihre Wut ausbaden.
»Wir kriegen morgen ein Video«, fügt er an.
»Worüber?«
»Aamu Viitamaa.«
Er rächt sich, oder? Spannt mich auf die Folter, rückt bewusst nicht mit der Sprache raus.
»Können Sie sich nicht etwas präziser ausdrücken, David?«
»Morgen. Sie werden es morgen sehen.« Er legt auf.
Mistkerl! Sie wirft das Handy auf den Tisch, schnappt ihr Weinglas.
»Verehrte Madame Rousseau«, sagt gerade der Vertreter von Nature’s Troops, »was haben Sie gegen diese Fakten vorzubringen: Soja findet man in sechzig Prozent aller fertig zubereiteten Lebensmittel in Frankreich – in Brot, Babynahrung, Fertiggerichten, in vegetarischer Lasagne, überall … Nun sind in den USA die weltweit größten
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