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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillermo Del Toro
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Zimmer kommen und ... ja, was dann? Zack hatte Angst. Vor der Stimme des Mannes, vor seinen Augen. Weil er spürte, nein,
wusste,
dass der Mann, obwohl er sich bewegte, nicht mehr am Leben war.
    Zombies.
    Zack steckte den Kopf unter das Kissen, sein Herz raste, sein Verstand arbeitete fieberhaft. So sehr er die Schule auch verabscheute - jetzt flehte er inständig, dass es endlich Morgen wurde.
    Im Nachbarhaus auf der anderen Straßenseite ging der Fernseher aus, und das leise Geräusch von zerbrechendem Glas war zu hören.
    Ansel Barbour flüsterte vor sich hin, während er im Obergeschoss seines Hauses umherwanderte. Er trug noch immer das T-Shirt und die Boxershorts, in denen er versucht hatte zu schlafen, sein Haar stand in die merkwürdigsten Richtungen ab, und er wusste nicht, was mit ihm los war. Ann-Marie vermutete ein Fieber, doch als sie mit dem Thermometer kam, konnte er die Vorstellung nicht ertragen, die Spitze dieses Dings unter seine entzündete Zunge zu stecken. Sie besaßen zwar auch ein Infrarot-Fieberthermometer für die Kinder, doch für eine präzise Messung konnte er nicht lange genug still sitzen. Also stellte Ann-Marie Fieber - hohes Fieber - fest, indem sie die Hand auf seine Stirn legte. Gut, das hätte er ihr auch so sagen können.
    Ihm war nicht entgangen, dass sie vor Angst wie gelähmt war. Für Ann-Marie stellte jede Krankheit einen Angriff auf die Einheit der Familie dar. Der Magen-Darm-Grippe der Kinder trat sie mit der gleichen grimmigen Entschlossenheit entgegen, mit der andere einem positiven HIV-Test oder einem Krebsgeschwür begegnen.
Jetzt ist es so weit!
Jede Krankheit konnte den Beginn jener schrecklichen Tragödie bedeuten, von der sie mit Sicherheit wusste, dass sie ihnen eines Tages widerfahren würde.
    Seine Geduld Ann-Maries Überspanntheit gegenüber war auf einem absoluten Tiefpunkt. Er hatte sich offenbar etwas ziemlich Ernstes eingefangen, und er brauchte ihre Hilfe, keinen zusätzlichen Stress. Er konnte nicht immer derjenige sein, der das Kommando übernahm - jetzt war sie einmal an der Reihe.
    Auch die Kinder hielten sich von ihm fern, abgeschreckt von dem leeren Ausdruck in seinen Augen oder auch von seinem Geruch, der an ranziges Frittierfett erinnerte. Ihm entging nicht, wie sie sich unter der Treppe versteckten, wenn er in den ersten Stock ging. Liebend gern hätte er ihre Ängste zerstreut, versucht zu erklären, befürchtete aber, er könne dabei die Geduld verlieren und so alles nur noch schlimmer machen. Nein, die beste Methode, sie zu beruhigen, war, so schnell wie möglich wieder gesund zu werden. Diesen Alptraum aus Orientierungslosigkeit und Schmerz zu besiegen.
    Im Zimmer seiner Tochter blieb er stehen, empfand die lila gestrichenen Wände dort als viel zu lila, ging zurück in den Flur. Dann, auf dem Treppenabsatz, hörte er es wieder. Ein dumpfes Hämmern. Völlig unabhängig von den Kopfschmerzen, die in seinem Schädel pochten. Fast so wie in diesen Kleinstadtkinos, wo man bei den leisen Szenen das Klicken der hinten im Vorführraum durch den Projektor laufenden Filmspule hören konnte und daran erinnert wurde, dass
alt das nicht real war,
und nur man selbst kannte diese Wahrheit.
    Ansel schüttelte energisch den Kopf und verzog das Gesicht unter den Schmerzen, die das hervorrief. Er versuchte, die Schmerzen zu
benutzen,
um seine Gedanken damit zu reinigen, doch das dumpfe Pochen - es war einfach überall, überall um ihn herum.
    Schließlich die Hunde. Auch sie verhielten sich merkwürdig in seiner Nähe, knurrten ihn an, als wäre er ein fremdes Tier, das in ihren Garten eingedrungen war.
    Später fand ihn Ann-Marie am Fußende des Ehebettes sitzend, den Kopf in die Hände gestützt. »Du solltest dich hinlegen«, sagte sie.
    Er griff sich in die Haare, als wären sie die Zügel eines durchgehenden Pferdes, und kämpfte gegen den Drang, seine Frau anzubrüllen. Irgendetwas stimmte mit seinem Hals nicht; wenn er sich länger hinlegte, verkrampfte sich seine Kehle so sehr, dass er würgen und verzweifelt nach Luft schnappen musste. Panische Angst plagte ihn, womöglich im Schlaf zu sterben.
    »Was kann ich nur tun?«, fragte Ann-Marie. Sie stand in der Tür, die Handflächen und Finger an die Stirn gepresst. »Ein Glas Wasser.« Seine Stimme zischte im wunden Hals, brannte wie heißer Dampf. »Lauwarm. Und wirf ein Ibuprofen rein. Oder sonst irgendwas. «
    Sie rührte sich nicht, stand nur da, starrte ihn besorgt an. »Geht es dir nicht wenigstens

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