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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillermo Del Toro
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angebracht waren - violette Röhren, offenbar UV-Lampen. Wozu? Um zu verhindern, dass irgendwelche Krankheitskeime in den Raum gelangten?
    »Nein«, fuhr der alte Mann fort, »ich habe diesen Beruf einzig und allein aus dem Grund gewählt, weil er mir Zugang zu einem florierenden Schwarzmarkt für esoterische Gegenstände, Antiquitäten und Bücher bot, die ich für meine Forschung benötigte.«
    Eph sah sich erneut um. Der Raum wirkte weniger wie ein Museum als vielmehr wie ein Waffenarsenal. »Forschung?« »In der Tat. Ich war viele Jahre Professor für osteuropäische Literatur und Volkskunde an der Universität Wien.«
    Eph musterte ihn. Nun, zumindest kleidete er sich wie ein Wiener Professor. »Und jetzt sind Sie emeritiert und betätigen sich hier in Harlem als Pfandleiher und Kurator?«
    »Ich bin durchaus nicht freiwillig in den Ruhestand getreten, Dr. Goodweather. Ich bin in Ungnade gefallen. Gewisse Kräfte hatten sich gegen mich verschworen. Wenn ich allerdings zurückblicke, hat es mir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Leben gerettet, dass ich damals untergetaucht bin.« Setrakian wandte sich ihnen zu und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. »Diese Geißel, die wir nun in ihren Anfangsstadien erleben, gibt es bereits seit Jahrhunderten. Seit Jahrtausenden. Ja, ich vermute - obwohl ich es nicht beweisen kann -, dass ihre Ursprünge bis in die Vorzeit zurückreichen. «
    Eph nickte, froh, dass sie wieder zurück zum eigentlichen Thema gefunden hatten. »Dann sprechen wir hier also von einem Virus?«
    »Ja. In gewisser Weise. Von einer Krankheit, die Fleisch wie Geist befällt.« Der alte Mann stand so im Raum, dass die Schwerter an der Wand hinter ihm aus Ephs und Noras Perspektive wie zwei aufgefächerte stählerne Flügel wirkten. »Ein Virus, ja. Aber ich möchte Sie mit einem weiteren V-Wort vertraut machen.«
    »Und das wäre?« »Vampir.«
    Das Wort - in feierlichem Ernst ausgesprochen - schwebte eine Weile im Raum.
    »Sie denken nun«, fuhr Setrakian fort, »an einen Schmierenkomödianten mit schwarzem Satincape. Oder an eine verwegene Gestalt mit Reißzähnen. Oder an eine verlorene Seele mit der Last des ewigen Lebens. Oder aber: Bela Lugosi trifft Abbott und Costello.«
    Nora konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Ich sehe hier weder Kruzifixe noch Weihwasser. Und auch keinen Knoblauch. «
    »Knoblauch hat gewisse immunologische Eigenschaften und kann durchaus nützlich sein. Daher ist sein Vorkommen in der Mythologie aus biologischer Sicht auf jeden Fall nachvollziehbar. Aber Kruzifixe und Weihwasser sind lediglich Ausgeburten der fieberkranken Fantasie eines viktorianischen Schriftstellers und des religiösen Klimas der damaligen Epoche.« Setrakian zuckte mit den Achseln. »Nein, sie sind schon immer hier gewesen. Unter uns. In der Dunkelheit. Sie ernähren sich von uns.« Er sah Eph und Nora aus zusammengekniffenen Augen an. »Es gibt sieben Urgeschöpfe, die >Alten<, die >Meister<. In jüngster Zeit - wobei Zeitspannen vor dem Hintergrund ihrer Lebenserwartung mit Vorsicht zu behandeln sind - lebten sie verteilt über Europa, Asien, die arabische Halbinsel und Afrika. Die Alte Welt, wenn Sie so wollen. Doch dann kam es zu einem Schisma, einem Konflikt. Um was es bei diesem Streit ging, ist mir nicht bekannt. Aber ich weiß, dass mit der Entdeckung Amerikas nicht nur für uns Menschen das Tor zu einem neuen, fruchtbaren Land aufgestoßen wurde, sondern auch für
sie.
Drei der Meister blieben in der Alten Welt zurück, drei brachen in die Neue auf. Beide Seiten respektierten das jeweilige Reich der anderen, ein Waffenstillstand wurde vereinbart und auch gehalten. Das Problem jedoch war der siebte Meister. Er war ein Einzelgänger, der sich gegen beide Lager stellte. Und dieser siebte Meister - das vermute ich jedenfalls - ist nun auch unser Problem.«
    Nora starrte Abraham Setrakian mit offenem Mund an. »Wie bitte?«
    »Der feindliche Einfall in die Neue Welt. Der Bruch des Waffenstillstands. Im Grunde genommen eine Kriegserklärung.«
    Eph räusperte sich. »Ich glaube, wir haben genug Unsinn gehört.«
    Setrakian hob die Hände. »Ich weiß, Dr. Goodweather, dass Sie dazu erzogen wurden, zu zweifeln und zu entlarven und alle Dinge auf eine kleine Anzahl bekannter Tatsachen zu reduzieren. Weil Sie ein Arzt sind, ein Mann der Wissenschaft, und weil wir hier in Amerika sind, wo alles verstanden werden muss und Gott ein gütiger Diktator ist und die Zukunft gar

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