Die Saat
über beide Seiten des Unterkiefers aus. Seine Kehle sträubte sich. Er gab ein scharfes, bellendes Husten von sich und spie dunkle Flecken auf den Spiegel. Blut, vermischt mit irgendetwas Weißem, Schleim vermutlich. Es schien fast so, als hätte er Teile seines Körpers ausgehustet. Er streckte die Hand aus und schmierte etwas von dem Zeug auf die Spitze seines Mittelfingers, hielt es sich unter die Nase, schnupperte daran, zerrieb es mit dem Daumen. Es erinnerte an ein Klümpchen geronnenes Blut. Dann berührte er es mit der Zungenspitze, und ehe er sich's versah, war die weiche Masse schon in seinem Mund. Als sie sich aufgelöst hatte, nahm er einen weiteren Klumpen vom Spiegel und legte ihn sich auf die Zunge. Das Zeug schmeckte nicht besonders, aber es hatte etwas Heilsames.
Schließlich lehnte er sich vor, um den Rest der blutigen Brocken vom Glas zu lecken. Diese Bewegung der Zunge hätte eigentlich wehtun müssen, doch wundersamerweise hatte der Schmerz im Mund nachgelassen. Selbst an der empfindlichsten Stelle, unterhalb seiner Zunge, spürte er nur mehr ein Prickeln. Auch das rhythmische Pochen war verebbt, allerdings nicht völlig verschwunden. Er betrachtete sich in dem verschmierten Spiegel, versuchte zu begreifen ...
Die Verschnaufpause war nur kurz. Als würde seine Gurgel von gewaltigen Händen gepackt, schnürte sie sich wieder zu. Ansel riss sich vom Spiegel los und taumelte in den Flur hinaus.
Als sie ihn in die Küche kommen sahen, rauschten die Bernhardiner davon. Mit pochendem Hals stand Ansel eine Weile da, dann griff er in den Küchenschrank und holte die Schachtel Hundekekse heraus. Er klemmte sich einen Keks zwischen die Finger - so, wie er es immer machte - und ging ins Wohnzimmer.
Dort lag Gertie am Fuß der Treppe, die Pfoten ausgestreckt, bereit, sofort aufzuspringen. Ansel setzte sich auf einen Schemel und wedelte mit dem Keks. »Komm her, meine Kleine.«
Gertie spitzte die schwarze Schnauze, als sie den Duft witterte.
Poch
'"
poch
...
»Komm schon, mein Mädchen. Hol dir dein Leckerchen.« Die Hündin richtete sich auf, machte einen kleinen Schritt vorwärts, blieb stehen, schnupperte misstrauisch.
Ansel hielt den Keks ganz still, was sie zu beruhigen schien. Langsam tapste sie über den Vorleger, den Kopf gesenkt, die Augen wachsam. Ansel nickte aufmunternd, während das Pochen stärker wurde, je näher die Hündin kam. »Sehr gut, altes Mädchen.«
Nun hatte Gertie ihn erreicht und leckte mit ihrer dicken Zunge über den Keks, wobei sie auch seinen Finger berührte. Sie wollte ihm vertrauen. Wollte den Leckerbissen. Langsam streckte Ansel die andere Hand aus, legte sie auf ihren Kopf und streichelte sie so, wie sie es am liebsten hatte. Tränen schossen ihm in die Augen. Gertie reckte sich, um nach dem Keks zu schnappen - und in diesem Augenblick packte Ansel sie am Halsband und stürzte sich mit seinem gesamten Gewicht auf sie.
Die Hündin kämpfte verzweifelt, knurrte, biss, doch ihre Panik steigerte nur seine Wut. Fokussierte sie. Mit einer Hand drückte er ihren Unterkiefer nach hinten und hob gleichzeitig ihren Kopf an. Sein Mund näherte sich ihrem pelzigen Hals ... und dann schlug er seine Zähne hinein, biss sich durch ihr seidiges, leicht fettiges Fell. Ein Schwall Blut kam ihm entgegen. Die Hündin jaulte auf und versuchte sich mit allen Kräften zu befreien, doch Ansel hielt sie fest, ja er drückte ihren großen Kopf noch höher, bis er den Hals ganz freigelegt hatte.
Und dann saugte er sie aus. Trank, ohne zu schlucken - als wäre da ein neuer Mechanismus in seinem Hals, von dem er bislang nichts gewusst hatte. Er verstand das alles nicht; er verspürte nur eine tiefe Befriedigung, einen schmerzlindernden Genuss. Und ... Macht. Die Macht, einem anderen Wesen das Leben zu entziehen und es in sich aufzunehmen.
Jaulend kam Pap ins Wohnzimmer gelaufen. Ansel musste ihn unbedingt daran hindern, die ganze Nachbarschaft zu alarmieren. Er ließ Gertie los, sprang auf und rannte quer durch den Raum. Wie schnell er doch wieder war! Und wie kräftig! Eine Stehlampe fiel um, als er sich den großen, tollpatschigen Pap im Flur schnappte.
Das Vergnügen, das er beim Aussaugen des zweiten Hundes empfand, war unbeschreiblich. Es war, als wäre es das Natürlichste von der Welt; das, was er immer hätte tun sollen.
Als er fertig war, lehnte sich Ansel zurück, benommen, fast wie gelähmt. Doch als er auf den toten Hund hinabsah, war er mit einem Mal wieder hellwach. Er
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