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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Regan war angespannt wie eine Bogensehne. Philip wartete noch einen Augenblick, dann erhob er sich möglichst unauffällig und ging auf die Hamleighs zu. Er begrüßte sie höflich und sagte zu Percy: »Habt Ihr mit ihm gesprochen?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Er hat gesagt, er wolle in der Nacht darüber nachdenken.«
    »Wieso denn das ?«, fragte Philip gleichermaßen enttäuscht wie aufgebracht. »Was gibt’s da noch lange nachzudenken?«
    Percy zuckte mit den Schultern. »Fragt ihn doch selber.«
    »Na – und was habt Ihr für einen Eindruck von ihm?«, hakte Philip nach. Er war wütend. »Schien er Euch angetan von dem Vorschlag – oder was?«
    »Ich glaube, er fand die Idee ganz gut, weil sie ihn aus einer Zwickmühle befreit. Andererseits war er misstrauisch – die Lösung kam ihm irgendwie zu einfach vor.«
    Das klingt glaubhaft, dachte Philip; dennoch ärgerte es ihn, dass König Stephan die Gelegenheit nicht beim Schopfe gepackt hatte. Nach einer kurzen Pause sagte er: »Lassen wir es fürs Erste dabei bewenden. Die Bischöfe könnten Verdacht schöpfen. Es wäre nicht gut, wenn sie vor dem Spruch des Königs von unserer Zusammenarbeit erführen.«
    Er nickte den Hamleighs höflich zu und kehrte zu seinem steinernen Sitz zurück. Dort versuchte er, sich die Wartezeit zu verkürzen, indem er überlegte, was im Falle einer für ihn günstigen Entscheidung als Nächstes zu tun wäre. Wann würde man mit dem Bau der neuen Kathedrale beginnen können? Es hing davon ab, wie schnell sich aus den neuen Gütern bares Geld abzweigen ließ. Die Schafherden würden nach dem Verkauf der Wolle im Sommer einiges abwerfen. Einige der Höfe im Bergland waren gewiss verpachtet, und die Pacht war meistens nach der Ernte fällig. Wenn alles gut ging, war im Herbst genug Geld vorhanden, um einen Forstmeister mit dem Beginn des Holzeinschlags und einen Steinbruchmeister mit der Förderung der Steine zu beauftragen. Zur gleichen Zeit konnten schon unter Tom Builders Leitung die Fundamente ausgeschachtet werden.
    Ein schöner Traum …
    In beunruhigend rascher Folge gingen nun die Höflinge die Treppe hinauf und hinunter: König Stephan arbeitete heute recht schnell.
    Philip fürchtete bereits, er könne noch vor Eintreffen der Bischöfe sein Tagewerk beenden und sich zur Jagd verfügen, als die beiden endlich kamen. Waleran wirkte sehr angespannt, Henry indessen nur gelangweilt. Für den Bischof von Winchester war die Angelegenheit zweitrangig. Gewiss, er war seinem Amtsbruder Unterstützung schuldig, doch konnte es ihm letztlich gleichgültig sein, welchen Ausgang die Affäre nahm. Für Waleran war der Spruch des Königs dagegen von entscheidender Bedeutung, stand und fiel damit doch sein Plan, eine Burg zu errichten – eine Burg, die nichts anderes war als ein weiterer Schritt des Bischofs auf dem steilen Weg zur Macht.
    Philip wusste nicht genau, wie er sich verhalten sollte. Die beiden hatten versucht, ihn zu übervorteilen. Am liebsten hätte er sie zur Rede gestellt und ihnen ins Gesicht gesagt, dass er ihnen auf die Schliche gekommen war – nur wären sie in diesem Fall gewarnt gewesen. Er wollte sie jedoch ahnungslos in die Audienz gehen lassen, damit der königliche Kompromiss sie unvorbereitet traf und ihnen keine Zeit mehr für Gegenargumente ließ. Er ließ sich daher seine wahren Gefühle nicht anmerken, sondern lächelte den Bischöfen freundlich zu. Freilich erwiesen sich seine Bedenken als gegenstandslos: Die beiden Herren zogen es vor, ihn vollständig zu ignorieren.
    Es dauerte nun nicht mehr lange, bis sie von der Wache aufgerufen wurden. Henry und Waleran schritten voran, Philip folgte ihnen, und die Hamleighs bildeten die Nachhut. Dem Prior von Kingsbridge schlug das Herz bis zum Hals.
    König Stephan stand vor dem Kamin. Er wirkte diesmal kühler und geschäftsmäßiger als bei der ersten Audienz. Philip sah darin einen Vorteil: Sollten die Bischöfe versuchen, ihm mit Wortklaubereien zu kommen, so würde er sie kurz und bündig abfertigen. Bischof Henry ging auf seinen Bruder zu und blieb neben ihm vor dem Kamin stehen, die anderen nahmen in der Saalmitte Aufstellung. Philip verspürte auf einmal einen stechenden Schmerz in den Händen und erkannte, dass er vor lauter Aufregung seine Fingernägel in die Handflächen gebohrt hatte. Nur unter Aufbietung aller Willenskräfte gelang es ihm, die Fingermuskeln zu entspannen.
    Der König flüsterte seinem Bruder etwas zu, das die anderen nicht verstehen

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