Die Saat
von 0,3 Mikrometer filtern konnten und damit Schutz gegen die meisten luftübertragenen Viren und Bakterien boten, jedoch nicht gegen chemische Schadstoffe oder Gase.
Im Vergleich zu dem Vollschutzanzug, den er auf dem Flughafen getragen hatte, fühlte Eph sich mit Krankenhausmaske, Chirurgenhaube, Schutzbrille, Kittel und Überschuhen regelrecht nackt. Die Ärztin, die eine ähnliche Montur angelegt hatte, betätigte einen Druckknopf, der eine Reihe von Türen öffnete. Eph spürte einen vakuumähnlichen Sog, ausgelöst durch ein Unterdrucksystem, das die Luft in den Quarantänebereich saugte, so dass keine Partikel nach außen entweichen konnten.
Sie gingen einen Korridor hinunter, der rechts zum zentralen Materiallager führte. Dieses Lager war mit einem Rollwagen voller Medikamente und Erste-Hilfe-Gerätschaften, einem mit Plastikfolie ummantelten Laptop, einer Gegensprechanlage sowie weiterer Schutzkleidung ausgestattet.
Der Patientenbereich auf der linken Seite - die eigentliche Isolierstation - bestand aus acht kleinen Abteilen. Acht Abteile für einen Stadtbezirk mit weit über zwei Millionen Einwohnern. »Flexible Kapazitätssteigerung im Krisenfall « war das Motto des Katastrophenschutzes, um bei einer Epidemie den Anforderungen der öffentlichen Gesundheitsfürsorge zu genügen. Die Zahl der verfügbaren Krankenhausbetten im Staat New York lag bei etwa sechzigtausend, Tendenz fallend; allein in New York City lebten jedoch acht Millionen Menschen, Tendenz steigend. Mit dem Canary-Projekt war die Hoffnung verbunden, diese quantitativen Defizite zu kompensieren, eine Art Lückenbüßer. Die CDC nannte diese politisch motivierte Herangehensweise »optimistisch«; Eph bevorzugte den Ausdruck »Wunschdenken«.
Er folgte der Ärztin in das erste Abteil - das die Anforderungen an die höchste Sicherheitsstufe eines biologischen Isolierraums in keinster Weise erfüllte. Es gab weder Luftschleusen noch Stahltüren; das hier war lediglich die standardmäßige Versorgung in einem abgetrennten Bereich. Der Boden des Raumes war gefliest, an der Decke brannten Leuchtstoffröhren. Eph bemerkte den an der Wand abgestellten Transportisolator, ein transparentes, sargähnliches Gehäuse mit langen, nach innen gestülpten Handschuhen an den Seiten, die den Zugang zum Patienten ermöglichten, austauschbaren Sauerstoffflaschen, einem Partikelfilter und einer Unterdruckpumpe. Neben dem Isolator lag die Kleidung des Patienten: Jacke, Hemd, Hose; sie war mit einer chirurgischen Schere entfernt worden. Auf der verkehrt herum liegenden Pilotenmütze konnte man das Logo von Regis Air, die geflügelte Krone, erkennen.
Das Krankenhausbett in der Mitte des Raumes war mit transparenten Plastikvorhängen abgeschirmt. Davor standen Überwachungsgeräte und eine mit unterschiedlichen Beuteln versehene Infusionspumpe. Das Bett hatte seitliche Schutzgitter, grüne Laken und große weiße Kissen; das Kopfteil war hochgestellt.
Dort saß Kapitän Doyle Redfern, die Hände auf dem Schoß. Er trug ein OP-Hemd und wirkte verunsichert. Mit der Kanüle im Arm und dem ausgezehrten Gesicht - Eph schien es, als habe der Mann zehn Pfund abgenommen, seit er ihn im Cockpit gefunden hatte -, unterschied sich Redfern nicht groß von anderen Patienten, die auf ihre ärztliche Untersuchung warten.
Als Eph sich näherte, blickte der Pilot auf. »Sind Sie von der Fluggesellschaft?«, fragte er.
Eph schüttelte den Kopf. Verwirrt. Noch letzte Nacht hatte dieser Mann im Cockpit von Flug 753 nach Luft gerungen, hatte die Augen grotesk verdreht, war dem Tode nahe gewesen.
Der Pilot verlagerte sein Gewicht, die dünne Matratze quietschte. Er verzog das Gesicht, als wäre er völlig steif vom Liegen. »Was ist in der Maschine passiert?«
Eph räusperte sich. »Eigentlich hatte ich gehofft, dass Sie mir das sagen würden.«
Kurz darauf stand Eph vor Gabriel Bolivar, dem Rockstar, der wie ein schwarzhaariger Gargoyle im OP-Hemd auf der Bettkante kauerte. Ohne das Vogelscheuchen-Make-up - sein Markenzeichen - war er mit den strähnigen Haaren und den Furchen im Gesicht überraschend attraktiv.
Bolivar stöhnte. »Die Mutter aller Kater, Mann.« »Irgendwelche anderen Beschwerden?«, fragte Eph. »Jede Menge.« Bolivar strich sich mit der Hand durch das lange, schwarze Haar. »Flieg niemals Linie. Das ist die Moral von der Geschieht.«
»Mr. Bolivar, können Sie mir sagen, woran Sie sich als Letztes erinnern? Was geschah bei der Landung?«
»Welche Landung?
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