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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillermo Del Toro
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unter das Band seines Filzhuts gesteckt, um es notfalls als Beweis vorzeigen zu können, falls er hier auffliegen sollte.
    Der Typ hatte direkt hinter ihm in der Schlange vor der Kasse gestanden. Gus hatte sich nur eine Sprite geholt und war bereits einen halben Block weitergegangen, als er härte, wie sich von hinten jemand näherte. Blitzschnell drehte er sich um
-
und da stand der Typ, die Hände erhoben, um ihm zu zeigen, dass er unbewaffnet war. Ob Gus Bock habe, sich auf die Schnelle ein paar Mäuse zu verdienen?
    Ein Weißbrot, feiner Anzug, bestimmt nicht aus dieser Gegend. Er sah nicht aus wie ein Bulle, aber auch nicht wie eine Schwuchtel. Eher ein Zeuge Jehovas oder so was.
    »Du holst einen Van vom Flughafenparkplatz ab, fährst ihn rüber nach Manhattan, stellst ihn dort ab und verziehst dich.«
    »Einen Van.« »Einen Van.«
    »Und was is da drin?«
    Der Typ schüttelte nur den Kopf und gab Gus eine gefaltete Karteikarte, in der fünf Zehndollarnoten steckten. »Kleine Anzahlung.
«
    Gus zog die Scheine heraus wie Wurst aus einem Sandwich. »Nur für den Fall, dass Sie 'n Bulle sind: Das is Anstiftung zu 'ner Straftat.«
    »Auf der Karte steht, wann du den Van abholen sollst. Sei pünktlich.
«
    Gus ließ die Zehner durch seine Finger gleiten, was dem
Typ nicht entging. Und er sah auch die drei kleinen Kreise, die zwischen Daumen und Zeigefinger auf Gus' Handrücken tätowiert waren: das Zeichen der mexikanischen Gangs für einen Dieb. Aber woher sollte der Typ das wissen? War er deshalb im Supermarkt auf ihn aufmerksam geworden? Hatte er ihn deshalb angesprochen?
    »Die Schlüssel und weitere Anweisungen liegen im Handschuhfach.
«
    Der Typ drehte sich um und ging.
    »
Yo«, rief Gus ihm nach.
»
Wer hat gesagt, dass ich einverstanden bin?«
    Gus zog die Tür auf und wartete. Keine Alarmanlage. Er stieg ein. Er konnte keine Kameras entdecken - aber wie auch, wenn sie versteckt waren. Hinter den Vordersitzen befand sich eine Trennwand aus Metall, offenbar nachträglich eingebaut. Vielleicht würde er ja gleich eine Karre voller Bullen durch die Gegend fahren.
    Doch im Van war alles ruhig. Mit dem Lappen öffnete Gus das Handschuhfach. Ganz vorsichtig, als könne ihm irgendetwas ins Gesicht springen. Im schwachen Schein der Innenbeleuchtung sah er den Zündschlüssel und den Parkschein, den er brauchte, um rausfahren zu können.
    Und ein braunes Kuvert.
    Er schnappte es sich und warf einen Blick hinein. Fünf nagelneue Hundertdollarscheine - was ihn sowohl freute als auch mächtig anpisste. Es war mehr als erwartet, aber so ohne Weiteres würde ihm wohl niemand einen Hunderter kleinmachen, jedenfalls nicht in seinem Viertel. Sogar eine Bank würde diese Scheine genau unter die Lupe nehmen, wenn sie aus der Tasche eines achtzehnjährigen, bis über beide Ohren tätowierten Mexikaners stammten.
    Um die Scheine war eine weitere Karteikarte gefaltet. Darauf stand die Adresse, wo die Karre hinsollte, und der Zugangscode zu einer Garage - NUR ZUM EINMALIGEN GEBRAUCH.
    Er hielt die Karteikarten nebeneinander. Dieselbe Handschrift.
    Seine Nervosität wich Euphorie. Was für ein Idiot! Vertraute ihm einfach so seinen Schlitten an. Aus dem Stand fielen Gus drei» Werkstätten« in der South Bronx ein, wo er dieses Baby hinbringen konnte - zur
Überholung.
So würde er auch erfahren, was er da eigentlich spazieren fuhr.
    Dann jedoch fand er in dem Kuvert noch einen kleineren Briefumschlag. Er zog mehrere Blatt Papier daraus hervor und faltete sie auseinander. Und ein Schauer fuhr ihm über den Rücken.
    AUGUSTIN ELIZALDE stand oben auf dem ersten Blatt.
    Es war sein Vorstrafenregister, eine Auflistung all seiner Jugendstrafen bis zur Verurteilung wegen Totschlags; er war vor gerade mal drei Wochen entlassen worden, um, wie es hieß, an seinem achtzehnten Geburtstag »einen neuen Anfang machen zu können«.
    Das zweite Blatt war eine Kopie seines Führerscheins.
    Und des Führerscheins seiner
Mutter
mit derselben Adresse:
    East I 15th Street. Und dann war da noch ein Foto der Eingangstür zu dem Haus, in dem sie wohnten.
    Gus starrte die Blätter eine gefühlte Ewigkeit lang an. Seine Gedanken rasten zwischen dem Anzugtypen - wie viel wusste er? - und seiner
madre
- in welche Scheiße war er da hineingeschlittert? - hin und her.
    Er reagierte empfindlich auf Drohungen, besonders wenn sie gegen seine
madre
gerichtet waren - sie hatte mit ihm schon mehr als genug durchgemacht.
    Auf dem dritten Blatt stand in derselben

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