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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillermo Del Toro
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benötigen, um das ganze Land zu übernehmen. Und in sechs Monaten ... die ganze Welt.«
    »Nein«, sagte Eph mit fester Stimme. »Das wird nicht geschehen. Das werden wir verhindern.«
    »Ich bewundere Ihre Entschlossenheit, Dr. Goodweather«, erwiderte Setrakian. »Aber Sie scheinen immer noch nicht ganz begriffen zu haben, womit Sie es hier zu tun haben.«
    »Gut. Dann erklären Sie es uns.«
     
    Park Pl ace , Tribeca
     
    Vasiliy Fet parkte den Lieferwagen vor einem Mietshaus in Lower Manhattan. Von außen sah es nach nichts Besonderem aus, aber immerhin hatte es eine Markise und einen Portier. Normalerweise hätte er die Adresse nochmals überprüft, wenn nicht der Van des Gesundheitsamts davor geparkt hätte. Sein gelbes Warnlicht drehte sich.
    Paradoxerweise wurden Kammerjäger in der ganzen Stadt so gut wie immer mit offenen Armen empfangen - so wie die Polizei, die an einem Tatort eintrifft. Doch aus irgendeinem Grund glaubte Vasiliy nicht, dass es sich hier genauso verhalten würde.
    Am Heck seines Lieferwagens war das Logo des Gesundheitsamtes von New York angebracht. Bill Furber, ein Inspektor ebenjenes Amtes, erwartete ihn bereits auf der Treppe. Bill hatte einen schief sitzenden blonden Schnauzer, und da er ständig Nikotinkaugummis kaute, schien der Bart auf seiner Gesichtsmuskulatur hin und her zu schwanken. »Da sind Sie ja, Vas.«
    Vas war die Kurzform von Vasya, was wiederum die Verkleinerungsform seines Vornamens war. Vas - oder noch kürzer V, wie er oft gerufen wurde - war ein Russe der zweiten Generation, dessen raue Stimme bereits durch und durch nach Brooklyn klang. Er war ein großer, kräftiger Mann, der die Eingangstreppe praktisch ausfüllte.
    Bill klopfte ihm auf die Schulter und bedankte sich für sein schnelles Kommen. »Die Cousine meiner Nichte ist in die Lippe gebissen worden. Ich weiß, das Haus hier ist 'ne Nummer zu groß für mich, aber was soll ich machen, sie hat in Immobilien eingeheiratet. Ist 'ne Familiensache, verstehen Sie? Ich habe ihnen versprochen, den besten Rattenmann der ganzen Stadt zu rufen.«
    Vasiliy nickte. Er ließ sich nicht anmerken, wie ihn das Lob freute. Ein Schädlingsbekämpfer feiert seine Erfolge in aller Stille, denn für ihn bedeutet Erfolg, keinerlei Spuren zu hinterlassen, keinen Hinweis darauf, dass es jemals auch nur das kleinste Ungeziefer gegeben hatte oder auch nur eine einzige Falle ausgelegt worden war. Es bedeutet, dass die Ordnung aufrechterhalten wurde.
    Sie gingen hinauf. Vasiliy zog seinen Rollkoffer hinter sich her wie ein Computer-Techniker sein Werkzeug. Das Innere des Lofts hatte hohe Decken und weite Räume - eine Einhundertsiebzig-Quadratmeter-Eigentumswohnung, die in New York locker drei Millionen Dollar kostete. In einem Raum aus Glas, Teak und Chrom saß ein kleines Mädchen auf einem orangefarbenen Sofa und umklammerte eine Puppe und ihre Mutter; ein breiter Verband bedeckte Oberlippe und Wange. Die Mutter hatte kurzes Haar und trug eine Brille mit schmalem, rechteckigem Gestell sowie einen grünen, knielangen Wollrock. Auf Vasiliy wirkte sie wie eine Besucherin aus einer hippen, androgynen Zukunft.
    Das Mädchen konnte höchstens fünf oder sechs Jahre alt sein. Sie hatte offensichtlich immer noch Angst. Vasiliy hätte sie gerne angelächelt, doch sein Gesicht wirkte auf Kinder nur höchst selten vertrauenerweckend: Sein Unterkiefer hatte etwas von der Form eines Beils, und seine Augen standen weit auseinander.
    An der Wand hing ein Flachbildschirm, auf dem der Bürgermeister gerade in einen Strauß Mikrofone sprach. Es ging um diese Toten aus dem Flugzeug, die aus den städtischen Leichenhäusern verschwunden waren. Das NYPD befand sich in höchster Alarmbereitschaft und kontrollierte sämtliche Kühllastwagen an allen Brücken und Tunnels. Man hatte eine Telefon-Hotline eingerichtet. Verständlicherweise waren die Angehörigen der Opfer überaus empört.
    Bill führte Vasiliy in das Zimmer des Mädchens, in dem ein Himmelbett, ein Hello-Kitty-Fernseher, der dazu passende Laptop und in der Ecke ein Butterscotch-Pony standen. Sofort fiel Vasiliys Blick auf eine Lebensmittelverpackung neben dem Bett. Erdnussbutterkekse. Die mochte er selbst auch gerne.
    "Sie war in ihrem Zimmer und hat ein Nickerchen gemacht«, sagte Bill. "Sie ist aufgewacht, als sie spürte, wie etwas an ihrer Lippe nagte. Das Ding war auf ihrem Kopfkissen, Vas. Eine Ratte in ihrem Bett! Die Kleine wird monatelang nicht mehr richtig schlafen können. Hast

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