Die Saat
trank das Bier aus, zerdrückte die Dose und verließ den Van. Nach kurzem Überlegen stieg er nochmal ein und wischte mit dem Lappen über das Lenkrad, die Radioknöpfe, das Handschuhfach, die Türgriffe und alles andere, was er womöglich berührt hatte.
Er stieg aus und sah sich in der Garage um. Durch einen Abluftventilator kam das einzige Licht; Staub trieb wie Nebel in den schwachen Strahlen. Gus wischte den Zündschlüssel ab und umrundete den Van. Rüttelte dabei zaghaft an den Griffen der Seitentüren. Abgeschlossen.
Er zögerte einen Moment lang, dann übermannte ihn doch die Neugier. Er versuchte es mit dem Zündschlüssel, aber der passte nicht. Irgendwie war er erleichtert.
Terroristen,
dachte er.
Gut möglich, dass ich jetzt auch ein beschissener Terrorist bin, wenn ich 'ne Karre mit 'ner Bombe durch die Gegend kutschiere.
Er könnte den Van einfach wieder rausfahren, vor dem nächsten Polizeirevier abstellen und einen Zettel an die Windschutzscheibe stecken. Sollten die sich doch darum kümmern.
Aber diese Typen kannten seine Adresse. Und die seiner
madre.
Was waren das für Leute?
Wut stieg in ihm auf, und er schlug mit dem Handballen kräftig gegen die Seite des Vans. Ein befriedigender metallischer Knall durchbrach die Stille. Er warf den Schlüssel auf den Vordersitz und knallte die Fahrertür mit dem Ellbogen zu - ein weiterer befriedigender Knall.
Und dann hörte er etwas. Meinte zumindest, etwas zu hören - im Van. Er ging zu den Hecktüren, lehnte sich vor, berührte mit dem Ohr fast den Wagen.
Ja, er hörte etwas. Es klang wie ... ein knurrender Magen, ein leerer, hungriger Magen.
Ach, scheiß drauf!
Er trat einen Schritt zurück.
Der Job ist erledigt. Und wenn eine Bombe unter der 110th hochgeht was interessiert's mich?
In diesem Moment kam ein dumpfes, aber deutliches
Bang
aus dem Inneren des Wagens. Gus ließ die Tüte mit dem zweiten
cerveza
fallen, die Dose platzte auf, Bier spritzte über den Beton.
Panisch bückte er sich, um die Dose aufzuheben, verharrte dann aber kauernd, eine Hand auf der völlig durchnässten Tüte.
Der Van neigte sich eine Winzigkeit zur Seite. Das Fahrgestell gab ein vereinzeltes
Ping
von sich.
Etwas hatte sich in dem Wagen bewegt. Oder war zur Seite gerollt.
Gus ließ die geplatzte Bierdose liegen und wich zurück.
Seine Schuhe glitten über den staubigen Boden. Nach ein paar Schritten zwang er sich dazu, sich zu beruhigen. Dafür hatte er einen einfachen Trick: Er stellte sich vor, jemand beobachte ihn dabei, wie er die Nerven verlor. Er drehte sich um und ging - ganz langsam, ohne jede Eile - zur Garagentür.
Aus dem Van kam ein quietschendes Geräusch.
Ganz ruhig.
Gus erreichte den roten Schalter neben der Garagentür und schlug mit dem Handballen darauf. Nichts geschah.
Er schlug weitere Male darauf, zuerst langsam und sachte, dann schnell und hart. Vielleicht klemmte er ja nur.
Wieder ein Geräusch aus dem Van.
Das Garagentor bestand aus flachem Stahl. Kein Griff oder sonst irgendeine Armatur, an der man hätte ziehen können. Gus trat dagegen. Das verdammte Ding bewegte sich kaum.
Ein weiteres
Bang
aus dem Inneren des Vans - beinahe wie eine Antwort auf seinen Tritt -, gefolgt von einem lauten Quietschen der Federung. Gus lief zurück zum Schalter und schlug erneut schnell hintereinander darauf ein. Endlich surrte eine Seilrolle, ein Elektromotor klickte ... und die Kette setzte sich in Bewegung.
Das Garagentor hob sich.
Sekunden später hatte Gus die Garage verlassen. Wie ein Krebs rannte er seitwärts zum Bürgersteig hinauf. Oben angekommen, atmete er schnell und tief durch. Er drehte sich um. Wartete. Beobachtete, wie sich das Tor ganz öffnete, dann eine Weile so blieb und sich schließlich wieder schloss. Vergewisserte sich, dass nichts darunter hindurchschlüpfte.
Dann blickte er sich um, schüttelte seine Angst ab, checkte den Sitz seines Filzhutes - und eilte zur nächsten Straßenecke. Nichts wie weg von hier! Nachdem er die Vesey Street überquert hatte, fand er sich vor den Betonbarrieren und Bauzäunen wieder, die das riesige Areal umgaben, auf dem einmal das World Trade Center gestanden hatte. Ground Zero. Die Ausschachtarbeiten waren abgeschlossen, und die von Kränen und Lastwagen umgebene Baugrube wirkte wie ein klaffendes Loch inmitten des Straßenlabyrinths von Lower Manhattan.
Gus klappte sein Handy auf. »Felix! Wo steckst du,
amigo?«
»Auf der 9th Richtung Downtown. Was läuft?«
» Nichts. Komm einfach
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