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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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der Wolle anderswo – in Shiring oder vielleicht in Gloucester.«
    »So weit! Und was, wenn wir sie dort auch nicht loswerden?«
    Er hatte recht – woanders konnten sie unter Umständen auf die gleichen Schwierigkeiten stoßen. Sie hatten weder eine gesellschaftliche Stellung noch Unterstützung oder Protektion – das war der springende Punkt. Der Händler würde es nicht wagen, die Mönche zu beleidigen; und selbst die armen Bauern könnten ihm wahrscheinlich Unannehmlichkeiten bereiten, wenn er sie ungerecht behandelte. Ein Mann jedoch, der versuchte, zwei schutzlose Kinder zu betrügen, ging keinerlei Risiko ein.
    Die Mönche trugen ihre Säcke in den Schuppen des Händlers. Jedes Mal, wenn ein Sack verstaut war, händigte er dem Anführer der Mönche ein abgewogenes Pfund Silber und zwölf Pennys aus. Als alle Säcke untergebracht waren, blieb auf dem Tisch immer noch ein Säckchen Silber übrig.
    »Das waren nur zehn Säcke«, sagte der Händler.
    »Ich habe gleich gesagt, dass es nur zehn waren«, meinte der Novize.
    »Hier ist der elfte«, sagte der Anführer der Mönche und legte eine Hand auf Alienas Wollsack.
    Sie starrte ihn verblüfft an.
    Der Händler war mindestens ebenso überrascht. »Ich hab ihr ein halbes Pfund dafür geboten«, sagte er.
    »Ich habe ihr die Ware abgekauft«, sagte der Mönch. »Und sie an dich weiterverkauft.« Er nickte den anderen Mönchen zu, und sie schafften Alienas Sack in den Schuppen.
    Der Händler schien alles andere als erfreut, händigte jedoch anstandslos das letzte Pfund sowie zwölf Pennys aus. Der Mönch reichte das Geld an Aliena weiter.
    Sie war wie vom Donner gerührt. Alles war schiefgegangen, und nun kam dieser Fremde daher und rettete sie – nachdem sie ihn so unfreundlich behandelt hatte!
    Richard sagte: »Vielen Dank für Eure Hilfe, Vater.«
    »Danke dem Herrgott«, erwiderte der Mönch.
    Aliena hatte es die Sprache verschlagen. Sie war außer sich vor Freude. Sie drückte das Geld an ihre Brust. Wie konnte sie ihm je danken? Sie betrachtete ihren Retter. Er war ein kleiner, schmaler Mann mit starker Ausstrahlung. Er bewegte sich behände und sah sehr wach aus, wie ein Vogel mit mattem Gefieder und hellen Augen. Seine waren übrigens blau. Seinen schwarzen Haarkranz durchzogen bereits graue Strähnen, doch das Gesicht wirkte jung. Aliena kam er irgendwie bekannt vor. Wo war sie ihm nur schon einmal begegnet?
    Der Mönch stellte gerade die gleiche Überlegung an.
    »Ihr erinnert Euch nicht an mich, aber ich kenne Euch«, sagte er. »Ihr seid die Kinder von Bartholomäus, dem ehemaligen Grafen von Shiring. Ich weiß, dass Euch Schlimmes widerfahren ist, und bin froh, dass ich Gelegenheit hatte, Euch zu helfen. Ich werde Euch Eure Wolle jederzeit abkaufen.«
    Aliena hätte ihn am liebsten umarmt und geküsst. Nicht nur, dass er sie soeben gerettet hatte – er war sogar bereit, ihre Zukunft sicherzustellen: Endlich fand sie ihre Sprache wieder. »Ich weiß nicht, wie ich Euch danken soll«, sagte sie. »Wir haben weiß Gott einen Beschützer gebraucht.«
    »Nun, dann habt ihr jetzt gleich zwei«, erwiderte er, »Gott und mich.«
    Aliena war tief gerührt. »Ihr habt mir das Leben gerettet, und ich weiß noch nicht einmal, wer Ihr seid«, sagte sie.
    »Ich heiße Philip«, antwortete er. »Ich bin der Prior von Kingsbridge.«

Kapitel VII
    Es war ein schöner Tag, als Tom Builder mit den Steinklopfern zum Steinbruch ging.
    Es war kurz vor Ostern, fünfzehn Monate nach dem Brand der alten Kathedrale. Fünfzehn Monate hatte Prior Philip gebraucht, um das Geld für die Einstellung von Handwerkern aufzutreiben.
    In Salisbury, wo der Bau des Bischofspalastes dem Ende zuging, hatte Tom einen Forst- und einen Steinbruchmeister auftreiben können. Ersterer war mit seinen Männern inzwischen schon seit zwei Wochen damit beschäftigt, in den flussnahen Wäldern oberhalb von Kingsbridge hohe Kiefern und ausgewachsene Eichen aufzuspüren. Der Transport von Baumaterial über die kurvenreichen, unbefestigten Straßen kam teuer zu stehen; es war erheblich billiger, das Holz flussabwärts zur Baustelle zu flößen. Je nach Verwendungszweck wurde das Bauholz fürs Gerüst einfach gestutzt oder für die Schablonen der Steinmetzen und Steinhauer sorgfältig modelliert. Die höchsten Bäume wurden als zukünftige Dachbalken beiseitegelegt. In Kingsbridge traf nun kontinuierlich gutes Holz ein, und Tom hatte nichts weiter zu tun, als die Forstarbeiter jeden Samstagabend zu

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