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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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an.«
    Ein unterdrücktes Gemurmel verriet, dass diese Nachricht die Brüder angenehm überraschte.
    »In unserer Kirche wird, wie ich fürchte, nie wieder eine Messe stattfinden können. Wir werden eine neue Kathedrale bauen müssen, ein Unterfangen, das, wie ihr wisst, viele Jahre in Anspruch nehmen wird. Aber Tom Builder glaubt, dass die Krypta heilgeblieben ist. Die Krypta ist geweiht, wir können dort also Gottesdienste abhalten. Tom meint, er kann uns innerhalb von einer Woche nach der Freilegung des Kreuzgangs sicheren Zugang zu ihr verschaffen. Ihr seht, wir können unseren normalen Ritus rechtzeitig zum Sonntag Septuagesima wieder aufnehmen.«
    Erneut war die Erleichterung hörbar, und Philip spürte, dass sein Versuch, die Mitbrüder zu besänftigen und sie mit neuem Mut zu erfüllen, Erfolg zeitigte. Zu Beginn der Kapitelversammlung noch ängstlich und verwirrt, waren sie jetzt ruhig und hoffnungsfroh. »Brüder, die sich harter körperlicher Arbeit nicht gewachsen fühlen, sind entschuldigt«, fügte er noch hinzu, »wer aber seine gesamte Arbeitskraft Tom Builder zur Verfügung stellt, darf rotes Fleisch essen und Wein trinken.«
    Er setzte sich. Remigius war der Erste, der nach ihm das Wort ergriff. »Wie viel Geld werden wir diesem Baumeister zahlen müssen?«, fragte er argwöhnisch.
    Man konnte sich darauf verlassen, dass Remigius immer ein Haar in der Suppe fand. »Nichts, vorerst«, erwiderte Philip. »Tom weiß, wie arm wir sind. Solange wir ihm keinen Lohn zahlen können, arbeitet er für freie Unterkunft und Verpflegung.«
    Philip wusste, dass seine Aussage doppeldeutig war. Sie konnte besagen, dass Tom erst dann Anspruch auf Lohn erheben durfte, wenn die Priorei wieder zahlungsfähig war. In Wirklichkeit war es natürlich so, dass sich das Kloster vom ersten Tag an bei ihm verschuldete. Ehe Philip jedoch die Vereinbarung näher erläutern konnte, sprach bereits wieder Remigius.
    »Und wo wird der Baumeister mit seiner Familie wohnen?«
    »Ich habe ihm das Gästehaus überlassen.«
    »Sie könnten auch bei einer Familie im Dorf Unterschlupf finden.«
    »Der Baumeister hat uns ein großzügiges Angebot gemacht«, erwiderte Philip ungeduldig. »Wir können von Glück reden, dass wir ihn bei uns haben. Solange wir ihm ein anständiges Haus zur Verfügung stellen können, das ohnehin meistens leer steht, braucht er nicht bei anderen Leuten im Ziegen- oder Schweinestall zu nächtigen.«
    »Zu dieser Familie gehören zwei Frauen …«, begann Remigius.
    »Eine Frau und ein kleines Mädchen«, verbesserte ihn Philip.
    » Eine Frau dann eben. Dass Frauen auf dem Klostergelände leben, ist unerwünscht.«
    Die Mönche murrten; Remigius’ Nörgelei missfiel ihnen. »Dass Frauen im Gästehaus übernachten, ist absolut selbstverständlich«, sagte Philip.
    »Aber nicht diese Frau!«, entfuhr es Remigius im Zorn, doch hatte es den Anschein, als bereue er seinen Ausbruch sofort wieder.
    Philip runzelte die Stirn. »Ist dir die Frau näher bekannt, Bruder?«, fragte er.
    »Sie lebte früher in dieser Gegend hier«, antwortete Remigius zögernd.
    Was ist nur los mit dieser Frau, fragte sich Philip. Schon zum zweiten Mal erlebte er eine ungewöhnliche Reaktion auf ihre Anwesenheit. Er konnte sich noch gut an die heillose Verwirrung erinnern, die Waleran Bigod bei ihrem Anblick überkommen hatte.
    »Stimmt etwas nicht mit ihr, Bruder?«, fragte er Remigius, doch ehe der Angesprochene antworten konnte, meldete sich Bruder Paul, der Alte vom Brückenhäuschen, zu Wort.
    »Ich entsinne mich«, sagte er mit traumverlorener Stimme, »dass in den Wäldern der Umgebung einst ein Mädchen hauste, ganz im Freien. Das muss jetzt ungefähr fünfzehn Jahre her sein. Die Frau des Baumeisters erinnert mich an dieses Mädchen.«
    »Die Leute sagen, es war eine Hexe«, sagte Remigius. »Wir können in unserem Kloster keine Hexe dulden!«
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, wandte Bruder Paul ein. Er sprach noch immer mit langsamer, meditativer Stimme. »Jede Frau, die in der Wildnis lebt, wird früher oder später als Hexe bezeichnet. Nur schafft die bloße Behauptung noch keine Wahrheiten. Ob diese Frau nun eine Gefahr ist für uns – ich vermag es nicht zu sagen und überlasse das Urteil darüber vertrauensvoll unserem Prior.«
    »Die Übernahme eines klösterlichen Amts führt nicht unbedingt gleich zu höherer Weisheit«, fauchte Remigius.
    »Nein, in der Tat nicht«, erwiderte Paul gedehnt und sah Remigius direkt in

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