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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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vermutlich die Asche von der Feuerstelle enthielt, und ging auf den Misthaufen neben dem Stall zu. Philip beobachtete sie. Sie hatte einen gefälligen Gang – wie der Schritt eines guten Pferdes.
    Wieder musste er an den Brief denken, den Remigius an Waleran geschrieben hatte.
    Es war zwar nur ein Gefühl, beunruhigte ihn aber trotzdem: Er konnte sich des Verdachts nicht erwehren, dass der Brand der Kathedrale darin nur eine nebensächliche Rolle spielte.
    Ohne dafür eine klare Begründung zu haben, war er sich sicher, dass der Hauptanlass für das Schreiben das Weib des Baumeisters war.
    +++
    Jack erwachte beim ersten Hahnenschrei. Er öffnete die Augen und sah, dass Tom gerade aufstand. Still blieb er liegen und hörte, wie Tom draußen vor der Tür auf die Erde pisste. Nur zu gern hätte er das verwaiste warme Plätzchen an der Seite seiner Mutter eingenommen und sich dicht an sie gekuschelt, aber er fürchtete Alfreds gnadenlosen Spott und blieb deshalb, wo er war. Tom kam wieder herein und rüttelte Alfred wach.
    Vater und Sohn tranken Bier, das vom Vorabend übrig geblieben war, und aßen trockenes Pferdebrot. Dann gingen sie zur Arbeit. Da sie nicht alles Brot gegessen hatten, hoffte Jack noch etwas zu finden, musste jedoch zu seiner Enttäuschung feststellen, dass Alfred auch dieses Mal alles mitgenommen hatte.
    Alfred arbeitete den ganzen Tag über mit Tom auf der Baustelle. Jack ging manchmal mit seiner Mutter in den Wald. Während er mit seiner Schleuder auf Entenjagd ging, stellte Ellen Fallen auf. Alles, was sie fingen, verkauften sie an die Dorfbewohner oder an Cuthbert, den Kellermeister. Die kleinen Einkünfte waren ihre einzige Bargeldquelle, denn Tom verdiente keinen Penny. Sie kauften sich dafür Stoff, Leder oder Talg, woraus Mutter an den Tagen, an denen sie nicht in den Wald gingen, Schuhe, Unterhemden, Kerzen oder auch mal eine Mütze fertigte. Jack und Martha spielten unterdessen mit den Kindern aus dem Dorf. Am Sonntag, nach der Messe, saßen Tom und Ellen gern vor dem Feuer beisammen und unterhielten sich. Manchmal fingen sie auch an, miteinander zu schmusen, und Tom ließ seine Hand in Mutters Umhang verschwinden. Dann wurden die Kinder hinausgeschickt, und die Tür wurde von innen verriegelt. Das waren die schlimmsten Momente in der ganzen Woche, denn Alfred regte sich darüber immer furchtbar auf und ließ seine Wut an den beiden Jüngeren aus.
    Heute indessen war ein normaler Werktag; Alfred war also vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung beschäftigt. Jack erhob sich und ging vor die Tür, wenig später folgte ihm Martha. Es war kalt, aber trocken. Die Ruine der Kathedrale war geradezu überlaufen, so viele Arbeiter waren dort am Werk. Sie trugen Steine, schaufelten Schutt beiseite, stützten unzuverlässige Mauern ab und rissen solche, die nicht mehr zu retten waren, nieder.
    Zwischen Dorfbewohnern und Mönchen herrschte die stillschweigende Übereinkunft, dass die Kirche vom Teufel angezündet worden war, und über längere Zeiträume hinweg vergaß Jack tatsächlich, dass er selbst es getan hatte. Wenn dann die Erinnerung wiederkehrte, schreckte er immer erst auf – und war kurz darauf außerordentlich zufrieden mit sich selbst. Er hatte ein furchtbares Risiko auf sich genommen, aber es hatte sich gelohnt. Er, Jack, hatte die Familie vor dem Hungertod gerettet.
    Die Mönche frühstückten vor Beginn der Arbeit, während die einfachen Arbeiter warten mussten, bis die Mönche im Kapitel waren. Die Wartezeit kam Jack und Martha immer schier unendlich vor. Jack wachte jeden Morgen mit leerem Magen auf, und die kalte Morgenluft regte seinen Appetit noch zusätzlich an.
    »Gehen wir in den Küchenhof«, sagte Jack. »Vielleicht geben uns die Küchenjungen was zu knabbern.« Martha stimmte bereitwillig zu. Sie war sowieso ganz hingerissen von Jack und wäre auch auf alle anderen Vorschläge eingegangen.
    Im Küchenhof entdeckten die beiden, dass Bruder Bernard, der für das Backhaus verantwortlich war, an diesem Tag Brot backte. Da all seine Gehilfen auf der Baustelle beschäftigt waren, musste er das Feuerholz eigenhändig herbeischaffen. Bernard war ein junger, aber schon recht beleibter Mann. Er keuchte schwer unter der Last der schweren Äste und Scheite. »Wir helfen dir, Bruder«, sagte Jack. »Wir holen dir das Holz.«
    Bernard kippte den breiten, flachen Tragekorb neben dem Ofen aus und reichte ihn Jack. »Ihr seid gute Kinder«, schnaufte er. »Gott segne euch.«
    Die Kinder

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