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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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zum Abtransport bereit. Tom zählte mindestens zehn Steinbrecher. Zwei finster dreinblickende Bewaffnete lungerten vor der Bauhütte herum und bewarfen ein Fass mit Steinen.
    »Das behagt mir überhaupt nicht«, meinte Otto.
    Tom ging es ebenso; er ließ sich aber nichts anmerken. Selbstbewusst, als gehöre ihm der Steinbruch persönlich, ging er auf die beiden Posten zu. Die rappelten sich erschrocken auf und blickten wie alle Wachen, die nach endlosen ereignislosen Tagen plötzlich überrascht werden, recht betreten und schuldbewusst drein. Tom warf einen prüfenden Blick auf ihre Bewaffnung: Sie trugen Schwert, Dolch und schwere Lederwämse, aber keine Rüstung. Tom selbst trug einen Steinmetzhammer am Gürtel. Auf einen Kampf konnte er sich nicht einlassen. Er ging geradewegs und ohne ein Wort zu sagen auf die Männer zu, machte im letzten Augenblick einen Bogen um sie herum und setzte seinen Weg in Richtung Bauhütte fort. Die Wachen sahen einander ratlos an: Wenn Tom kleiner gewesen wäre oder keinen Hammer gehabt hätte, wären sie ihm vielleicht in den Weg getreten, aber dafür war es jetzt zu spät.
    Tom betrat das großzügig angelegte Holzhaus mit einem offenen Herd. An den Wänden hingen saubere Werkzeuge, und in einer Ecke lag ein großer Stein, auf dem sie gewetzt werden konnten.
    Zwei Steinklopfer standen vor einer großen Werkbank, Bossierstuhl genannt, und bearbeiteten Steine mit ihren Äxten. »Seid gegrüßt, Brüder!« Tom benutzte die unter Handwerkern übliche Anrede. »Wer ist hier der Meister?«
    »Ich bin der Steinbruchmeister«, erwiderte einer von ihnen. »Mein Name ist Harold von Shiring.«
    »Ich bin der Baumeister der Kathedrale in Kingsbridge. Ich heiße Tom.«
    »Seid gegrüßt, Tom Builder. Was führt Euch zu uns?«
    Tom musterte Harold einen Augenblick, bevor er antwortete. Er war ein bleicher, staubiger Mann mit kleinen, staubgrünen Augen, die sich beim Sprechen verengten, als ob er ständig gegen Steinstaub anblinzelte. Er lehnte lässig auf dem Bossierstuhl, war aber nicht so entspannt, wie er sich gab. Er weiß ganz genau, warum ich hier bin, dachte Tom. »Ich habe meinen Steinbruchmeister mitgebracht. Er möchte mit der Arbeit beginnen.«
    Die beiden Wachposten waren Tom in die Hütte gefolgt; hinter ihnen traten jetzt Otto und seine Männer ein. Auch ein paar von Harolds Männern drängten sich herein; sie waren neugierig und wollten sich nichts entgehen lassen. Harold sagte: »Der Steinbruch gehört dem Grafen. Wenn Ihr Steine entnehmen wollt, dann müsst ihr mit ihm sprechen.«
    »Nein, das werde ich nicht«, erwiderte Tom. »Als der König Graf Percy den Steinbruch überließ, gewährte er dem Kloster zu Kingsbridge die Schürfrechte. Wir brauchen keine weitere Erlaubnis.«
    »Aber wir können doch nicht alle gleichzeitig hier arbeiten, oder?«
    »Vielleicht doch«, sagte Tom. »Ich habe nicht die Absicht, Eure Männer um ihre Arbeit zu bringen. Der ganze Hügel besteht aus Stein; das reicht für zwei oder mehr Kathedralen. Es sollte uns gelingen, den Steinbruch so aufzuteilen, dass jeder von uns hier Steine schneiden kann.«
    »Dem kann ich leider nicht zustimmen«, meinte Harold. »Ich stehe in den Diensten des Grafen.«
    »Nun, und ich stehe in den Diensten des Priors von Kingsbridge, und meine Männer werden morgen früh mit der Arbeit beginnen, ob es Euch nun passt oder nicht.«
    Einer der beiden Bewaffneten meldete sich zu Wort: »Ihr werdet weder morgen noch sonst wann hier arbeiten.«
    Bis zu diesem Augenblick hatte Tom sich daran geklammert, dass Percy, obwohl er den Geist des königlichen Edikts verletzt hatte, durch entschlossenes Auftreten dazu veranlasst werden könnte, sich an die Vereinbarungen zu halten und der Priorei den Abbau der benötigten Steine zu erlauben. Die beiden Bewaffneten waren aber offenbar dazu angehalten worden, die Steinbrecher des Klosters abzuweisen. Entmutigt sah Tom ein, dass er ohne Kampf keinen einzigen Stein bekommen würde.
    Der Wachposten, der das Wort ergriffen hatte, war ein kleiner, stämmiger Bursche von ungefähr fünfundzwanzig Jahren, dem die Rauflust aus den Augen sprach. Er wirkte dumm, aber stur – der schwierigste Menschenschlag für eine vernünftige Unterhaltung. Tom sah ihn herausfordernd an und sagte: »Wer seid Ihr?«
    »Ich bin der Aufseher im Auftrag des Grafen von Shiring. Er hat mir befohlen, diesen Steinbruch zu bewachen, und genau das werde ich auch tun.«
    »Und wie gedenkt Ihr das zu tun?«
    »Mit diesem

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