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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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    Die Steinbrecher waren in den vorangegangenen Tagen angekommen. Ihr Meister, Otto Blackface, hatte seine beiden Söhne, beides Steinklopfer, mitgebracht, dazu vier Enkel, allesamt Lehrlinge, und zwei Gehilfen, von denen einer sein Neffe und der andere sein Schwager war. Vetternwirtschaft dieser Art war nichts Ungewöhnliches, und Tom hatte nichts dagegen einzuwenden: Familienverbände arbeiteten in der Regel recht gut zusammen.
    Auf der Baustelle selbst waren außer Tom und dem Zimmermann der Priorei bisher noch keine Handwerker beschäftigt. Zunächst galt es, einen Vorrat an Baumaterialien anzulegen. Bald jedoch mussten die Leute angeworben werden, die das Rückgrat der Baukolonne bildeten: die Steinmetzen. Das waren die Männer, die Stein auf Stein fügten und die Mauern hochzogen. Mit ihnen begann das großartige Abenteuer erst richtig. Tom ging mit federnden Schritten: Seit nunmehr zehn Jahren hatte er auf diese Chance gehofft und hingearbeitet.
    Er hatte beschlossen, als ersten Steinmetzen seinen eigenen Sohn, Alfred, einzustellen, der jetzt – ungefähr – sechzehn Jahre alt war und inzwischen die notwendigen Grundkenntnisse beherrschte: Er konnte Steine glatt schneiden und eine Mauer errichten. Mit dem offiziellen Baubeginn sollte Alfred auf vollen Lohn gesetzt werden.
    Toms zweiter Sohn, Jonathan, war fünfzehn Monate alt und wuchs schnell. Er war ein kräftiges Kind und wurde von allen Bewohnern des Klosters nach Strich und Faden verwöhnt. Zunächst war Tom ein wenig beunruhigt gewesen, dass man das Kind in die Obhut des schwachsinnigen Johnny Eightpence gegeben hatte. Indes stellte sich bald heraus, dass Johnny es in puncto Fürsorglichkeit mit jeder Mutter aufnehmen konnte und überdies mehr Zeit als die meisten Mütter für seinen Zögling hatte. Die Mönche hatten Tom bisher noch nicht der Vaterschaft verdächtigt, und es sah so aus, als würden sie nie dahinterkommen.
    Die siebenjährige Martha hatte eine Lücke in den Schneidezähnen und vermisste Jack. Um sie machte sich Tom die meisten Sorgen, denn sie brauchte eine Mutter.
    An Frauen, die nur zu gerne Toms Frau geworden wären und sich fortan um seine kleine Tochter gekümmert hätten, mangelte es nicht. Er wusste, dass er keineswegs unattraktiv war, und außerdem schien sein Lebensunterhalt nun, da Prior Philip den Beginn der Bauarbeiten befohlen hatte, ein für alle Mal gesichert. Tom war aus dem Gästehaus ausgezogen und hatte sich im Dorf ein schönes Haus mit zwei Zimmern und einem Kamin gebaut. Als leitender Dombaumeister konnte er beizeiten mit einem Gehalt und weiteren Einkünften rechnen, die so manch einen kleinen Landadeligen vor Neid erblassen lassen würden. Nur – er konnte sich nicht vorstellen, eine andere Frau als Ellen zu heiraten. Er glich einem Mann, dem, da er sich an den edelsten Wein gewöhnt hat, der herkömmliche Tafelwein wie Essig schmeckt. Im Dorf wohnte eine Witwe, eine rundliche, hübsche Frau mit nettem Lächeln, üppigem Busen und zwei wohlerzogenen Kindern. Sie hatte ein paar Pasteten für ihn gebacken und ihn auf der Weihnachtsfeier sehnsuchtsvoll geküsst. Auf der Stelle hätte sie ihm ihr Jawort gegeben. Tom aber wusste, dass er mit ihr nicht glücklich werden, sondern sich unentwegt nach den Reizen der unberechenbaren, bezaubernden und leidenschaftlichen Ellen sehnen würde.
    Ellen hatte versprochen, eines Tages auf Besuch zu kommen. Tom war felsenfest davon überzeugt, dass sie ihr Versprechen halten würde, und klammerte sich hartnäckig daran, obwohl es jetzt schon über ein Jahr her war, seit sie ihn verlassen hatte. Wenn sie kam, wollte er um ihre Hand anhalten.
    Sie wird mich nicht zurückweisen, dachte er. Ich bin nicht länger mittellos, sondern kann uns alle ohne Schwierigkeiten ernähren. Tom hatte zudem das Gefühl, dass man Alfred und Jack mit einigem Geschick von ihren dauernden Streitereien abhalten konnte. Wenn man Jack zum Arbeiten bringt, dachte er, dann wird Alfred ihn nicht mehr so ablehnen. Ich werde Jack anbieten, bei mir als Lehrling anzufangen. Der Bursche hat schließlich schon Interesse am Bauhandwerk bekundet, ist blitzgescheit und in etwa einem Jahr auch groß und stark genug für die schwere Arbeit. Alfred kann ihm dann keine Faulheit mehr vorwerfen.
    Das zweite Problem lag darin, dass Jack lesen konnte und Alfred nicht. Ich werde Ellen bitten, Alfred an den Sonntagen Lesen und Schreiben beizubringen, dachte Tom. Dann wird Alfred sich Jack ebenbürtig fühlen. Die

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